Der Sommernachtsmörder. Marianne Berglund

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Der Sommernachtsmörder - Marianne Berglund

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er nun schon wieder zu spät käme. Es wäre der dritte Freitag hintereinander, und vergangene Woche war auch noch Mittsommer gewesen. Sie hatte die Babysitterin wieder abbestellen müssen und hatte ihm anschließend vorgeworfen, sich absichtlich verspätet zu haben. Aber war es vielleicht seine Schuld, dass, als er gerade gehen wollte, dieser Irre hereingeplatzt war und sich als Mörder ausgegeben hatte? Und jetzt passierte schon wieder so etwas. Warum hatten sie sich ausgerechnet die Freitage ausgesucht, um ihn in den Wahnsinn zu treiben?

      Die Frau sah ihn an und kniff dabei energisch die Lippen zusammen. Sie hatte jetzt rote Flecken auf den Wangen. Die standen ihr nun gar nicht. Bissen sich mit der rosa Kleidung.

      »Wenn Sie wollen, dass wir Ihren Nachbarn suchen, müssen Sie seinen Namen und seine Adresse nennen. Sonst können wir nichts unternehmen. Leider.«

      »Meine Güte. Was wollen Sie denn mit der Adresse? Er ist doch gar nicht zu Hause. Deshalb bin ich ja hier.«

      »Wohnt er allein?«

      »Er hat zwar ab und zu mal eine Frau dabei, aber so viel ich weiß, wohnt keine bei ihm. Allerdings hat er eine Katze. Die kommt und geht. Er lässt sie raus, und wenn sie dann vor der Tür steht, geht er nach unten und lässt sie wieder rein.«

      Wieder spitzte sie verärgert die Lippen und presste die Hände auf eine kleine Handtasche aus offenkundigem Kunstleder.

      »Haben Sie die Katze gesehen, als Sie durch den Briefkastenschlitz geschaut haben?«

      Warum um alles in der Welt musste er danach fragen? Besser wäre doch wohl gewesen, die Alte dahin zu schicken, wo sie hingehörte. Er hatte wirklich keine Lust, hier den Irrenarzt zu spielen.

      »Nein, die ist meistens unterwegs.«

      Nach Hause, dachte er. Und nicht erst um Viertel nach sechs und Henriettas Gesicht sehen müssen, wenn sie sich weigerte, ihn anzusehen. Er konnte sie ja verstehen, er hatte unendliches Verständnis, aber was half das, wenn sie sich weigerte, ihm zu glauben?

      »Sie haben nicht zufällig einen Zweitschlüssel für seine Wohnung?«

      »Den hatte ich nur im Winter, als ich bei ihm Blumen gießen sollte.«

      »Na dann ...«, Sander fuhr sich mit zwei Fingern übers Kinn und spürte seine Bartstoppeln, die seit dem Morgen wieder ein wenig gewachsen waren. »Das findet sich schon alles. Die meisten Verschwundenen sind eigentlich gar nicht verschwunden. Sie tauchen wieder auf, als sei nichts passiert.«

      »Ach was«, murmelte die Frau. »Aber es ist ja auch nicht meine Aufgabe, ihn zu suchen. Irgendwas müsst ihr für unsere Steuern ja wohl auch tun.«

      Erik Sander erhob sich, in der Hoffnung, die Frau werde seinem Beispiel folgen. »Dann danke ich für Ihre Auskunft. Wenn Sie sich die Sache anders überlegen und uns doch noch seinen Namen verraten mögen, dann machen Sie uns die Sache damit sehr viel leichter.«

      Es war vier Minuten vor sechs, und auch wenn er die Jacke vom Bügel risse und in einem Rekordtempo geradewegs nach Hause führe, wäre der Kinoabend doch unwiderruflich verdorben.

      Sie stand jetzt an der Tür mit ihrem grellen Nylonmantel, der sie einhüllte wie eine zerknitterte Decke. An den Füßen trug sie schmutzige Turnschuhe und weiße, über schwarzen Strumpfhosen aufgerollte Tennissocken. Wieder kam sie ihm auf irgendeine Weise bekannt vor. Wie um dieses Gefühl zu vertreiben, wandte er sich für einige Sekunden ab. Als er dann wieder zur Tür blickte, war sie verschwunden.

      Erik Sander schaltete den Computer aus und schob seinen Stuhl an den Tisch. Er schaute auf die Uhr. 17:58. Der Film fing um halb sieben an. Auf seinem Weg über den Flur warf er einen vorsichtigen Blick durch Egon Eskilssons gläserne Zimmertür. Egon saß an seinem Schreibtisch und beugte sich über eine Zeitschrift. Vor sich hatte er ein Butterbrot und einen dampfenden Becher mit Kaffee. Die Schreibunterlage war von Krümeln übersät, es war also offenbar nicht sein erstes Brot. Er zuckte zusammen, als er hörte, wie die Tür geöffnet wurde.

      »Hier sitzt du also, und das in aller Seelenruhe.«

      Sander konnte sich nicht beherrschen. Eskilsson schaute auf und räusperte sich.

      »Ich bin gerade erst gekommen und hatte eben Hunger, das verstehst du doch.«

      Die Wangen des Kollegen röteten sich ein wenig. Dass Eskilsson sich im Büro lieber in die Lokalpresse vertiefte als in Protokolle, war kein Geheimnis. Dass er inzwischen bisweilen ohne Entschuldigung zu spät kam und manchmal vorzeitig Feierabend machte, war auch bekannt. Aber wirklich zu interessieren schien das alles niemanden, vielleicht, weil ihn nur noch ein gutes halbes Jahr von der Pensionierung trennte. Ein Ereignis, auf das nicht nur er sich freute, auch wenn niemand das sagte.

      »Ich hatte Besuch von einer Frau, die behauptet hat, ihr Nachbar sei verschwunden«, sagte Sander.

      Er hatte den Kopf durch die Tür gesteckt.

      Mit voll gestopften Backen schaute Eskilsson ihn an. »Du siehst gestresst aus«, sagte er, nachdem er geschluckt hatte. »Irgendwas Besonderes?«

      Sander schüttelte den Kopf.

      »Nein, nichts. Ich hab’s nur ein wenig eilig.«

      »Dann steh hier doch nicht rum.«

      »Werd ich auch nicht. Ich wollte dir nur erzählen, dass die Frau keinen Namen nennen wollte, deshalb können wir nichts unternehmen. Sie kam mir wirklich ein bisschen seltsam vor.«

      »War der Nachbar zwanzig und über Nacht ausgeblieben oder was?«

      »Er scheint eher um die vierzig zu sein und hat sich seit einigen Tagen nicht mehr blicken lassen. Aber er kann verreist sein, das wusste die Frau nicht. Und wie gesagt, einen Namen weiß ich nicht. Das war alles ein bisschen verworren.«

      Eskilsson hielt mitten im Kauen inne. »Verdammt, wieso wollte sie keinen Namen nennen!« Er schüttelte den Kopf und kaute weiter, schaute verstohlen zu Sander hinüber und stopfte sich dann den letzten Bissen Brot in den Mund.

      »Wie gesagt, ich hab’s ein bisschen eilig. Ich muss jetzt los. Aber wenn sie sich noch einmal meldet, dann bist du informiert. Bei solchen Leuten weiß man doch nie.«

      Sander warf noch einen Blick auf die Uhr, obwohl er wusste, dass es keinen Zweck haben würde, sich jetzt noch zu beeilen.

      »Dann geh doch endlich. Was ich übrigens auch bald tun werde.«

      Eskilsson.

      Eskilsson beschrieb eine halbe Drehung mit seinem Schreibtischstuhl, faltete die Zeitung zusammen und trank den Rest des noch immer dampfenden Kaffees. Als er sich dann umdrehte, war Erik Sander verschwunden. Nur seine Schritte waren im Gang noch zu hören. Eskilsson hob die Augenbrauen und wollte sich schon seinem Computer zuwenden, überlegte sich die Sache dann aber anders und zog die Zeitung hervor, deren Sportseiten noch immer aufgeschlagen waren.

      Märta Olofsson saß mit einer zerknitterten Plastiktüte auf einer Bank im Gunillapark und sah den Vögeln zu. Sie hatte ihnen altes Brot mitgebracht, und die Vögel langten zu wie mitten im Winter, obwohl Mittsommer doch erst eine Woche zurücklag.

      Sie seufzte. Sie bereute, was sie getan hatte, aber jetzt war es zu spät. Sie hatte die eleganten Türen der Wache gerade erst hinter sich gebracht, als ihr auch schon Zweifel gekommen waren, ganz zu schweigen

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