Zwielicht. Julia Frankau

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zwielicht - Julia Frankau страница 13

Автор:
Серия:
Издательство:
Zwielicht - Julia Frankau

Скачать книгу

das machte meine Stimmung, mein Wohlbefinden, um so viel schlechter.

      Jede Nacht und jeden Morgen gaben sie mir meine Morphiumspritzen – bis zu dem Morgen, an dem ich sie verweigerte, sehr zur Überraschung von Dr. Kennedy und entgegen Benhams Protesten.

      "Sie tun Ihnen gut, und Sie werden sie hoffentlich nicht vollkommen ablehnen?"

      "Sie können mir heute Abend wieder eine verabreichen. Tagsüber brauche ich keine. Die Blutung hat aufgehört." Dr. Kennedy unterstützte meine Ablehnung. Ich muss zugeben, die nächsten Tage waren grässlich. Ich fühlte mich völlig krank und hilflos, und wurde mir schrecklich dessen bewusst, was alles um mich herum vor sich ging. Die mit so einer extremen Krankheit einhergehenden Notwendigkeiten sind für einen denkenden Menschen mit normalen körperlichen Gewohnheiten fast unerträglich. Die Schnabeltasse, das gluckernde Wasserbett, der Verlust jeder Privatsphäre, kommen stündlich wiederkehrenden Demütigungen gleich. Man verliert selbst seine bescheidensten Ansprüche. Aber langsam ging es mir wieder besser, obwohl niemand, wie ich hinterher hörte, erwartet hatte, dass ich überleben würde. Die Ärzte hatten mich aufgegeben, ebenso die Krankenschwestern. Nur Dr. Kennedy und Ella weigerten sich, die Hoffnungslosigkeit zu akzeptieren. Je besser es mir ging, desto überheblicher wurde Ella – ganz im Gegensatz zu Benham. Die eine zog mich hübsch an, fertigte adrette Mützen aus Spitze und Schleifen, schickte nach London, um dort wunderbare Jacken und Nachthemden zu besorgen, und tat insgesamt so, als sei ich außer Gefahr und auf dem Weg der Genesung, lange bevor ich überhaupt normale Temperatur hatte. Benham hingegen widersetzte sich all dem Luxus, den Ella und ich angeordnet hatten, und gegen den Dr. Kennedy nie protestiert hatte. Besucher zu empfangen, im Bett aufzusitzen, Zeitungen zu lesen, die diätetische Ernährung einer Kranken gegen Kaviar und Gänseleber aufzugeben –fetthaltige und schwer verdauliche Gerichte. Benham verachtete Dr. Kennedy und behauptete, man könnte seine Anordnungen leicht umgehen und ihn im Gegenteil dazu bringen, das zu sagen, was immer wir wollten. Mehr als einmal drohte sie damit, ihre Stellung zu kündigen. Aber ich wollte nicht, dass sie geht. Ich wusste, auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, dass meine Gesundung nicht gesichert war. Ich hatte kein wirkliches Selbstvertrauen, war viel schwächer als alle anderen um mich herum vermuteten, und zeigte beunruhigende Symptome. Es erschöpfte mich, mich ständig mit ihr zu streiten, was ich ihr eines Tages auch sagte, ebenso, dass sie meine Genesung hinauszögerte. "Ich bin älter als Sie, und ich hasse es, wenn man mir Befehle erteilt oder widerspricht."

      "Aber ich bin so viel erfahrener was Krankheiten angeht. Sie wissen, dass ich nur das Beste für Sie will. Sie sind nicht mal stark genug, um die Hälfte der Dinge zu tun, die Sie vorhaben. Sich wickeln Dr. Kennedy um den kleinen Finger, Sie und Mrs. Lovegrove. Er weiß sehr wohl, dass Sie nicht aufstehen und sich mit Menschen treffen sollen. Als nächstes werden Sie noch ins Erdgeschoss gehen wollen. Und dann diese Dinge, die Sie essen!"

      "Und nächste Woche werde ich hinuntergehen. Aber ich nehme an, ich werde schon erschöpft sein, bevor ich an der Treppe bin, nur weil ich wieder mit Ihnen darüber streite, ob ich gehen sollte oder nicht."

      Zu diesem Zeitpunkt war ich die Nachtschwester erfolgreich losgeworden, und Benham kümmerte sich Tag und Nacht hingebungsvoll um mich. Sie war längst nicht mehr gleichgültig. Dennoch reizte sie mich aufs Äußerste, und wir stritten unerbittlich. Ging es mir allerdings nur ein kleines bisschen schlechter, bekam ich sie nicht mehr aus dem Zimmer. Sie machte mir nie Vorwürfe, das muss ich ihr zugutehalten. Als mir meine Galle ein krankhaft üppiges Abendessen mit Melone und Hummer amerikanischer Art sehr übelnahm, stand sie stundenlang an meiner Seite und probierte jede erdenkliche Medizin – und ohne ein Wort des Vorwurfs.

      Nach meiner Blutung hatte ich ein paar Wochen Ruhe vor der Nervenentzündung, aber dann setzte sie wieder ein. Ich schrie nach meinem dereinst aufgegebenen Schlaftrunk, aber Peter Kennedy und Schwester Benham stimmten ausnahmsweise einmal in ihrer Meinung überein und überredeten – oder besser zwangen mich – zur Einnahme von Codein. Die geschätzte Halbschwester meines geliebten Morphiums und ich wurden sofort Freunde. Drei oder vier Tage später verschwand die Nervenentzündung plötzlich und kam nie mehr zurück. Eines Nachts nahm ich zusätzlich meinen Schlaftrunk, und in dieser Nacht sah ich Margaret Capel wieder.

      "Wann werden Sie anfangen?", fragte sie sofort.

      "Sobald ich einen Griffel halten kann. Momentan zittert meine Hand noch. Außerdem sind Ella oder die Krankenschwester immer bei mir. Ich bin nie allein."

      "Sie haben mich ganz vergessen", sagte sie voller unbeschreiblicher Traurigkeit. "Sie wollen meine Geschichte überhaupt nicht mehr schreiben."

      "Nein, ich habe Sie nicht vergessen. Und ich werde schreiben. Aber wenn man so krank war –– ." Fast flehte ich sie an.

      "Andere Menschen schreiben auch, wenn sie krank sind. Erinnern Sie sich an Green und Robert Louis Stevenson. Und was mich betrifft, ich habe mich nie wirklich wohl gefühlt."

      Am nächsten Tag, bevor Dr. Kennedy kam, bat ich Benham, uns beide allein zu lassen. Er kam immer noch täglich, aber sie missbilligte seine Methoden mehr und mehr und sagte mir, dass sie nur im Raum blieb und ihm ihren Bericht erstattete, weil sie es für ihre Pflicht hielt. Die beiden standen sich diametral entgegen. Ihr Verstand arbeitete wissenschaftlich, weswegen sie fest an medizinisches Fachwissen glaubte. Sein Verstand war einfallsreich, manchmal planlos, zweifelnd, aber aufgeschlossen und nachfragend. Beide waren an mir interessiert, hatte mir zumindest Ella versichert. Mittlerweile war sie damit zufrieden, wie mich der Doktor als auch die Krankenschwester versorgten. Mindestens eine Woche war vergangen, seit sie das letzte Mal einen der beiden ersetzen wollte.

      Als wir allein waren, sagte Dr. Kennedy dasselbe, was er gesagt hätte, wenn die Krankenschwester neben ihm gestanden wäre:

      "Nun, wie geht es Ihnen heute?"

      "Hervorragend." Und dann fragte ich ihn ohne Umschweife, obwohl wir seit Wochen nicht mehr darüber gesprochen hatten und in der Zwischenzeit so viel passiert war: "Was haben Sie mit dem Päckchen gemacht? Ich möchte es jetzt haben. Mir geht es bereits ziemlich gut."

      "Sie haben sie seitdem nicht mehr gesehen?"

      "Doch, immer und immer wieder. Sie denkt, ich drücke mich vor der Verantwortung."

      "Geht es Ihnen gut genug, um zu schreiben?"

      "Mir geht es gut genug, um zu lesen. Wann werden Sie mir die Briefe bringen?"

      "Ich habe sie gebracht, wie ich es versprochen habe, an dem Tag, als Sie krank wurden."

      "Wo sind sie?"

      "In der ersten Schublade auf der rechten Seite der Kommode." Er drehte sich zu dem Möbelstück um. "Das heißt, wenn sie niemand dort weggenommen hat. Ich legte das Päckchen selbst hinein und sagte der Krankenschwester, dass niemand es anfassen dürfe. Die Utensilien für das Morphium liegen an der gleichen Stelle. Ich weiß nicht, was sie darin vermutet, vielleicht ein neues und genauso nutzloses Medikament oder irgendeinen Apparat; sie hat keine gute Meinung von mir, wissen Sie. Solange Sie die Spritzen erhielten, konnte ich es jede Nacht und jeden Morgen sehen."

      "Schauen Sie, ob es noch da ist."

      Er ging hinüber und öffnete die Schublade:

      "Es ist tatsächlich noch da."

      "Oh! Reden Sie nicht wie eine Krankenschwester", sagte ich ungeduldig. "Ich bin gesund genug, um es zu öffnen."

      Er brachte es mir und legte es in meine Hände, ein gewöhnliches, in braunes Papier eingeschlagenes Päckchen, mit Kordel verzurrt und mit einem schweren, unbeholfen angebrachten Placken Siegellack gesichert.

Скачать книгу