Grundlagenforschung. Anke Stelling

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Grundlagenforschung - Anke Stelling страница 7

Автор:
Серия:
Издательство:
Grundlagenforschung - Anke Stelling

Скачать книгу

Nicht für die Kinder, Kinder gab’s damals noch keine. Nur für uns.«

      Renate klingt munter. »Ja, schade«, sagt sie. »Wer hat sie abgehängt? Dein Bruder? Damit niemand runterfällt?«

      »Weiß ich nicht. Wahrscheinlich.«

      »Willst du denn wieder eine?«

      Christian schüttelt den Kopf. »Ach was. Die Schaukel gab’s nur, weil der Balken so dick war. Um zu beweisen, dass man hier alles machen kann, was man in einer Neubauwohnung in der Stadt nicht machen kann.«

      Er kickt gegen eines der Holzscheite. Renate atmet hörbar ein.

      »Alles?«, fragt sie.

      »Ja. Alles.«

      Sie kommt auf ihn zu.

      »Lass mal«, sagt Christian schnell.

      »Was denn?«

      Es ist wie heute Morgen, als er Gunda nicht trösten durfte. Nur dass jetzt er an der Stelle von Gunda ist.

      Renate lacht und legt ihm trotzdem den Arm um die Hüfte, den Kopf an seine Schulter.

      »Keine Sorge«, sagt sie. »Vor mir brauchst du nun wirklich keine Angst zu haben.«

      Sie lassen den Korb mit Holz neben der Bank auf den Boden plumpsen.

      »Tür zu!«, ruft Wolfgang und greift gleich zwei Scheite, um sie auf die nur noch schwach glühende Asche zu legen.

      »Achtung!« Er bläst hinein.

      »Das wird wieder«, sagt er zufrieden. »Irgendwelche Wildschweine draußen?«

      »Nichts«, sagt Renate.

      Sie bleibt an die Spüle gelehnt stehen. Christian geht zurück auf seinen Platz und sieht zu, wie aus der Glut kleine Flammen aufspringen.

      »Ich geh schon mal ins Bett«, sagt Renate. Als keine Antwort kommt, klopft sie sich mit der flachen Hand auf den Schenkel und geht zur Tür. »Gute Nacht zusammen.«

      »Moment«, sagt Wolfgang, als sie draußen ist. »Haben wir schon gewürfelt?«

      Katrin sieht strafend auf. »Tu doch nicht so.«

      Das vordere Scheit fängt zuerst Feuer, obwohl es nicht kleiner ist als das hintere.

      Wolfgang zieht die Augenbrauen hoch. »Scheinbar hab ich was verpasst.«

      »Will jemand Kaffee?«, fragt Christian und steht auf.

      »Jetzt noch?«

      Die kleine elektrische Kaffeemaschine steht auf einem Bord neben der Spüle. Als Christian den Filterbehälter vorklappt, löst er sich aus der Halterung, und der Kaffeesatz vom Nachmittag fällt Christian auf die Füße. Er fasst die durchweichte Filtertüte mit spitzen Fingern und schleudert sie in Richtung der Müllsäcke.

      »Was machst du für eine Sauerei?«, fragt Hans.

      Christian versucht, den Filterbehälter wieder einzuhängen, aber der kleine Plastikzapfen ist abgebrochen.

      »Scheißding«, er wirft den Behälter in die Spüle.

      »Was machst du denn?«, fragt Katrin.

      Christian bückt sich und zieht den Stecker aus der Wand. »Kaffee. Aber nicht mit dieser Kaffeemaschine. Solche hat man heutzutage gar nicht mehr. Deshalb stehen sie auch zu Dutzenden halb kaputt hier im Ferienhaus rum.« Er drückt Katrin die Maschine in den Schoß. »Bitteschön. Kannst du verfeuern oder als Andenken für die Kinder aufbewahren. Für wessen auch immer.«

      Er lässt Wasser in einen Topf und stellt ihn zitternd auf die Herdplatte.

      »Wie du meinst«, sagt Katrin und wirft die Kaffeemaschine ins Feuer.

      »Seid ihr jetzt übergeschnappt?«, ruft Wolfgang und springt auf. Er zieht die Maschine am Kabel aus dem Feuer.

      »Ich lass mich doch nicht zum Deppen machen«, sagt Katrin, »was hab ich denn damit zu tun?«

      Christian sieht auf den Topf, unter dem die Herdplatte jetzt anfängt zu zischen und zu knallen.

      Hans seufzt. »Mensch. Das stinkt doch.«

      Richtig, denkt Christian. Der Herd ist fettig und soßenverspritzt, die Mäuse nagen die Mülltüten auf, und auf dem Boden liegt feuchter Kaffeesatz, der sich nicht wegfegen lässt. Wenn man jetzt den Besen nähme, würden die Staubflusen, die niemand rausgezupft hat, sich zu Dreckbatzen zusammenrollen und sich auf ewig mit den Borsten verbinden. Christian will am liebsten gar nichts mehr anfassen, nicht mehr reingehören in dieses Haus, zu diesem Dreck. Er will wieder klein sein, Eltern haben, die für ihn sorgen.

      »Ich wasch mal ab«, sagt Gunda, tritt an die Spüle und dreht den Wasserhahn auf.

      Hans steht auch auf, greift sich den halbzerfledderten Stern aus dem Altpapierkorb und sagt: »Wenn ihr jetzt mit Putzen anfangt, geh ich ins Bett. Ihr könnt mir ja was übriglassen.«

      Welches Bett? Christian sieht auf Gundas Hände im Spülmittelschaum, denkt an ihre Knie im Badeschaum, fragt sich, ob er auch nach oben gehen soll, und in welchem Bett Renate liegt. Er würde gern ein Bad nehmen. Zu Hause nimmt er immer ein Bad, wenn ihm alles andere zu kompliziert ist, aber hier gibt es keine Wanne, hier gibt es nur eine Duschkabine, weil die Geschwister nichts übrig haben für warmes Badewasser und Taschenbuchkrimis, sondern ihre Körperpflege effektiv erledigen. Die Kinder sind im Sommer oft in die Kuhtränke vor dem Haus gestiegen, aber das tun sie inzwischen bestimmt nicht mehr. Lukas hat die Narbenhaut, und seine schwarzgekleidete Freundin hat nicht so ausgesehen, als ginge sie bei Sonne auch nur nach draußen.

      Ein Sitzplatz an der Kuhtränke wäre schön, eine Eckbank wie hier am Feuer, um dem Wasser beim Überlaufen zusehen zu können. Das würde den Brennholzbedarf enorm reduzieren, wenn sie eine zweite Möglichkeit zum Starren hätten. Katrins Augen sind schon ganz glasig, aber das kann auch am Wein liegen.

      »Ich fahr morgen weg«, sagt sie.

      »Hör auf«, sagt Wolfgang, »das sagst du jedes Mal.«

      Gunda fängt an abzutrocknen. Katrin steht auf und hilft beim Wegräumen. Christian gießt kochendes Wasser in die Kaffeekanne und löffelt Kaffee dazu.

      »Falschrum«, sagt Katrin und hat Recht, das Pulver geht nicht unter, sondern liegt als Haufen oben auf. Christian gießt nach, die Kanne läuft über.

      »Kommst du mit rauf?«, fragt Katrin Gunda. Die beiden hatten letzte Nacht das schöne Schlafzimmer zusammen.

      Gunda nickt und hängt das Trockentuch auf. »Bis morgen«, sagt sie.

      Das muss nicht heißen, dass sie wieder mit Katrin das Zimmer teilt. Zu Hause sagt Gunda auch »Bis morgen«, wenn sie als erste ins Bett geht. Im selben Bett zu schlafen, bedeutet bei ihnen nicht mehr zwangsläufig, beieinander zu sein. Jeder schläft und träumt für sich, um morgens die Augen aufzuschlagen und nachzusehen, ob der andere noch da ist. Vielleicht legt Katrin sich zu Hans, und jetzt liegen zwei Frauen allein da und warten, dass er zu ihnen kommt. Zum

Скачать книгу