Gesammelte Werke (Über 150 Titel in einem Band). Rosa Luxemburg

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wie ohne ihre Nachfrage nach seinem Mehrprodukt. Um ihnen aber Produktionsmittel und Arbeitskräfte zu entnehmen, um sie in Warenabnehmer zu verwandeln, strebt er zielbewußt danach, sie als selbständige soziale Gebilde zu vernichten. Diese Methode ist vom Standpunkt des Kapitals die zweckmäßigste, weil sie zugleich die rascheste und profitabelste ist. Ihre andere Seite ist nämlich der wachsende Militarismus, über dessen Bedeutung für die Akkumulation in anderem Zusammenhang weiter unten. Die klassischen Beispiele der Anwendung dieser Methoden des Kapitals in den Kolonien bieten die Politik der Engländer in Indien und die der Franzosen in Algier.

      Die uralte Wirtschaftsorganisation der Inder - die kommunistische Dorfgemeinde - hatte sich in ihren verschiedenen Formen durch Jahrtausende erhalten und eine lange innere Geschichte durchgemacht, trotz aller Stürme "in den politischen Wolkenregionen". Im 6. Jahrhundert vor der christlichen Ära drangen in das Indusgebiet die Perser und unterwarfen sich einen Teil des Landes. Zwei Jahrhunderte später zogen die Griechen ein und hinterließen als Ableger einer ganz fremden Kultur die alexandrinischen Kolonien. Die wilden Skythen machten eine Invasion ins Land. Jahrhundertelang herrschten die Araber in Indien. Später kamen von den Höhen des Iran die Afghanen, bis auch diese durch den ungestümen Ansturm der Tatarenhorden aus Transoxanien vertrieben wurden. Schrecken und Vernichtung bezeichneten den Weg, auf dem die Mongolen vorüberzogen, ganze Dörfer wurden niedergemetzelt, und die friedlichen Fluren mit den zarten Reishalmen färbten sich purpurn von Strömen vergossenen Blutes. Aber die indische Dorfgemeinde hat alles überdauert. Denn alle mohammedanischen Eroberer, die einander ablösten, ließen schließlich das innere soziale Leben der Bauernmasse und seine überlieferte Struktur unangetastet. Sie setzten bloß in den Provinzen ihre Statthalter ein, die die militärische Organisation überwachten und Abgaben von der Bevölkerung einsammelten. Alle Eroberer gingen auf die Beherrschung und Ausbeutung des Landes aus, keiner hatte ein Interesse daran, dem Volke seine Produktivkräfte zu rauben und seine soziale Organisation zu vernichten. Der Bauer mußte im Reiche des Großmoguls jährlich seinen Tribut in Naturalien an die Fremdherrschaft entrichten, aber er konnte in seinem Dorf ungeschoren leben und auf seiner Sholgura wie seine Urväter Reis bauen. Dann kamen die Engländer, und der Pesthauch der kapitalistischen Zivilisation vollbrachte in kurzer Zeit, was Jahrtausende nicht vermocht und was das Schwert der Nogaier nicht fertiggebracht hatte: die ganze soziale Organisation des Volkes zu zertrümmern. Der Zweck des englischen Kapitals war in letzter Linie, die Existenzbasis selbst der indischen Gemeinde: den Grund und Boden, in die eigene Macht zu kriegen.

      So entstand in Indien in kurzer Zeit der Großgrundbesitz, während die Bauern auf enormen Strecken in eine verarmte, proletarisierte Masse kleiner Pächter mit kurzen Pachtfristen verwandelt wurden.

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