Zwielicht. Julia Frankau

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Zwielicht - Julia Frankau

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Ich war wohl etwas zu großzügig mit der letzten Dosis meines Schlaftrunks umgegangen, und das Ergebnis war der tiefe Schlaf an der Grenze zur Bewusstlosigkeit, der mir am wenigsten gefiel – ein ausdrucksloses Vergehen der Zeit.

      Am nächsten Morgen war ich, wie immer nach einer solchen medikamentösen Orgie, schwermütig, depressiv, immer noch schläfrig – keine Spur von Glück oder Zufriedenheit. Ich fragte mich, wie es ein Dienstmädchen bei mir aushielt, denn in letzter Zeit war ich immer entweder gereizt oder sehr still. Aber nicht gemein. Gemeinheit hatte nie zu meinen Fehlern gehört, und vielleicht war das die Erklärung dafür. Suzanne fragte, wie ich geschlafen hatte, und hoffte, dass es mir besser ginge; allerdings schien mir ihre Frage obligatorisch zu sein, denn sie wartete meine Antwort erst gar nicht ab. Sie war eine große, dicke, schwerfällige Französin, völlig ohne sympathische Eigenschaften. Ich sagte ihr, sie solle weder die Jalousien hochziehen noch Kaffee bringen, bis ich nach ihr klingelte.

      "Es geht mir recht gut, aber ich möchte dennoch nicht gestört werden. Die Bediensteten sollen den Haushalt erledigen. Wenn Dr. Kennedy vorbeikommt, sagen sie ihm, ich sei zu krank für einen Besuch... "

      Ich wünschte mir oft, Diener wären dumm. Suzanne war sehr lethargisch und überhaupt nicht streitsüchtig. Ich hörte hinterher, dass sie dem Doktor meine Nachricht wörtlich übermittelte: "Madame geht es nicht gut genug, um Sie zu sehen." Immerhin milderte sie ihren Fauxpas durch die Andeutung, dass es mir morgen vielleicht besser ginge und er doch wiederkommen könne. Sein lärmendes Fahrzeug und sein unnötiges Pfeifen verdarben mir den Morgen und ich ärgerte mich erneut über Ella, weil sie ihn auf mich angesetzt hatte.

      Nach dem Mittagessen fühlte ich mich besser und stand endlich auf. Dann begann ich halbherzig eine Erkundung des Hauses und fand meinen Eindruck vom vergangenen Abend bestätigt. Das Anwesen war einsam gelegen, aber nicht wirklich abgeschieden. Überall um das Haus herum befand sich Garten – neu angelegt, unfertig, mit noch nicht ausgewachsenen Bäumen und Küchenkräutern bepflanzt. Überall wuchs harter und stacheliger Ginster. Auf der Vorderseite befanden sich viele Schlafzimmer; einige, wie mein eigenes, hatten ausladende Balkone, auf denen man ein Bett mit Rädern aufstellen konnte. Der Ort war wahrscheinlich früher einmal als Luftkurort genutzt worden. Dann muss Margaret Capel ihn übernommen und dieses und jenes verändert haben. Leider schien es ihr nicht gelungen zu sein, aus dem, was als Sanatorium vorgesehen war, ein Zuhause zu machen. Durch das Entfernen einer Trennwand waren zwei dieser Schlafzimmer zu einem einzigen gemacht worden. So war ein sehr großer Raum entstanden, in dem Eichenparkett verlegt worden war, und den ein in einer Ecke auf einem Podest stehender Steinway-Flügel dominierte. Dort stand auch ein großes Notenpult. Ich öffnete es, fand aber kein Indiz dafür, welche Musik hier gespielt worden war. Dennoch war es sehr voll und bedauerlicherweise auch sehr unordentlich. Das übrige Mobiliar bestand aus kleinen, mit Gobelin bespannten Sesseln und Stühlen, einem runden Tisch, einem großen Sofa, das man unter eines der Fenster gestellt hatte, und einigen von Anfängern gemalten Aquarellen.

      Das Esszimmer im Erdgeschoss sah unbenutzt aus und die Bibliothek roch muffig. Sie war mit offenen Schränken und Bücherregalen vollgestopft, deren obere Böden mit deprimierend aussehenden Wälzern bestückt waren, während auf den unteren Groschenromane mit gelbem Buchrücken, altmodische, dreibändige Klassiker, Zeitschriften, die zehn Jahre zurückreichten, und ein Mischmasch aus Werken von Hawley Smart, Mrs. Lovett Cameron und Charles Lever standen, allesamt mit zerrissenen Buchrücken und fehlenden Seiten. Nichts in einem dieser Räume erinnerte an Margaret Capel. Ich war froh, wieder in den Salon zurückzukehren, der sich auf demselben Stockwerk befand, aber gut proportioniert und freundlich ausgestattet war. Heute, da die Sonne vom Himmel strahlte und meine Müdigkeit zumindest teilweise verschwunden war, wirkte seine Schäbigkeit sogar gemütlich und anziehend. Der darin befindliche Schreibtisch machte seinen Reiz aus. Suzanne hatte meine Schreibsachen ausgepackt, die in einem Haufen auf der grünen Unterlage lagen und auf eine ordnende Hand warteten. Ich sah mit Befriedigung, dass es viele Schubladen gab und der Tisch sowohl geräumig als auch praktisch war. Das Sonnenlicht hatte die Aussicht aus dem Fenster verändert. Der gelbe Ginster war immer noch das auffälligste Merkmal, aber dahinter konnte man heute das Meer besser sehen, das noch etwas verschwommen und dunstig in der Ferne lag, aber unverkennbar mit dem Horizont verschmolz. Der Himmel hatte ein sommerliches Blau, obwohl es kaum Frühling war. Ich spürte, wie mein Lebensmut wieder erwachte. Erneut sagte ich mir, dass ich hier schreiben könnte, und entledigte mich so stillschweigend der Absicht, mich auszuruhen. "Arbeite, solange du Licht hast." Ich hatte nicht viel Licht, aber jemand anderen, für den ich arbeiten konnte, und vielleicht nicht mehr viel Zeit.

      Im Türrahmen erschien die "Grinsebacke", natürlich mit einem Lächeln im Gesicht und sauberer Mütze, und sagte:

      "Bitte, gnädige Frau, die Köchin möchte wissen, ob sie mit Ihnen sprechen kann; und, wenn es keine Umstände macht, es sind keine …. "

      Dann sprudelte eine lange Liste mit Haushaltsutensilien aus ihr heraus, die mich mit zunehmender Dauer immer mehr nervte. Wenigstens war der Stuhl bequem und half mir, die Aufzählung zu überstehen. Der Schreibtisch wirkte verlockend, und ich wollte allein sein. Schließlich kam die Köchin, noch bevor Mary geendet hatte, und aus dem Monolog wurde ein Duett.

      "Es gibt insgesamt nicht mehr als ein halbes Dutzend Gläser, und ich weiß nicht , was ich mit der Teekanne machen soll. Es gibt nur ein Tablett –– "

      "Und was die Kochutensilien angeht, so viele habe ich noch nie gesehen. Und alle so schmutzig! Die Küchenkommode ist seit dem Hochwasser nie gereinigt worden, würde ich meinen. Vollgestopft mit schmutzigen Tüchern und zerbrochenem Geschirr. Was den Küchentisch betrifft, da haben wir Messer ohne Griffe und Gabeln ohne Zinken; nichts, was nicht irgendwie verbeult ist; der große Fischkessel hat ein Loch so groß wie Ihre Hand, und die anderen sind unbrauchbar. Das Nudelbrett ist auch kaputt –– "

      Ich wollte mir die Ohren zuhalten und ihnen sagen, sie sollen abhauen. Ich hatte um kompetente Bedienstete gebeten und angenommen, dass kompetente Bedienstete alles, was für ihre Arbeit notwendig war, kauften oder liehen. So waren diese Dinge zu Hause gehandhabt worden. Aber dort war meine Köchin acht Jahre und mein Hausmädchen elf Jahre bei mir gewesen. Sie kannten meine Gewohnheiten, und sie wussten, dass sie mich nie mit Dingen, die den Haushalt angingen, langweilen durften – nur die Rechnungen, die waren meine Sache. Und die bezahlte meine Sekretärin.

      "Es war eine dieser Schriftstellerinnen, die vor Ihnen hier wohnte, und die nicht mehr Ahnung von Ordnung hatte als die Küchenkatze", sagte die Köchin entrüstet und warf einen misstrauischen Blick auf den Schreibtisch. Ich war hierhergekommen, um mich auszuruhen und meinen Lebenswandel umzustellen; um ein einfaches Leben zu führen, mit zwei Dienern statt fünf und allem in einem gewissen Gleichgewicht. Jetzt ertappte ich mich dabei, wie ich rücksichtslos Befehle erteilte.

      "Kaufen Sie alles, was Sie wollen; es gibt sicher ein Geschäft im Dorf. Wenn nicht, machen Sie eine Liste, und eine von Ihnen kann alles, was wir benötigen, in den Stores oder bei Harrods kaufen. Wenn es hier schmutzig ist, holen Sie sich eine Putzfrau. Irgendjemand wird schon eine kennen, vielleicht der Makler oder der Doktor." Mit diesen Worten erinnerte ich die Köchin daran, dass sie gleichzeitig auch Haushälterin war, ließ sie aber die Suppe nicht selbst auslöffeln.

      "Man kann auf einer einsamen Insel nicht Köchin und Haushälterin sein. Und ja, ich nenne dies hier eine einsame Insel. Wenn ich Sie wäre, würde ich mir den Makler schnappen, der uns angestellt hat. Er sagte, das Haus sei gut ausgestattet. Zum Teufel mit seinem gut ausgestatteten Haus! Der sollte Ihnen eigentlich das Benötigte kaufen, aber wenn Sie die Ausgaben nicht scheuen –– "

      Natürlich scheute ich die Ausgaben – nie mehr als genau jetzt, als ich vielleicht eine lange Zeit der Untätigkeit vor mir hatte. Aber andere Dinge scheute ich noch mehr. Ausführliche Erklärungen zum Haushalt zum Beispiel, und laienhafte Meinungen. Ich machte einen Kompromiss und billigte die Beschwerde beim Makler, indem ich anordnete, dass nur das absolut Unvermeidliche gekauft werden sollte.

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