Zwielicht. Julia Frankau

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Zwielicht - Julia Frankau

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hartes Urteil, charakteristisch für Sie. Sie sind ein unverblümter Realist, möchte ich meinen, hart und ein wenig unweiblich. Sie nennen die Dinge bei ihrem hässlichsten Namen, und auch mit der Feder in der Hand schreiben Sie manchmal wirklich abscheuliche Dinge. Aber Sie können mich der Welt wieder in Erinnerung rufen. Ich möchte nicht vergessen werden. Lieber möchte ich falsch dargestellt als vergessen werden. Es gibt so wenige Genies! Keats und ich – Nicht einschlafen!"

      Aber ich konnte es nicht verhindern. Immer wieder fiel mir etwas ein, das ich sie fragen wollte, aber wenn ich meine trüben Augen öffnete, war sie nicht mehr da. Der Stuhl, auf dem sie gesessen hatte, war leer, und das Feuer war zu dunkler Asche heruntergebrannt. Ich döste und träumte. In meinen Träumen hatte ich plötzlich Stil, einen wortgewaltigen, exquisiten Stil, und schrieb so eindringlich und überzeugend über Margaret Capel und Gabriel Stanton, dass die ganze Welt um sie weinte und meine Verkäufe in die Hunderttausende gingen.

      "Wir haben immer Großes von dieser Autorin erwartet, aber sie hat unsere höchsten Erwartungen übertroffen –– " Alle Rezensionen lauteten so oder so ähnlich. Für den Rest dieser Nacht war kein anderer englischer Schriftsteller berühmter als ich. Verleger und Literaturagenten belagerten meine Tür und ich musste die wunderbarsten Angebote ablehnen. Wenn ich nicht so durstig und mein Mund so trocken gewesen wäre, hätte niemand glücklicher sein können, aber die Trockenheit und der Durst ließen mich ständig aufwachen, und ich verfluchte Suzanne, weil sie mir die Wasserflasche außer Reichweite gestellt und vergessen hatte, mich mit sauren Bonbons zu versorgen. Ich erinnere mich, dass ich mich bei Margaret darüber beschwert habe.

      KAPITEL II

      Ich begann schon am nächsten Tag mit der Suche nach besagten Briefen, obwohl ich wusste, wie absurd dies war – als wäre ich noch ein Kind, das am Ende des Regenbogens den Topf mit dem Gold zu finden glaubte. Ich ließ Suzanne bei Dr. Kennedy anrufen und ihm mitteilen, dass es mir viel besser ginge und ich seinen Besuch nicht benötigte. Ich wollte einfach allein sein, um meine Suche abzuschließen und dabei nicht gestört zu werden. Obwohl es nicht stimmte, dass es mir besser ging, so war mein Gesundheitszustand zumindest nicht schlechter geworden. Mein Körper und mein Geist fühlten sich nur behäbig und matt an und aus jeder Bewegung resultierte eine fast unerträgliche Müdigkeit. Trotzdem setzte ich mich fest entschlossen und in der Absicht, jede Schublade und jede Tür zu öffnen, an den Schreibtisch. Dann rief ich Suzanne unter dem Vorwand zu Hilfe, dass ich weißes Papier zum Auskleiden der Schubladen und einen Staubwedel zum Reinigen benötigte – in Wirklichkeit sollte sie sich an meiner Stelle bücken. Leider fanden wir überall nur Leere und ganz viel Staub. Nach dem Mittagessen schlich ich ins Musikzimmer, um dort mein Glück in dem riesigen Haufen ungeordneter Notenblätter zu versuchen; aber auch diese Suche verlief erfolglos. Da es sinnlos war, noch einmal nach unten zu gehen, ging ich noch vor dem Abendessen zu Bett und verbrachte eine schlaflose Nacht mit Schmerzattacken, die mich wie Nadelstiche peinigten, und gegen die selbst mein Schlaftrunk nicht half. Ich hatte insgeheim damit gerechnet, Margaret Capel wiederzusehen, um genauere Anweisungen zu erhalten, wurde aber erneut enttäuscht.

      Der nächste Tag und viele andere waren gleichermaßen vielversprechend und erfolglos. Ich schaute an den unwahrscheinlichsten Stellen nach, bis ich erschöpft war, schleppte meinen ausgelaugten Körper herum, den mein nie nachlassendes Gehirn in eine Art ständige Scheinaktivität peitschte. Dr. Kennedy kam und ging, brabbelte immer wieder von Margaret Capel und beobachtete mich, so dachte ich zumindest, mit verwirrten, fragenden Augen. Meine Familie in London wurde ordnungsgemäß darüber informiert, wie viel besser ich mich fühlte und wie gut mir die Ruhe und Einsamkeit taten. Tatsächlich fühlte ich mich schrecklich krank und gab gegen Ende der zweiten Woche meines Aufenthalts die Suche nach Margaret Capels Briefen oder Papieren auf. Ich war immer noch entschlossen, ihre Geschichte aufzuschreiben, aber mittlerweile hatte ich mich dazu entschlossen, sie aus den Fakten zusammenzustellen, die ich von Dr. Kennedy, aus alten Zeitungsberichten und anderen Quellen erfahren konnte – und das nicht immer ganz freiwillig. Es war mir klar, dass meine Arbeit die einzige Möglichkeit war, mich vor dem zu retten, was ich zu dieser Zeit für einen geistigen und körperlichen Zusammenbruch hielt. Hin und wieder sah ich Margaret und konnte mich nie ganz freimachen von dem Gefühl, nicht allein zu sein. Wenn mich Kälteschauer durchzogen, bedeutete das, dass sie hinter mir war; Hitzewallungen zeigten an, dass sie im Begriff war, sich zu materialisieren. Normalerweise war ich der gnadenloseste Zweifler in Sachen Okkultismus, aber nun glaubte ich fest daran, dass es in Carbies spukte.

      Als ich wieder in der Lage war, vernünftig und zusammenhängend zu denken, begann ich, das wenige, was ich über die beiden Menschen wusste, von denen ich besessen war, zusammenzufügen. Denn es war nicht nur Margaret, sondern auch Gabriel Stanton, den ich in diesem Haus fühlte oder vermutete. Stanton & Co. waren meine eigenen Verleger. Ich wusste nicht, dass sie auch Margaret Capel unter Vertrag genommen hatten. Aber Gabriel war nicht der Ansprechpartner gewesen, den ich traf, wenn ich den Büros am Greyfriars' Square meine seltenen Besuche abstattete. Er beschäftigte sich nur mit den klassischen Werken, die dieses bekannte Haus herausgab. Irgendwo hatte ich gehört, dass er in Oxford als Kapazität galt und mehr über die griechischen Wurzeln wusste als jeder andere lebende Fachmann. Bei den wenigen Gelegenheiten, bei denen wir uns trafen, hatte ich ihn als ablehnend und überheblich empfunden. Er kam in den Raum, in dem ich mich mit Sir George unterhielt, und war genauso schnell wieder draußen – sagte, dass es ihm leid täte oder dass er nicht gewusst hatte, dass sein Cousin beschäftigt war. Sir George stellte uns mehr als einmal vor, aber Mr. Gabriel Stanton schien diese Begegnungen immer wieder vergessen zu haben. Ich erinnerte mich an ihn als einen großen, hageren Mann, mit tiefliegenden Augen und eingefallenem Mund; einen Gentleman, wie alle Stantons, aber das krasse Gegenteil seines liebenswürdigen Partners. Ich hatte und habe eine Schwäche für Sir George Stanton und war von ihm stets überaus freundlich empfangen worden. Vielleicht hatte auch Gabriel einen gewissen Charme besessen – immerhin galt seine Familie generell als sehr charmant; aber er hatte diesen mir gegenüber nie gezeigt. Er und sie alle waren so ehrenwert, so traditionell und unabdingbar ehrenwert, dass es schwierig war, meinen langsam arbeitenden Verstand daran zu gewöhnen, ihn als den Liebhaber einer Frau zu betrachten; als einen außerehelichen Liebhaber, wie es in diesem Fall zu sein schien. Ich schrieb an meine Sekretärin in London, um alles herauszufinden, was über Margaret Capel bekannt war. Aber bevor ich ihre Antwort erhielt, folgte eine weitere Attacke meiner Rippenfellentzündung, die mich bereits mehrmals in London gepeinigt hatte – und diese wiederum brachte Ella auf den Plan, ganz zu schweigen von diversen geldgierigen und unfähigen Fachärzten aus derselben Stadt.

      Wie ich bereits sagte, ist dies keine Geschichte meiner Krankheit und auch nicht der allumfassenden Liebe meiner Schwester, die es mir letztlich ermöglichte, sie zu überstehen, die mich immer wieder aus den Armen des Todes zwang, jenes Freundes, nach dem ich mich in meiner Schwäche manchmal sehnte. Der eigentliche Kampf fand außerhalb statt. Was mich betraf, so legte ich früh die Waffen nieder. Ich fürchtete den Schmerz mehr als den Tod, und das tue ich immer noch – das Erdulden und nicht das Eintreten, wenn ich mich beschämt von meinem eigenen, geschundenen Körper unter den Schmerzen wand und mich nur noch verstecken wollte. Dennoch schlug die Öffentlichkeit weiter auf mich ein, strömte in den Raum wie die Mittagssonne. In den Zeitungen erschienen Berichte, und sogar eine Nachrichtenagentur kam vorbei und wollte Informationen über den Verlauf meiner Krankheit. Vermutlich hatte irgendjemand sogar schon meinen Nachruf vorbereitet. Jeder wusste das, worüber ich noch immer nur Vermutungen anstellte.

      Als die Heftigkeit dieser besagten Attacke nachließ, dachte ich wieder an Margaret Capel und Gabriel Stanton, konnte aber nicht über sie sprechen. Ella wusste nichts von den früheren Bewohnern des Hauses, und aus irgendeinem unerklärlichen Grund hatte es Dr. Kennedy aufgegeben vorbeizukommen. Sein Partner, oder sein Stellvertreter, den ich an seinem dämlichen Grinsen leicht erkannte, machte trotz seiner Fröhlichkeit keinen Hehl daraus, wie hoffnungslos er meinen Zustand einschätzte. Ich hasste seine vergeblichen, ergebnislosen Untersuchungen, seine Ratschläge, bei denen er, da war ich mir sicher, seine kleinstädtische Selbstgefälligkeit am besten ausleben

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