Zwielicht. Julia Frankau

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Zwielicht - Julia Frankau

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paar "Aber" beiseite und schickte die beiden schließlich weg. Ich ertappte mich dabei, wie ich mich nach Ella sehnte, die mir diesen und jeden anderen Ärger erspart hätte. Dann verwarf ich meinen Wunsch, sie hierherzuholen, und entschloss mich dazu, mich über die Abgeschiedenheit zu freuen, meine Freiheit zu genießen. Ohne mir irgendwelche Kommentare anhören zu müssen, konnte ich so krank aussehen, wie ich wollte. Ich konnte irgendwohin sitzen, ohne mich vorher zurechtzumachen, und niemand würde mich fragen, ob ich mich schlecht fühlte, ob der Schmerz stärker werden würde, oder ob jemand etwas für mich tun könnte. Und dann, so erinnere ich mich, stiegen mir Dummkopf die Tränen in die Augen, weil ich einsam und mir sicher war, dass ich sogar Ellas Geduld erschöpft hatte. Ich fragte mich, wie jemand eine lange Krankheit verkraften konnte – am wenigsten jemand wie ich, der Arbeit und vor allem Unabhängigkeit und Freiheit liebte. Ich wusste schon damals, dass die Zeit kommen würde, in der ich weder arbeiten konnte noch unabhängig sein würde; dieser Schatten lag schon an jenem ersten Nachmittag in Carbies auf mir. Als die Tränen versiegt waren und ich wieder schreiben konnte, schickte ich Ella eine Postkarte, mit der ich ihr sagte, dass es mir recht gut ginge und sie sich nicht um mich sorgen möge.

      "Mir gefällt das Haus, ich bin sicher, dass ich hier schreiben kann. Lassen Sie es sich nicht einfallen, hierherzukommen, und halten Sie mir den Rest der Familie vom Leib, wenn Sie können –– "

      Den Rest des abends verbrachte ich damit, mich doch nach ihr zu sehnen; insgeheim hoffte ich, sie würde mich nicht beim Wort nehmen, und dass sie vielleicht doch kommen würde, obwohl ich es ihr quasi verboten hatte – dass sie mich kennen sollte.

      An diesem Abend nahm ich weniger von dem Schlaftrunk ein, sah aber Margaret Capel dennoch lebendiger und klarer. Dieses Mal blieb sie auch sehr lange bei mir, trug einen blauen Peigneur, das Haar offen, und sah sehr jung und mädchenhaft aus. Als sie ging, sah ich Zwerge und Feen, und danach rauschte und flutete das Meer um mich herum, als wäre ich auf einer Jacht gewesen. Als die Jacht in einer großen Welle unterging, holte mich die Besinnungslosigkeit ein – oder, sagen wir, eine Art Dämmerschlaf.

      Aber ich wollte Ihnen eigentlich nicht die Geschichte meiner Krankheit erzählen. Ich würde es schon gerne, aber ich fürchte, es wäre weder für die breite Öffentlichkeit noch für die jungen Leute, die sicher unter meinen Lesern zu finden sind, von Interesse. Dennoch gab es Zeiten, in denen ich glaubte, sowohl damals als auch danach, dass es eine gewisse Öffentlichkeit geben musste, die hören wollte, was man tut und denkt, und wie man leidet, wenn einen diese Krankheit unversehens in Beschlag nimmt; alle Lebensinteressen verändern sich und beschränken sich irgendwann auf Fiebermessen und "Zeit für die Medizin", auf Widerstand gegen die Ratschläge der Krankenschwester, oder widerstandslose Duldung der eigenen Schwäche, auf Hass und Verachtung gegenüber Ärzten und eine stumme, blinde Wut gegen das Schicksal, auf den Schmerz und die Schlafmittel, die dieser zwangsläufig erforderlich macht.

      Obwohl ich mich stundenlang im Freien aufhielt und meine Griffel in ihrem Kästchen ruhen ließ, kurierte mich Pineland nicht. Unter fortwährenden Schmerzen wurde ich mürrisch und nachtragend, immer übellauniger und wünschte mir mehr Einsamkeit. Dr. Kennedy kam häufig vorbei. Manchmal ließ ich ihn zu mir und manchmal nicht, je nachdem, wie es mir gerade passte. Er kam nie, ohne von der ehemaligen Bewohnerin des Hauses zu sprechen, von Margaret Capel. Er schien sich sehr wenig für mich persönlich oder meinen Zustand zu interessieren. Und ich war zu stolz (oder zu dumm), um ihm diesen bewusst zu machen. Ich fragte ihn einmal ziemlich rüde, ob er in Margaret Capel verliebt gewesen sei. Er antwortete ganz einfach, als ob er ein Kind gewesen wäre:

      "Er hatte keine Chance. Ich wusste von Anfang an, dass es keine Chance für ihn gab."

      "Es gab da noch jemanden? "

      "Er kam immer mal wieder. Ich traf ihn nur selten. Und dann waren da noch diese Umstände. Sie befand sich irgendwo zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen Scheidungsurteil, sozusagen mitten im Mahlwerk der Justiz –– "

      "Oh, ja, jetzt erinnere ich mich. Sie war geschieden."

      "Nein, war sie nicht. Sie war im Begriff, sich von ihrem Mann scheiden zu lassen", antwortete er ziemlich scharf und ein wenig bedrückt. Gerichtshöfe nennt man sie, aber Unrechtshöfe wäre ein passenderer Name. Sie stellten ihr Fragen über Fragen, spannten sie auf die Folter; keine Inquisition hätte schlimmer sein können. Und danach war sie gebrochen –– "

      "Aber da gab es noch jemanden, das haben Sie gerade selbst gesagt, es gab da noch jemanden. Wahrscheinlich waren diese bohrenden Fragen, diese Folterqualen, dessen Verdienst. Ich persönlich bin Monogamist", erwiderte ich. Nicht, dass ich wirklich engstirnig oder eine Pharisäerin gewesen wäre, ich war einfach nur auf Streit aus und in den Fängen meiner eigenen Qualen. "Wahrscheinlich geschah ihr alles, was sie erlitt, recht", fügte ich gleichgültig hinzu.

      "Es geschah alles danach. Ich dachte, Sie wüssten das", sagte er zusammenhanglos.

      "Ich weiß nichts, außer, dass Sie ständig von Margaret Capel sprechen – und dass ich dieses Themas etwas überdrüssig bin", antwortete ich schelmisch. "Wer war der Mann?"

      "Der Mann!"

      "Ja, der Mann, der sie hin und wieder besuchte!"

      "Gabriel Stanton."

      "Gabriel Stanton!" Plötzlich saß ich aufrecht in meinem Stuhl und war zutiefst erschrocken. "Gabriel Stanton", wiederholte ich, und dann, etwas dümmlich: "Sind Sie sicher?"

      "Sehr sicher. Aber ich werde nicht mehr darüber sprechen, da es Sie ja langweilt. Dieses Haus ist mir zu merkwürdig, und Sie wirkten so verständnisvoll, so interessiert an der Geschichte. Außerdem darf ich Sie nicht einmal untersuchen."

      "Sie haben sich auch nicht wirklich angestrengt, oder?"

      "Sie speisen mich doch jedes Mal ab, wenn ich wissen möchte, wie es Ihnen geht, oder andere Fragen stelle."

      "Zu was soll das gut sein? Ich war schon bei zwölf Ärzten in London."

      "London hat kein Monopol auf talentierte Ärzte." Er nahm seinen Hut und dann meine Hand.

      "Beleidigt?", fragte ich ihn.

      "Nein. Aber mein Partner kommt morgen heim, und ich werde sie an ihn überstellen. Es ist eigentlich sein Fall."

      "Ich weigere mich, irgendjemandes Fall zu sein. Ich habe von den besten Fachleuten gehört, dass niemand wirklich etwas über Nervenentzündung weiß und dass sie praktisch unheilbar ist. Man muss leiden und noch mehr leiden. Selbst Almroth Wright hat noch kein Gegenmittel gefunden. Mein Schlaftrunk verschafft mir etwas Erleichterung, und das ist alles, was ich an Behandlung will – Erleichterung!"

      "Er tut ihnen nicht gut. Und wie kommen Sie darauf, dass Sie eine Nervenentzündung haben?"

      "An was hat denn Ihre Margaret gelitten?", antwortete ich spöttisch. "Haben Sie das je herausgefunden?"

      "Nein –– ja. Natürlich habe ich das."

      "Haben Sie sie jemals untersucht?" Ich war neugierig, das zu erfahren – plötzlich und ohne echten Anlass richtig neugierig.

      "Warum fragen Sie?" Sein Gesicht hatte sich verändert, und mir war klar, dass die Frage gemein oder gar unverschämt gewesen war. Abrupt ließ er meine Hand los, die er die ganze Zeit gehalten hatte. "Ich habe alles getan, was ein Arzt tun konnte." Er war offensichtlich erschüttert und ich schämte mich deswegen.

      "Gehen Sie noch nicht. Setzen Sie sich und trinken Sie eine Tasse Tee mit mir. Ich bin jetzt seit drei Wochen hier und habe jede Mahlzeit allein

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