Abschied von Askalon. Eva Rechlin

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Abschied von Askalon - Eva Rechlin

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Erst recht nicht, seit der Fischer Simon ihnen die einzige Verwandte entführte. Obwohl da jetzt nur noch ihre, freilich gut ausgebildeten Sklavinnen wären…«

      »Wie die schöne dunkle Monika?« warf Debora ein. Tobija fing es lächelnd auf:

      »Die werde ich mir genau betrachten, Schwesterchen. Überhaupt würde ich mir alles gern einmal anschauen, den Reichtum, die vielen Häuser, wie sie leben!«

      »Mach dir keine falschen Vorstellungen«, warnte Samuel, »du würdest nur wenig von dem vermeintlichen Glanz zu sehen bekommen, nämlich nur den Gesindetrakt. Weiter lassen sie meine Begleiter nicht vordringen.«

      »Auch dich nicht?«

      »Ich speise mit den Schwestern und darf in ihren Gästekammern ruhen. Ja, wenn ich mich darauf verlassen könnte, daß du nicht zu neugierig eigene Wege suchst…«

      »Du kannst dich darauf verlassen, Samuel!«

      »Hättest du dir vor einem Tag noch vorstellen können, mich allein zu lassen, Tobija?« seufzte Debora.

      »Zum Fischfang hätte ich dich auch nicht mitnehmen können.«

      Sie nickte, obgleich ihr der Unterschied allzu klar war – mit den Fischern hätte der Bruder sich ja nur für Stunden entfernt, doch hier handelte es sich um Wochen, um ihr schwer vorstellbare Wegstrecken. Aber sie war einverstanden: Sie durften Samuel nicht allein lassen. Zum ersten Mal erlebten sie ihn schwach, verstört, zweifelnd. Die Geschwister weckten Thomas vorzeitig und weihten ihn in ihr Vorhaben ein. Es ärgerte Tobija, daß Thomas sich keineswegs erfreut oder wenigstens erleichtert zeigte.

      »Meine Eltern hätten Verständnis, wenn ich ihnen durch andere Boten mitteilen ließe, daß sie sich noch gedulden müßten. Sie haben ja noch mehr Kinder und sind Kummer gewohnt!«

      »Sei froh, wenn du ihnen keinen neuen zumuten mußt«, sagte Tobija, »deine alten Eltern sollten dir wirklich wichtiger sein!«

      »Wieso alte Eltern? Ich bin neunzehn, und sie waren jünger bei meiner Geburt. Du dagegen bist viel zu jung für eine lasterhafte Hafenstadt wie Alexandria!«

      »Wieso lasterhaft?« fuhr Debora auf. »Bislang hieß es doch immer: Das strahlende, das herrliche Alexandria! Außerdem ist Askalon auch eine Hafenstadt.«

      Thomas nörgelte weiter:

      »Will sich bloß vor der Fischerei drücken? Außerdem sollte ein Bruder seine Schwester nicht monatelang allein lassen! Nein, nein, die Sache geht mir zu Hals über Kopf. So schnell werdet ihr mich nicht los. Auf jeden Fall gehe ich mit euch zurück nach Askalon. Und bis dahin kann uns noch stundenlang Besseres einfallen…« So haderte er, während sie die Spuren ihres Lagers beseitigten, die letzte Glut mit Sand erstickten, hastig einige Bissen aßen.

      Den Rückweg nach Askalon brachten sie schneller hinter sich als den Herweg. Das lag nicht nur an der günstigen Nachtkühle, vielmehr an Samuels ruheloser Hast. Fast die ganze Strecke stürmte er ihnen voran.

      Sie erreichten das bescheidene, weiß ummauerte Gehöft von Sebastian und Miriam im glutvollen Schein der Morgenröte. Die Familie zeigte sich nicht wenig überrascht angesichts ihrer zeitigen Rückkehr, vor allem auch, weil sie Tobija für die unvorhergesehene Reise ausrüsten und die Reisevorräte auffüllen sollten. Wohl oder übel mußte sich Thomas Tobijas Beschluß fügen, dem Samuel in seiner angeschlagenen Verfassung keinen rechten Widerstand leisten konnte oder mochte. Ihn quälten sichtlich größere Sorgen, und es blieb Thomas nichts anderes übrig, als dem alten Freund das restliche Geld aus Alexandria aufzudrängen und anschließend im Hafen nach einem Küstenfahrzeug oder Fischerboot zu suchen, das die beiden Ägyptenfahrer bis ans Nildelta bringen konnte.

      Debora begleitete Thomas zum Hafen. Er war immer noch verstimmt darüber, wie Tobija die ganze Angelegenheit an sich gerissen und tatsächlich Samuel dafür gewonnen hatte: »Es kommt mir geradezu gewissenlos vor, den kopflosen Samuel mit einem Kind aufbrechen zu lassen!«

      »Erstens, Thomas, wird Tobija in wenigen Wochen fünfzehn. Außerdem ist Samuel nicht kopflos, sondern verzweifelt.«

      »Noch schlimmer!« Thomas blieb kurz stehen, blickte das Mädchen neben sich scharf an und fragte:

      »Du hast ihn also mit Fragen durchbohrt?«

      »Ich glaube eher, daß es ihm heute nacht gutgetan hat, mit jemandem über Tante Angela sprechen zu können.«

      »Entschuldige, Debora, in dem Alter seid ihr Mädchen uns oft meilenweit voraus.«

      »Aha? Kennst du die Mädchen so gut?«

      »Stich nicht, Bienchen, ich habe beispielsweise auch Schwestern.«

      »Na ja, es ist mir egal, woher du so gut Bescheid weißt. Komm, die Fischer landen gerade an. Es wird nicht leicht sein, nach der Nachtarbeit sofort einen zu finden.«

      »Kennen sie Samuel?«

      »Natürlich.«

      »Gut. Welche sind von eurer Christengemeinde?«

      »Knapp die Hälfte. Das ist eine gute Idee…« Sie lief Thomas voraus an den Strand.

      Allein Samuels Name wirkte. Die Fischer verwiesen die Suchenden an ein cyprisches Küstenschiff, das seit gestern im Frachthafen ankerte und weiter südwärts wollte, eine günstigere Gelegenheit konnten sie selber nicht bieten. Sie begleiteten Thomas sogar dorthin und halfen ihm für Samuel und seinen Gefährten eine erschwingliche Passage auszuhandeln. Das Schiff wollte bald nach Sonnenaufgang in See stechen, so daß Thomas und Debora die beiden Mitfahrer schleunigst benachrichtigen mußten.

      Plötzlich schien sich alles zu überstürzen. Debora fühlte sich, als geriete sie in den Sog eines Wirbelsturmes, der sie atemlos und schwindlig machte. Tobijas erste große Reise sollte ganz ohne innere Vorbereitung beginnen, seine erste längere Trennung von seiner Schwester. Die Pflegeeltern empfanden ähnlich, und Sebastian bestand auf Gebet und Segen, ehe er den Pflegesohn ziehen ließ. So knieten alle um den kleinen Hausaltar, auf dem Miriam eine Wachskerze anzündete. Die beiden ältesten Männer sprachen abwechselnd ein Gebet:

      » Wie hält der Jüngling rein seinen Pfad? Wenn er bewahrt Gottes Worte… Von ganzem Herzen suche ich Gott, laß mich nicht weichen von Deinen Geboten… Sei gepriesen Herr, lehre mich Deine Befehle… Es liegt meine Seele im Staub, getreu Deinem Worte schaffe mir Segen…«

      Sie teilten Brot und Wein, und zum Abschied segnete Vater Sebastian seine kleine Hausgemeinde. Miriam konnte ihre Tränen nicht zurückhalten, als sie Tobija mit herzlicher Umarmung verabschiedete:

      »Komm gesund wieder, Tobi…«

      »Ich werde schreiben«, versprach er, »und Debora wird es euch vorlesen. Habt Dank, habt Dank…«

      Er umarmte die Kinder und zuletzt den Pflegevater. Debora und Thomas begleiteten die Reisenden zum Hafen, wo der Schiffer seine Passagiere bereits erwartete.

      »Wie weit kannst du uns bringen?« fragte Samuel.

      »Bis Pelusium, wie ausgehandelt.«

      »Wir müssen nach Alexandria, doppelt so weit!«

      »Das hörte ich. Wir haben Freunde in Pelusium…«

      »Ich

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