Crazy Love. Eva Kah

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Crazy Love - Eva Kah Crazy Love

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gesetzt habe, hatte ich es sorgfältig in seine hübsche kleine Aufladestation gestellt, und jetzt wartete es mit grün leuchtender Akku-Anzeige auf mich und war bereit für all die Dating-Abenteuer, die wir hoffentlich zusammen erleben würden.

      Seufzend starrte ich auf den großen, hoch auflösenden Bildschirm in meiner Hand. Noch im Laden hatte Freddy eine ganze Weile daran herumgewischt und getippt, um mir allerhand Apps zu installieren. Diese sagenhaften Apps, von denen ich ja schon viel gehört hatte, bräuchte ich angeblich ganz dringend. Ein zögerlicher Wisch, und da waren sie schon: Dutzende kleine Bildchen, gleichmäßig angeordnet. Das meiste war für mich völlig unerklärlich und sinnfrei, und mir sank das Herz ein wenig in die Schlafanzughose. Spontan erkannte ich nur das Telefon-Symbol und den Brief, der die SMS-Funktion symbolisierte. Der Rest sah aus wie ein merkwürdig formatiertes Kinderbuch. Wie sollte ich mich in diesem Wust aus bunten Blasen und winzigen Details jemals zurechtfinden? Freddy hatte mir zwar eine kurze Zusammenfassung über die Funktionsweise eines Smartphones gegeben, aber besonders viel gemerkt hatte ich mir nicht. Der Verkäufer hatte mir ungefähr fünf Mal erklärt, dass ich bestimmt keine Bedienungsanleitung bräuchte, weil so eine Dingsbums-Oberfläche mit Dingsbums-Betriebssystem sowieso selbsterklärend sei.

      Wie ich von Freddy gelernt hatte, hießen die einzelnen kleinen Bildchen Icons. Eins dieser Icons immerhin fand ich besonders hübsch: Ein schlichter Stern, der in der Mitte eine schwarze Fläche in der Form eines Herzens freiließ. Mir gefiel, dass das Herz einfach nur schwarz und eigentlich gar nicht da war. Es ergab sich nur aus dem darum herum tanzenden Stern. Grafisch sehr reduziert, ziemlich unaufdringlich. Fast schon elegant. In Kleinbuchstaben stand darunter das Wort luvjah. Ah, das musste diese Datinghilfe sein, von der Freddy mir ständig vorgelabert hatte. Neugierig tippte ich mit der Fingerspitze darauf.

      Ein Fenster öffnete sich, in dem ich zur Eingabe meiner Kreditkartenummer aufgefordert wurde. Erschrocken schloss ich das Menü wieder. Zu viele Geschichten aus meiner Schulzeit waren mir noch in Erinnerung, in denen sich Siebtklässler mit Klingelton-Abos in fünfstelliger Höhe verschuldet hatten. Wenn Freddy wirklich glaubte, dass mein nächster Traummann ausgerechnet in den endlosen Weiten des Internets auf mich wartete, dann sollte sie mir dabei helfen. Sie war schließlich die Expertin, die mich zu diesem Experiment überreden wollte.

      3

      Hairway to Steven

      Wie erwähnt, bin ich von Beruf Krankenschwester. Weil ich zu blöd zum Medizinstudium war, sagen meine Eltern (sie verwenden natürlich andere Adjektive als „blöd“. Eher so etwas wie „rebellisch“, „aufsässig“, „unkonzentriert“). Weil ich auf einkommensstarke Männer in weißen Kitteln stehe, sagen meine Freundinnen.

      Weil ich gerne direkt mit Menschen zu tun habe, sage ich. Menschen, denen man mit kleinen Nettigkeiten große Erleichterungen verschaffen kann. Die ein bisschen mehr Glück in ihrem Leben gut brauchen können. So einer einsamen, eingeschüchterten Oma mit Oberschenkelhalsbruch bedeutet ein Lächeln von mir einen weiteren guten Tag, und ein Kind mit Hüftdysplasie muss vielleicht die ganze Nacht nicht weinen, wenn ich ihm den nass geschwitzten Rücken unter dem Plastikkorsett mit Baktolan aktiv einreibe.

      Es ist natürlich nicht immer so einfach. Es gibt nicht nur nette Omas, glückliche Kinder und heiratswütige Scheichmütter, sondern leider auch die grimmigen Alkoholiker-Frührentner, die sich im Suff zum vierten Mal den Knöchel gebrochen haben. Es gibt Frauen mit 250 kg, die vor lauter Fett und kaputten Knien nicht mehr laufen können und es dann an mir auslassen.

      Im Großen und Ganzen habe ich aber echt Glück mit meiner Arbeitsstelle. Ich habe mich gezielt bei einer rein orthopädischen Klinik beworben, wo das Allerschlimmste eine unheilbare Querschnittslähmung ist. Klar, das wünscht man sich auch nicht. Wir sind auch noch spezialisiert auf die kniffligen Fälle, wo die Leute froh sind, wenn hinterher unterhalb des Knies noch ein Stück Bein dran ist. Aber trotzdem, das richtige Elend findet sich bei uns selten. Eine Krebsklinik oder Palliativstation ist da eine ganz andere Nummer. Das könnte ich nicht.

      Auch unter Orthopädie-Patienten gibt es natürlich Arschlöcher. Oder, um es etwas netter zu sagen, Patienten mit zeitlich-pflegerischem Mehraufwand. Besonders oft wird man von neuen Knien oder Hüftgelenken über 40 angemacht, die sich ihre Männlichkeit beweisen müssen. Nach dem Motto: Ich hab zwar eine neue Hüfte, aber darüber funktioniert’s noch wie bei einem jungen Hengst. Oder: Statt Joggen muss ich mich jetzt halt auf Pimpern beschränken. Alles schon gehört.

      Der Typ „geiler Opa“ ist auch weiter verbreitet, als ich es zu Beginn meiner Ausbildung je gedacht hätte. Die Tatsache, von der Schwester mal die Bettpfanne gereicht bekommen zu haben, scheint für viele einen Freifahrtschein zu sämtlichen anderen Intimitäten darzustellen. Dass man hin und wieder einen Patienten beim Onanieren erwischt – geschenkt. Wo sollen sie auch hin mit ihren Trieben, Nächte im Krankenhaus sind lang. Dass man manchmal nachts um halb drei in ein Einzelzimmer geklingelt wird, um stolz eine Latte präsentiert zu bekommen – okay. Da lache ich drüber und geh wieder raus. Den Kerlen ist das am nächsten Tag auch meistens peinlich.

      Aber körperliche Übergriffe gehen gar nicht. Ein einziges Mal bisher habe ich einem Patienten eine gescheuert. Das war so ein „geiler Opa“. Mitte 70, Schulterdyslokation. Ich, gerade 20, musste ihn waschen. Er hatte schon den ganzen Tag zuvor nicht mit anzüglichen Sprüchen á la „Wenn ich jetzt so alt wäre wie Sie, wüsste ich schon, womit ich Ihnen die Mittagspause versüße“ gegeizt. Und als ich ihm dann gerade die Haare einshampoonierte, packte er mich mit der gesunden Hand am Arm und zog mich zu sich in die Wanne.

      Der Opa war ein schmächtiges Kerlchen mit nur einem funktionstüchtigen Arm, aber weil ich nicht damit gerechnet hatte, rutschte ich voll bekleidet ins Wasser. Der Schaum spitzte nur so. Meine Schuhe, mein Pieper, alles wurde nass. Ich hatte einen Adrenalinschock. Kaum saß ich dem grinsenden Alten in der Wanne gegenüber, holte ich aus und zementierte ihm eine, dass seine Hängebacken und sein Zahnersatz nur so flogen.

      Seither weigere ich mich, Männer über vierzig zu waschen. Meine Kolleginnen akzeptieren das glücklicherweise. Es gibt da noch zwei kräftige Schwäbinnen mit erwachsenen Kindern, die ihre resolut-dominante Ader gern an meiner Stelle an den Opas auslassen.

      Das führt hin und wieder zu der Situation, dass der eine Patient im Doppelzimmer von mir und der etwas ältere von einer der Schwäbinnen gewaschen wird. Daraus entwickeln sich manchmal lustige Rivalitäts- und Eifersuchtsdramen, weil die Männer ja nicht verstehen, warum sie meine Waschgunst nicht genießen dürfen (Ich würde mich ja auch lieber von mir selbst als von Astrid oder Vroni waschen lassen. Astrid und Vroni sind herzliche Damen, solange man bekleidet ist).

      Gerade hatten wir das Problemchen wieder: Das Doppelzimmer neben der Scheichmutter. Zwei Privatpatienten, der eine um die dreißig, der andere zweiundvierzig Jahre alt. Grundsätzlich mag ich Privatpatienten, weil sie sich ein bisschen bevorzugt fühlen (was sie auch sind, da muss man ehrlich sein). Und Leute, die sich bevorzugt fühlen, sind meistens besser drauf als solche, die sich bei jeder Schmerztablette aufs Sparbrötchen reduziert sehen.

      Aber diese beiden waren eine Zumutung. Olaf Kaczmarczyk und Nicolas Rammeltsmeier. Ich werde ihre Namen nie vergessen, weil sie so gut zu ihnen passten. Beide schwere Radunfälle – der eine mit dem selbst gebauten Liegefahrrad in einen Bauzaun gerauscht, der andere mit dem Mountainbike verschätzt und gegen einen Felsen gekracht. Sie hatten in derselben Woche vom selben Arzt neue Kniescheiben implantiert bekommen, doch ansonsten hätten die beiden Typen nicht unterschiedlicher sein können. Der Jüngere, der Liegefahrradbastler, war so eine Art Cyborg. Er trug den ganzen Tag eine merkwürdige Brille, die mit einem elastischen Band ganz fest am Schädel saß und aussah wie eine zugeklebte Skibrille. Dazu wackelte er mit dem Kopf und fuchtelte mit den Händen in der Luft herum wie ein Dirigent. Wahrscheinlich war das so ein Technikspielzeug

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