Hausgemeinschaft mit dem Tod. Franziska Steinhauer

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Hausgemeinschaft mit dem Tod - Franziska Steinhauer Mord und Nachschlag

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      Den Wagen in einer der Seitenstraßen zu parken, erwies sich als nicht so einfach wie gedacht. Überall waren umfangreiche Aufräumarbeiten im Gange, die Bürgersteige wurden gefegt und geschrubbt, sogar mobile Reinigungsfahrzeuge kamen dabei zum Einsatz.

      »Die nehmen’s aber ernst mit der sauberen Straße zum Wochenbeginn!«, staunte Lars. »Sieht aus, als wäre das ganze Viertel auf den Beinen. Dabei fängt der Montag ja gerade erst richtig an.«

      Die Wohnung der Svenssons war für eine vierköpfige Familie zu klein, Stauraum, trotz der vielen ›Wegräummöbel‹ eines schwedischen Möbelhauses, Mangelware. Mutter Margit musterte die beiden Polizisten unfreundlich.

      »Lasst bloß meine Ulla in Frieden. Die hat eurem Kollegen gestern Abend schon alles erzählt, was sie über Simone weiß. Es ist für ein Kind in diesem Alter nicht leicht zu verarbeiten, dass die beste Freundin ermordet wurde. Wie man hört, vom eigenen Vater!«

      »Simones Mörder kennen wir noch nicht. Wir verfolgen alle Spuren.« Der Tadel war unüberhörbar.

      Das von zu vielen Zigaretten, Alkohol und Entbehrungen gezeichnete Gesicht der Mutter wurde noch abweisender, ihre Augen kalt und trotzig.

      »Meine Ulla hat nichts mehr zu sagen!«

      »Das Gespräch mit Filip Björk fand zu einem Zeitpunkt statt, an dem sie noch dachte, Simone sei nur mal kurz untergetaucht. Gestern Abend konnte man das Ganze noch für hysterisches Getue der Erwachsenen halten. Doch jetzt weiß Ulla, dass Simone nicht mehr lebt. Das mag ihren Blick auf die Dinge verändern.« Sven Lundquist blieb freundlich, trat aber entschlossen einen Schritt vor, stand nun mitten in einem chaotischen Wohnzimmer. Geschirr auf dem Tisch, Essensreste, die ganz sicher nicht vom heutigen Frühstück stammten, volle Aschenbecher, leere Weinflaschen, Kleidungsstücke in Haufen auf dem Boden verteilt, der Fernseher flimmerte ohne Ton. Margit schien das alles erst jetzt zu bemerken. Sie wirkte verblüfft, als sie sich umsah.

      »Mein Mann hat Nachtschicht. Da muss so manches liegenbleiben. Aufräumen verursacht Geräusche.«

      »Wir müssen unbedingt mit Ulla sprechen. Dabei sind wir leise. Wenn wir fertig sind, verschwinden wir sofort«, wisperte Knyst.

      Margit brummte grimmig.

      Zeigte mit ihrem kurzen Zeigefinger auf die rechte Tür.

      »Dort.« Dann legte sie den Finger über die Lippen und huschte davon. »Mich braucht ihr ja wohl nicht dazu. Ich hab’ das Essen auf dem Herd!«

      Ulla lag angezogen auf dem Bett.

      Die vom Weinen verquollenen Augen sahen die beiden Männer nur flüchtig und ohne jedes Interesse an.

      »Polizei?«, wisperte das Mädchen.

      »Ja. Sven Lundquist und Lars Knyst. Wir glauben, dass du uns helfen kannst, Simones Mörder zu finden.«

      Lars, dessen schiere Größe dafür sorgte, dass der Raum überfüllt wirkte, nahm einen Stapel Kleidungstücke vom Schreibtischstuhl, setzte sich und legte sich Jeans und T-Shirts über die Knie.

      »Simone war meine beste Freundin«, schniefte Ulla.

      »Ein schwerer Schock für dich.«

      »Sie war so aktiv! Verstehst du, wenn keinem etwas einfiel, konnte man mit Simone noch immer was erleben. Mit ihr zusammen war Freizeit ein einziges Abenteuer! Sie hatte ständig irgendwelche Pläne.«

      »Pläne?«, hakte Sven vorsichtig nach.

      »Ja, wirklich. ›Heute könnten wir bei Janny’s ein Eis essen und danach Videos gucken oder ins Kino. Vielleicht auch zum Shoppen, ich habe gesehen, dass sie bei Banana Boat Sonderangebote haben. Weißt du schon, dass morgen bei Piet und Klaus Karaokeabend ist? Da gehen wir hin! Und nächste Woche zum Poetry Slam, das wird toll! Michael kommt auch!‹ – So war Simone.«

      »Michael?«

      »Ach, das ist einer der Jungs von der Schule. Der ist ganz nett. Und schreibt coole Gedichte.«

      »Was hatte Simone für dieses Wochenende vor?«

      »Sie war mit ihrem Papa unterwegs.«

      »Er hat uns gesagt, die Planung für die gemeinsamen Wochenenden machten sie immer im Voraus. Was hatten sie sich vorgenommen?«

      Ulla knabberte an ihrer Unterlippe und schwieg.

      Dann fischte sie ein Taschentuch unter dem Kopfkissen hervor und putzte sich ausgiebig die Nase.

      Lundquist wusste, sie überlegte, wie viel sie den beiden Männern verraten durfte, ohne ein Geheimnis preiszugeben.

      Sie traf die falsche Entscheidung.

      »Keine Ahnung.«

      »Ulla, das ist gelogen!«

      »Ist es nicht. Oder soll ich jetzt extra für dich etwas erfinden, nur damit du wieder abziehst?«

      Der gleiche Trotz wie bei ihrer Mutter, registrierte Knyst mit aufsteigendem Zorn, schlug die Beine übereinander und verschränkte die Arme vor der Brust. Warum nur verhielten sich die Leute so unkooperativ? Sie hatten einen Mord aufzuklären und waren nicht zum Hausieren an der Wohnungstür aufgetaucht!

      Lundquist blieb äußerlich entspannt. »Wir suchen einen Mörder, Ulla! Simone ist tot, du kannst uns helfen, aber dazu müsstest du uns schon die Wahrheit sagen – Simone kann uns nichts mehr über ihren Abend erzählen.«

      Ulla starrte auf das Muster der Bettdecke.

      »Sie wollten in den Zoo«, flüsterte sie erstickt. »Später am Abend hatte sie eine Verabredung mit Onkel Ingeleif.«

      »Hat sie sich öfter mit ihm getroffen?«

      »Mit Onkel Ingeleif? Nein! Sie hatte ihn vorher nie erwähnt. Im Grunde wollte sie mir auch vorgestern nichts davon sagen, es ist ihr so rausgerutscht. Weil ich mit ihr zum Karaoke gehen wollte.«

      »Du kennst ihn also nicht?«

      Ulla schüttelte den Kopf.

      »Hat sie dich noch ein bisschen mehr über Onkel Ingeleif wissen lassen? Zum Beispiel seinen Nachnamen, sein Aussehen?«

      »Nein. Als ihr der Name rausgerutscht war, hat sie direkt erschrocken geguckt. Ich musste schwören, niemals ein Wort darüber zu verlieren.« Sie weinte leise.

      »Wann sollte denn das Treffen stattfinden?«, setzte Sven dennoch nach.

      »Es war ja ein Papa-Wochenende. Da bringt er sie immer pünktlich zu ihrer Mutter zurück. Ich glaube, sie wollte nur rasch reingehen und behaupten, wir beide seien verabredet, und zu Onkel Ingeleif verschwinden. Sie hat es nicht gesagt, aber ich habe gespürt, wie sehr sie sich darauf gefreut hat.«

      »Er ist Simones Freund, ja?«

      Ullas Augen wurden rund vor Staunen.

      »Von dem wisst ihr auch schon?«

      Sven nickte wortlos.

      »Ingeleif

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