Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten. Hunter S. Thompson
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Kommen wir zur Sache. Es gibt die klitzekleine Chance, bald von hier wegzukommen, aber ich brauche noch ein paar Infos von Dir, ehe ich ernst damit mache. Ein Typ namens Philip Kramer, Verleger und Redakteur von einem Was-auch-immer, das sich Puerto Rico Bowling News nennt, behauptet, er würde eine neue monatliche Sportzeitschrift starten (»von der Aufmachung her so ähnlich wie Sports Illustrated«), und er sucht deshalb Sportjournalisten. Er sitzt in Roosevelt, Puerto Rico, ich kann’s nicht mal auf der Landkarte finden. Ich wäre Dir unendlich dankbar, wenn Du mir folgende Fragen beantworten könntest – ich spendier Dir dann auch ein paar Drinks, wenn alles gut geht. Jedenfalls muss ich Kramer nächste Woche in New York treffen und ich hoffe, Du kannst mir Deine Antworten noch vorher zukommen lassen. Schicke sie an c/o Murphy, 69 E. 4th St., Manhattan.
Und los geht’s:
1. Wo liegt Roosevelt? Wie sieht es da aus?
2. Weißt Du irgendwas über Kramer? Sein Brief klingt, als hätte ihn ein Fanatiker oder Verrückter geschrieben.
3. Du weißt, wie hoch Lebenshaltungskosten sind: Was wäre für Dich das Minimum an Gehalt, wenn Du an meiner Stelle wärst?
4. Hast du von dieser angekündigten Zeitschrift schon gehört? Das Projekt müsste mit einem Haufen Geld ausgestattet sein, wenn es mehr sein soll als eine Blase, und ich will nicht wegen irgendeinem Projekt runterkommen, das nach einer Woche wieder dicht macht.
5. Ganz ehrlich – magst Du Puerto Rico? Was spricht dafür – und was dagegen?
Wenn Dir noch irgendwelche anderen wichtigen Punkte einfallen, melde Dich unbedingt. Und nochmal, schick den Brief nicht nach Otisville. Wenn Du sofort schreibst und den Brief nach New York schickst, kommt er etwa zeitgleich mit Kramer an. Und um Himmels willen, kein Wort davon an Kennedy (oder an sonst jemanden beim Star). Wenn Kramer von meinen Verhandlungen mit dem Star erfährt, würde er nie wieder mit mir reden. So wie es aussieht, habe ich die Chance, ihn hinters Licht zu führen und ihn denken zu lassen, ich sei ein ganz normaler Journalist. Genau darum schreibe ich Dir: Ich will verhindern, dass er mich hinters Licht führt. Also … danke für jede Art von Unterstützung. Vielleicht sehen wir uns schon bald.
Mach’s gut: H
1960
»Die feuchtheiße Luft ließ sämtliche Formen von Abartigkeiten prächtig gedeihen. In den engen Gassen der Altstadt von San Juan liefen scharenweise Päderasten herum, die auf Schritt und Tritt obszön kicherten. Die Bars und Strände und selbst die besten Wohnviertel quollen nur so über vor Vergewaltigern, Lesben, Straßenräubern und Menschen, die geistig und sexuell jenseits von Gut und Böse zu sein schienen. Sie lauerten irgendwo im Schatten, und es spülte sie wie Schaum durch die Straßen; ständig fingerten sie an etwas herum und schnappten um sich, wie irre gewordene Ladendiebe, denen in der tropischen Hitze das Hirn weggefault war.«
Hunter S. Thompson, The Rum Diary
AN SANDY CONKLIN:
Sandy Conklin promoviert 1959 am Goucher College in Maryland und zieht dann nach New York City, um dort als Sekretärin bei Nuclear Research Associates zu arbeiten, einer Organisation, die Atomtests überwacht. Ihre Mitbewohnerin Eleanor heiratet Eugene McGarr, der in seiner Zeit als Bürobote bei Time ein Kumpel von Thompson war. Anfangs sind Thompson und Conklin nur befreundet, doch sie verlieben sich bald ineinander.
26. Januar 1960
San Juan
Nun, meine kleine Prinzessin. Ich weiß wohl, was es heißt, »körperlich aufgewühlt« zu sein. Auch wenn es einem länger vorkommt, ist es jetzt noch nicht mal einen Monat her. Hoffen wir, dass die Zeit bis zum 11. März ein bisschen schneller vergeht.
Über Deinen Brief habe ich mich wahnsinnig gefreut; wenn ich auch sagen muss, dass mich Dein neu gefundener Mutterinstinkt einen Moment lang etwas beunruhigt hat. Trotzdem ist es natürlich gut zu wissen, dass Du ein sonniges Herz hast.
Das Leben hier ist großartig – sagen wir ab Montag, wenn ich mein Geld bekomme. Gerade sind die Vorratskammern einigermaßen leer. Heute aber haben sich die Ereignisse geradezu überschlagen, nachdem ich zwei journalistische Aufträge gleichzeitig an Land gezogen habe. Die nächsten Wochen wird also die Hölle los sein; obendrein kommt noch die Arbeit für Kramer, und in meinen wenigen freien Minuten werde ich mich darum kümmern müssen, meine kleine Strandhütte herzurichten. Ich krieg das schon alles hin, bis Du kommst.
Und so sieht mein Tag aus (im neuen Leben von HST): aufstehen um halb zehn, Türe aufreißen und im Atlantik baden, um erstmal die Augen aufzukriegen, Spaziergang am Strand (mit dem bärtigen Barmann und Nachbarn von nebenan), um im Intercontinental von San Juan zu frühstücken – frische Ananas, Toast, Marmelade, vier Tassen Kaffee. Um zwei Uhr Treffen mit dem Beauftragten für Glücksspiel, um Neuigkeiten aus der Welt der Casinos zu erfahren – meinem nächsten Thema. Um halb fünf ins Rada Hotel, Gespräche über den frisch reingekommenen Auftrag. Zum Essen um halb sieben in die Altstadt, um neun nach Rio Pedras, um Post zu holen. Auf dem Rückweg Deinen Brief lesen, dann ausziehen und nackt runter an den Strand, mit Pfeife und einem Glas Brandy. Rauchen, Brandy trinken, schwimmen, unter die Dusche und jetzt diesen Brief an Dich schreiben. Später werde ich noch die Story über Hahnenkämpfe zu Ende bringen. Dann ins Bett. Und morgen keine Termine. Nur Meer, Sonne, Rum.
Das Leben hier – Du glaubst es erst, wenn Du es selbst gesehen hast. Kaum vorstellbar, dass es von Dauer sein wird. Vielleicht werde ich sogar einen Scooter haben, bis Du da bist, wenn es in dem Tempo weitergeht. Natürlich gibt es auch ein paar Dinge, die auf die Nerven gehen. Kein warmes Wasser in der kleinen Hütte, kein Geld, immer nur mit dem Bus unterwegs, ein alter Cordmantel, der inzwischen ziemlich heruntergekommen aussieht. Wäre ich kein Journalist, würde ich niemals durchkommen, so wie ich hier herumlaufe – in diesem überteuerten und zugleich sehr konventionellen Walhall. Sobald ich meine Finanzen im Griff habe, wird sich das alles ändern. Wann? Weiß der Himmel.
Gute Idee von Dir, mir Sachen mit PanAm herzuschicken, nur dass ich dann keinen Gepäckschein hätte, den ich möglicherweise vorzeigen muss. Es könnte kompliziert werden; wenn es sich anders hinbekommen lässt, gib mir Bescheid, und ich schick Dir eine Wunschliste – vor allem ein paar Pfund Tabak, der hier unmöglich aufzutreiben ist. Und ja, unbedingt einige Bücher, auf die Schnelle fällt mir das neue von Mailer (Reklame für mich selber) ein, und von Dostojewski über die Psychologie des Spielens; über Spieler, die besessen sind [Der Spieler]. Kennst Du es? Die Bibliothek hier ist unglaublich schlecht. Das Aktuellste, was ich finden konnte, war S. Maugham. […]
Das wär’s soweit. Gleich fallen mir die Augen zu, und ich muss noch das Ding über den Hahnenkampf machen. Von draußen hört man das Klatschen der Brandung, und das schrecklich bläuliche Deckenlicht lässt das Ganze hier wie eine Zelle aussehen; morgen, wenn ich diesen Brief aufgebe, wird die Sonne wieder leuchten. Ach ja, ich hab die Kleidung ganz vergessen; ist alles gut angekommen. Danke mucho – oder vielen Dank. Oder so. Mit meinem Spanisch ist noch nicht allzu viel los. Werde Dir bald wieder schreiben, und dann erfährst Du auch, wie es in mir drinnen aussieht. Dafür wär jetzt nicht der richtige Moment.
Gute Nacht
Hunter
AN ANGUS CAMERON, ALFRED A. KNOPF:
Nachdem