Zwielicht. Julia Frankau

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Zwielicht - Julia Frankau

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die wussten nichts, oder sehr wenig. Und sie hätte nicht gewollt, dass sie etwas erfahren."

      "Sie wollte die Geschichte schreiben, wie auch immer diese enden würde – sie wollte sie veröffentlichen."

      "Nein!, nicht sofort, erst lange danach, wenn sie niemanden mehr damit verletzen würde. Die Briefe lagen in einer Schreibtischschublade, mit einem Gummiband zusammengehalten. Mit Papieren und Dokumenten war sie in der Regel nicht sehr ordentlich, aber diese waren sauber sortiert. Das Tagebuch war in weiches, graues Leder gebunden, und ich fand auch ein paar hin gekrakelte Notizen; lose, auf Manuskriptpapier. Über alles, was damals passiert ist; die Aufregung war riesengroß. Wie hätte ich es verantworten können, dass ihre Papiere, seine Briefe, ihre Notizen in fremde Hände fielen. Ich tat ihr einen Gefallen, wusste, dass es ihr Wunsch gewesen wäre. An dem Tag, an dem sie – an dem sie starb, sammelte ich alles Material zusammen, steckte es in meine Manteltasche; der Wagen stand vor der Tür. Ich eilte davon wie ein Dieb in der Nacht – der Dieb, für den sie mich halten."

      "Bin schnell nach Hause gefahren und habe mich den ganzen Abend daran ergötzt."

      "Aber ich schwöre Ihnen, bei meiner Ehre, ich habe das Bündel nie geöffnet. Ich habe nie einen Brief gelesen. Ich habe aus allem, was ich gefunden habe, ein großes Päckchen geschnürt – aus den Briefen, dem Tagebuch, den Notizen; ich habe alles zusammen in braunes Papier gewickelt, mit Kordel verschnürt und versiegelt."

      "Sie haben es immer noch!" Jetzt war ich sehr erregt, mein Puls raste, das Gesicht war puterrot und die Hände heiß. Mir stockte der Atem.

      "Im Safe meiner Bank. Ich brachte die Dokumente am nächsten Morgen dorthin."

      "Werden Sie mir das Päckchen geben?"

      "Aber natürlich." Plötzlich schien er sich daran zu erinnern, dass ich die Kranke und er mein Arzt war. "Wissen Sie, diese ganze Aufregung ist sehr schlecht für Sie. Ihre Schwester wird mich sicher wieder rauswerfen. Können Sie sich nicht einfach hinlegen und still sein? Ihr Puls ist von 90 auf 112 gesprungen." Seine Hand lag wieder auf meinem Handgelenk. Ich wusste, dass ich am Ende meiner Kräfte war und verfluchte meine Schwäche.

      "Sie werden Ihre Meinung nicht ändern!" Mittlerweile lag ich fast bewegungslos auf dem Rücken und versuchte seinem Rat zu folgen und mich zu beruhigen." Versprechen Sie es mir!"

      "Ich hole das Päckchen morgen früh, sobald die Bank geöffnet ist, und komme gleich damit hierher. Sie müssen einen Platz aussuchen, wo ich es hinlegen soll. Ich meine, wo Sie es sehen können und die ganze Zeit wissen, dass es da ist. Aber Sie dürfen es nicht öffnen, dazu muss es Ihnen erst besser gehen. Sie verstehen doch, dass Sie es noch nicht öffnen dürfen?"

      "Doch, das werde ich."

      "Das wäre sehr falsch. Es würde Ihnen nicht guttun."

      "Ich habe es satt, herumkommandiert zu werden." Ich konnte mich kaum noch bewegen, das Atmen fiel mir immer schwerer und ich hatte das Gefühl drohender Ohnmacht, des Erstickens – der Raum wurde zusehends dunkler. Kennedy öffnete die Tür und rief die Krankenschwester, die kurz darauf mit Ella hereinkam. Das zumindest hatte ich noch erkannt.

      "Was nimmt sie, wenn es ihr so geht? Riechsalz, Brandy?" Die Krankenschwester fächelte mir langsam Luft zu, da meine Wangen sehr gerötet waren.

      Ella öffnete leise die Fenster, sodass der Duft des Ginsters in den Raum strömen konnte. Ich wollte nicht sprechen, nur in der Lage sein zu atmen.

      Die Krankenschwester warf Dr. Kennedy einen fragenden Blick zu. Strychnin?, fragten ihre stummen Lippen. Er schüttelte den Kopf.

      "Sauerstoff. Haben Sie eine Sauerstoffflasche im Haus?" Er zog mir die Kissen unter meinem Kopf weg.

      Ich weiß nicht mehr, was sie alles versucht oder nicht versucht haben. Jedes Mal, wenn ich die Augen öffnete, suchte ich nach Ellas. Ich wusste, sie würde nicht zulassen, dass mir irgendetwas angetan wurde, was den Schmerz zurückbringen könnte. Ich war nur übermüdet, und nach kurzer Zeit konnte ich das auch zum Ausdruck bringen. Als es mir endlich besser ging und Dr. Kennedy weg war, sagte Ella ein oder zwei herbe Worte über ihn. Auch die Krankenschwester fand, dass man sie früher hätte rufen sollen. Sie war eine gute Krankenschwester, war aber weder einverstanden mit meiner ganzen bisherigen Behandlung noch mit meinem Wechsel des Arztes, meinem Widerstand gegen jegliche Autorität und Ellas Einmischung.

      "Ella." Sie hatte am Feuer gesessen, kam aber sofort zu mir herüber.

      "Was ist los? Ich werde nur noch kurz hierbleiben, dann überlasse ich dich der Krankenschwester. Dieser Mann war zu lange bei dir und hat dich ausgelaugt. Er darf nicht mehr herkommen, da er keine Ahnung von dem hat, was dir wirklich fehlt."

      "Doch, das versteht er sehr gut." Obwohl meine Stimme noch etwas schwach war, schaffte ich es irgendwie, sie eindringlich klingen zu lassen. "Ella, ich will ihn morgen früh wiedersehen, das darf nichts und niemand verhindern. Sprich nicht schlecht über ihn, ich will, dass er kommt."

      "Dann soll es so sein", entschied sie prompt. Trotz meiner furchtbaren Schwäche und Atemnot lächelte ich sie an.

      "Ich fürchte, du hast dich in ihn verliebt", sagte sie. Liebe und Liebeswerben waren ihr halbes Leben, das Spiel, das sie am faszinierendsten fand. Mit meinem eigentlichen Anliegen hatte jedoch beides nichts zu tun.

      "Sieh zu, dass er kommt. Das ist alles, was ich will. Egal, wie krank ich bin, oder ob ich überhaupt krank bin, er soll kommen."

      "Hast du seine Kleidung bemerkt?"

      "Oh, ja!"

      Die Krankenschwester muss gedacht haben, wir seien beide verrückt geworden. Aber sie kam einfach nur zu mir herüber, verlagerte mich in eine bequemere Position, fächerte mir wieder zu, bis es mir etwas besser ging, und brachte dann den Schwamm, Eau de Cologne und Wasser, um mein Gesicht und meine heißen Hände zu waschen. Sie sagte Ella, dass sie gehen solle, dass ich allein sein müsse und besser schlafen würde, wenn ich auf mich allein gestellt wäre – und Ella wollte nur das Beste für mich.

      "Ich bin sicher, dass Sie recht haben, Schwester. Ich werde nicht nochmal reinkommen. Schlaf gut."

      "Du bist wirklich sicher?"

      "Sicher, dass Dr. Kennedy morgen früh kommen wird, und wenn ich ihn hierher schleifen muss. Es ist allerdings schade, dass du einen Henker einem richtigen Doktor gegenüber bevorzugst; er scheint dir jedes Mal, wenn er kommt, mehr zu schaden. Du hattest deinen schlimmsten Anfall, als er vorhin hier war. Gute Nacht! Ich wünschte, du hättest einen besseren Geschmack."

      Sie behielt ihren lässigen Tonfall bis zum Schluss bei, obwohl ich sehr wohl bemerkt hatte, dass sie vor Sorge und Mitgefühl blass geworden war. Vor Tagen hatte sie mich gefragt, ob die Krankenschwestern gut und freundlich zu mir seien und ob ich sie mochte, woraufhin ich ihr versichert hatte, dass zumindest diese hier die beste war, die ich jemals hatte, klug und unermüdlich. Wenn sie nur nicht so selbstsicher gewesen wäre und immer besser wusste, was gut für mich war, hätte ich sie für perfekt gehalten. Sie hatte eine entzückende Stimme, berührte mich nie unnötig oder rumpelte gar gegen das Bett. Aber sie war jünger als ich, und deswegen nahm ich ihr ihre Fachkenntnis übel. Wir gerieten oft aneinander, denn ich war eine schlechte Kranke, ständig auf Konfrontation aus. Ich hatte noch nicht begriffen, wie man sich als Kranke verhält! Ich lernte diese Lektion ebenso langsam wie grausam, obwohl ich Benhams Qualitäten schon lange vorher erkannt habe, bevor ich ihr schlussendlich nachgab. Jetzt war ich froh, dass Ella gehen und die Krankenschwester

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