Abschied von Askalon. Eva Rechlin

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Abschied von Askalon - Eva Rechlin

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ihn vorhin erspäht hatte.

      »Ruft den Jungen zurück«, bat er, »für ein erstes Feuer reicht das Gesammelte. Ich kann nicht die ganze Nacht bleiben. Auf dem schnellsten Weg muß ich nach Alexandria.«

      »Und wir?« fragte Debora erschrocken.

      »Ach ja, ihr! Das muß in Ruhe bedacht werden, ob ich euch jetzt schon mitnehmen soll…«

      »Du wirst doch nicht diese Kinder nach Alexandria mitnehmen wollen?«

      »Bist du vielleicht ein Greis?« ereiferte sich Debora, »ich werde dreizehn! Außerdem hat Samuel über uns zu entscheiden. Steht in dem Brief, daß du uns nach Alexandria mitnehmen sollst?«

      »Und wenn, so dürfen wir nichts überstürzen. Wir haben alle einen langen Tag hinter uns. Bevor ich aufbreche, muß ich ein paar Stunden schlafen.«

      »Wir lassen dich nicht allein aufbrechen, bis Askalon begleiten wir dich.«

      Sie packten Brot, Käse, getrockneten Fisch und Fleisch, Eier und verschiedene Früchte aus und lagerten im noch warmen Sand. Bevor Samuel, der kaum etwas aß, irgendeine Erklärung gab, wollte er von Thomas mehr wissen:

      »Bitte berichte mir ganz genau, wie es war, als sie dir den Brief gab. Jede scheinbare Nebensächlichkeit ist mir wichtig.«

      »Ja, das war in der Tat höchst ungewöhnlich«, begann Thomas: »Ich war wie jedesmal im reichen Haus Eugenios eingekehrt, um Botschaften, Spenden, Briefe, Kollekten mit auf den Heimweg nach Judäa zu nehmen. Durch den Pförtner hatte ich den Damen Bescheid geben lassen. Er sagte, ich müsse mich gedulden, Agathas Einkäufe pflegen Stunden zu dauern! Und die andere der beiden Schwestern, die Dame Angela, könne mich kaum empfangen. Sie sei wieder einmal krank, ›das Übliche‹…«

      Thomas unterbrach sich, blickte fragend auf Samuel, der noch immer am Felsbrocken lehnte, den Wanderstab so fest in beiden Fäusten, daß seine Fingerknöchel weiß hervorstachen. Mit leerem Blick nickte er schwer und sagte wie zu sich selbst:

      »Das Übliche! Ihr empfindlicher Magen… die dunkle Schwermut ihres Herzens… und wie ging es weiter?«

      »Der Pförtner schickte mich in die Gesindeküche, wo ich bei einer guten Mahlzeit Agathas Rückkehr vom Markt abwarten sollte. Noch auf dem Weg dorthin holte eine dunkle Sklavin mich ein…«

      »Monika, Angelas Vertraute«, Samuel war ganz gespannte Aufmerksamkeit. »Und?«

      »Schon daß sie nur flüsterte, fiel mir auf. Ich sollte ihr lautlos folgen, am besten unsichtbar! Sie führte mich in das abgedunkelte Zimmer ihrer Herrin Angela.«

      »Angela lag auf dem Bett? Am hellichten Tag!«

      »Ja, die Fenster waren verhangen, obendrein hielt sie sich verschleiert. Sie bestand darauf, daß ich mich dicht zu ihr setzte, auf den Bettrand. Dann zog sie unter den Decken und Kissen den Brief an dich hervor und aus einem Kästchen neben ihrem Lager eine Handvoll Münzen. Beides steckte sie hastig in meine Kuriertasche.«

      »Sprach sie mit dir? Wart ihr allein?«

      »Die Sklavin mußte an der Tür wachen, konnte aber alles sehen und hören.«

      »Gut zu wissen«, sagte Samuel vor sich hin, »Angela kann sich also vollkommen auf Monika verlassen.«

      »Mir schien«, fuhr Thomas fort, »als hätten die beiden das heimliche Treffen regelrecht geplant. Angela sprach nur wenig und ohne jede Kraft. Schon die paar Worte strengten sie an. ›Bring es nach Askalon zu Bruder Samuel, bitte gleich! Nimm notfalls eine Schiffspassage. Und Vorsicht! Von dem Brief und dem Geld – nichts davon meiner Schwester verraten: Verlaß am besten gleich wieder das Haus. Eine Ausrede für den Pförtner… bitte…‹ Sie konnte wirklich kaum noch reden. Ich versprach ihr, sie brauche sich keine Sorgen zu machen, ich würde sofort weiterziehen. Sie muß wohl starke Schmerzen gehabt haben. Sie krümmte sich, preßte die flache Hand gegen den Leib und stöhnte. Samuel! Ist dir nicht gut?« Dem alten Mann schienen die Knie zu versagen, doch er blieb aufrecht und fragte heiser:

      »Was dann?«

      »Zurück ans Tor fand ich allein, war ja nicht zum ersten Mal in dem vornehmen Haus. Dem Pförtner sagte ich, ich hätte es mir anders überlegt, ich könne nicht so lange warten, bis die Dame Agatha vom Markt zurückkäme, ich hätte mich mit Schiffsleuten verabredet, die jede Stunde den Hafen verlassen würden.«

      »War er mißtrauisch?«

      Thomas schüttelte den Kopf:

      »Kann ich nicht sagen. Es lenkte ihn gerade ein Lieferant vom Hafen ab, den Agatha geschickt hatte, mit angeblich frischen Meeresfrüchten: Krebstieren, Muscheln, Tintenfischen…«

      Diesmal unterbrach Tobija den Erzähler:

      »Warum nennst du sie ›angeblich frisch‹? Kannst du das beurteilen?«

      »Man muß kein Fischer sein, mein Lieber, um zu erkennen, wie lange ein Fisch schon tot ist!«

      »Angelas Lieblingsspeisen«, hörten sie Samuel sagen, »ihre Schwester Agatha meinte es gut mit ihr und verwöhnte die Ältere.«

      »Also, ich hätte das Zeug nicht mehr gegessen!« gestand Thomas, »selbst der Pförtner rümpfte die Nase, aber er mußte die Ladung durchlassen, schickte den Lieferanten in die Küche.«

      »Ist Tante Agatha geizig?« fragte Debora. Mit einem Blick auf Samuels aschfahles Gesicht entschuldigte sie sich: »Verzeih bitte, du hast jetzt wichtigere Sorgen.«

      »Ja, Kind, wie ich nach Alexandria komme!«

      Thomas schüttelte seine Botentasche, daß die Münzen darin klirrten und sagte:

      »Damit bringen dich die Fischer von Askalon sogar bis ans Nildelta! Dort hat längst die Nilschwemme begonnen.«

      »Reicht es auch für uns beide? Du wolltest doch nach Jerusalem, zu deinen Eltern?«

      »Ich konnte mich seit Monaten nicht mehr um sie kümmern!«

      Samuel nickte. Er schlug vor, erst einige Stunden zu schlafen.

      »Dann werden wir weitersehen.«

      Die Nacht kam rasch und kühl.

      Verschiedene Wege

      Die drei Männer teilten sich die Nachtwache. Debora und die beiden jeweils Schlafenden lagen dicht beieinander in hastig gegrabenen Sandwannen zwischen dem großen Lagerstein und dem klein gehaltenen Feuer, das Raubtiere auf Distanz halten sollte: Schakal und Hyäne, aber auch Skorpione.

      Über die Judäischen Berge stieg der fast volle Mond mit seinem bleichen Licht unter dem wolkenlosen Sternenmeer auf, das Nacht und Erde färbte.

      Die vier Menschen hatten sich beim bereits schwindenden Tageslicht zur Ruhe gelegt. Debora war als erste eingeschlafen, tief und traumlos wie schon während der Mittagsrast. Plötzlich, als legte sich in ihr eine Spannung auf die Lauer, wurde sie durch irgendwas geweckt. Blinzelnd lauschte sie in die Stille. Sie hörte Samuel aufstehen und Thomas, der sich in seine Sandkuhle legte, bald darauf tief und gleichmäßig atmen. Hellwach richtete sie sich halb auf. Seinen Stab in der

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