Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

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Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo

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Ordnung, der Bedeutung und der Kreise der lila gelangen. Ich sage „anfänglich“, da die Göttliche Wirklichkeit nicht so einfach ist, dass du sie bei der ersten Berührung gleich zu erkennen oder in eine einzige Formel zu pressen vermagst; sie ist das Unendliche und öffnet vor dir unendliches Wissen, gegenüber dem alle Wissenschaft zusammengenommen nur eine Bagatelle ist. Du berührst das Wesentliche, das Ewige hinter den Dingen, und im Licht von jenem wird alles zuinnerst leuchtend und verständlich werden.

      Ich habe dir früher schon einmal gesagt, was ich davon halte, wenn gewisse Wissenschaftler, die es gut meinen, an der Oberfläche – oder der scheinbaren Oberfläche – der spirituellen Wirklichkeit, die hinter den Dingen steht, sinnlos herumkritisieren, und ich brauchte es daher nicht nochmals zu tun. Viel wichtiger sind die Vorzeichen einer größeren Gefahr, die durch den neuen Angriff des Gegners, nämlich des Skeptikers, gegen die Gültigkeit spiritueller und überphysischer Erfahrung aufkommt – seine neueste Vernichtungstaktik, die darin besteht, diese anzuerkennen und in seinem eigenen Sinn zu deuten. Dies könnte durchaus ein Grund zur Befürchtung sein; doch zweifle ich, wenn diese Dinge einmal der Prüfung unterzogen sein werden, ob das Mental der Menschheit sich lange mit Erklärungen zufrieden geben wird, die so unbefriedigend oberflächlich und äußerlich sind – Erklärungen, die nichts erklären. Nicht nur diejenigen, die die Religion verteidigen, scheinen eine unvernünftige, leicht zu widerlegende Haltung einzunehmen, indem sie auf der nur subjektiven Gültigkeit spiritueller Erfahrung beharren, sondern auch der Gegner scheint unwissentlich die Tore der materialistischen Festung freizugeben durch seine Bereitwilligkeit, spirituelle und überphysische Erfahrung überhaupt zuzugeben und zu prüfen. Seine Verschanzung im physischen Bereich, seine Weigerung, überphysische Dinge anzuerkennen oder zu prüfen, waren die Wehr seiner großen Sicherheit; ist diese einmal aufgegeben, wird das menschliche Mental nach etwas weniger Negativem drängen und in einer förderlich positiven Haltung über die tote Masse der Theorien und über die Scherben annullierender Erklärungen und erfindungsreicher psychologischer Etikettierungen hinweggehen. Eine andere Gefahr mag dann aufkommen, nicht die einer endgültigen Leugnung der Wahrheit, sondern die Wiederholung vergangener Fehler in alter oder neuer Form; nämlich auf der einen Seite die Wiederbelebung eines blinden, fanatischen, obskuren und sektiererischen Religionismus, auf der anderen Seite ein Stolpern in die Gräben und Sümpfe des vitalistischen Okkulten und des Pseudospirituellen – Fehler, aus denen der materialistische Angriff der Vergangenheit seine ganze Kraft und sein credo bezog. Doch dies sind Erscheinungen, die uns immer an der Grenzlinie oder im Bereich zwischen materieller Dunkelheit und dem vollendeten Glanz begegnen. Trotz allem, der Sieg des höchsten Lichtes, selbst im dunklen Erdbewusstsein, besteht als die eine höchste Gewissheit.

      Kunst, Dichtung, Musik sind nicht Yoga, keine in sich spirituellen Dinge, ebensowenig wie Philosophie oder Wissenschaft etwas Spirituelles ist. Hier lauert eine seltsame weitere Unfähigkeit des modernen Intellektes, sein Unvermögen, zwischen Mental und Spirit zu unterscheiden, seine Bereitwilligkeit, mentalen, moralischen und ästhetischen Idealismus für Spiritualität zu halten und dessen untere Stufen für spirituelle Werte. Es stimmt, die mentalen Intuitionen des Metaphysikers oder Dichters bleiben weit hinter einer konkreten spirituellen Erfahrung zurück; sie sind ferne Blitze, verschwommene Spiegelungen und nicht die Strahlen aus dem innersten Licht. Es stimmt weiterhin, dass, von oben betrachtet, kein großer Unterschied besteht zwischen den hohen geistigen Höhen und dem niederen Emporarbeiten dieses äußeren Daseins. Alle Kräfte der lila sehen von oben gleich aus, alle sind Verhüllungen des Göttlichen. Doch man muss hinzufügen, dass alles als ein anfängliches Hilfsmittel zur Verwirklichung des Göttlichen verwandt werden kann. Eine philosophische Äußerung über den Atman ist eine mentale Formulierung, sie ist nicht Wissen, nicht Erfahrung; dennoch wird sie vom Göttlichen manchmal zum Anlass einer Berührung genommen; es ist seltsam, eine Barriere im Mental bricht nieder, etwas wird erkannt, es vollzieht sich eine tiefe Wandlung in einem inneren Teil, etwas Stilles, Gleichmütiges, Unsägliches dringt in die Tiefen der menschlichen Natur. Oder man steht auf einem Bergkamm und erblickt oder fühlt eine Größe, ein Durchdrungensein, eine namenlose Weite in der Natur; dann plötzlich die Berührung – eine Enthüllung, ein Fluten, das Mental verliert sich im Spirituellen, man hält dem ersten Einbruch des Unendlichen stand. Oder du stehst vor einem Tempel der Kali an einem heiligen Fluss und siehst eine Skulptur, ein feines Stück Bildhauerarbeit, doch an ihrer Stelle in einem jähen Augenblick, geheimnisvoll, unerwartet, ist da eine Gegenwart, eine Macht, ein Gesicht, das in das deine blickt, deine innere Schau hat die Welt-Mutter erkannt. Ähnliche Berührungen können über die Kunst, die Musik, die Dichtung zu demjenigen kommen, der sie hervorbringt, oder zu einem, der die Gewalt des Wortes fühlt, den verborgenen Sinn einer Form, die Botschaft im Klang, die vielleicht mehr enthält, als vom Komponisten bewusst beabsichtigt war. Alle Dinge der lila, des Göttlichen Spiels, können zu Fenstern werden, die sich einer verborgenen Wirklichkeit öffnen. Und dennoch, solange man sich damit zufrieden gibt, durch Fenster zu blicken, ist nur ein erster Erfolg zu verzeichnen; eines Tages wird man den Pilgerstab nehmen müssen und sich auf die Wanderschaft machen nach dort, wo die Wirklichkeit für immer manifest und gegenwärtig ist. Noch weniger aber kann es spirituell befriedigen, bei jenen verschwommenen Spiegelungen zu verweilen, und die Suche nach dem Licht, das jene darzustellen suchen, drängt sich auf. Doch da diese Wirklichkeit und dieses Licht sowohl in uns als auch in einem hohen Bereich über der sterblichen Ebene sind, können wir bei unserer Suche danach viele Bilder und Tätigkeiten des Lebens verwenden; so wie man eine Blume, ein Gebet, eine Tat dem Göttlichen darbringt, kann man ebenfalls eine erschaffene Form, die die Schönheit ausdrückt, ein Lied, ein Gedicht, ein Bildnis, eine Melodie darbringen und hierdurch zu einer Berührung, einer Erwiderung und Erfahrung gelangen. Und wenn man in dieses göttliche Bewusstsein eingetreten ist oder wenn es innerlich wächst, dann ist dessen Ausdruck im Leben durch diese Dinge ebenfalls nicht vom Yoga ausgeschlossen; diese schöpferischen Tätigkeiten können ihren Platz behalten, doch nicht einen wichtigeren Platz als irgendwelche anderen, die man zu göttlichem Gebrauch und Dienst ausübt. Kunst, Musik, Dichtung in ihrer gewöhnlichen Auswirkung schaffen mentale und vitale, keine spirituellen Werte; sie können aber einem höheren Ziel zugewandt werden und dann, wie alles Übrige, unser Bewusstsein mit dem Göttlichen verbinden, sie werden verwandelt, werden spirituell und können als Teil der Yogadisziplin dienen. Alle Dinge nehmen einen neuen Wert an, nicht durch sich selbst, sondern durch das Bewusstsein, das sie gebraucht, denn es gibt nur eine notwendige, wesentliche und unerlässliche Sache, und das ist, sich der Göttlichen Wirklichkeit bewusst zu werden und darin zu leben und immer darin zu leben.

      *

      Das Problem besteht darin, dass du als Nichtwissenschaftler versuchst, deine Ideen dem schwierigsten, weil stofflichsten Gebiet der Wissenschaft aufzuerlegen, nämlich der Physik. Doch nur wenn du selbst ein Wissenschaftler wärst und deine Ideen oder auch deine eigenen Entdeckungen auf universal-wissenschaftlich anerkannte Tatsachen gründen könntest, würdest du – und selbst dann nur schwerlich – Beachtung finden oder wäre deine Meinung von Gewicht. Andernfalls gibst du dich der Anschuldigung preis, etwas auf einem Gebiet zu behaupten, auf dem du keine Autorität besitzt, genauso wie es der Wissenschaftler tut, sobald er seine Entdeckungen zur Grundlage für die Behauptung macht, es gäbe keinen Gott. Wenn der Wissenschaftler sagt, dass „wissenschaftlich betrachtet, Gott eine nicht länger notwendige Hypothese sei“, dann spricht er baren Unsinn, denn das Dasein Gottes ist und war nie als eine wissenschaftliche Hypothese, und kann es auch nicht sein, und auch kein wissenschaftliches Problem, denn es war immer ein spirituelles oder metaphysisches Problem. Du kannst wissenschaftlich überhaupt nicht darüber diskutieren, weder pro noch contra. Der Metaphysiker oder spirituell Suchende hat das Recht zu betonen, dass dies unsinnig sei; doch wenn du das gleiche mit dem Wissenschaftler im Bereich der Wissenschaft tust, läufst du Gefahr, dass man dir mit dem gleichen Einwand begegnet.

      Was die Einheit allen Wissens anbelangt, so ist dies etwas in posse und nicht in esse. Die mechanische Methode, Wissen zu erlangen, führt zu bestimmten Ergebnissen, die höhere Methode führt zu bestimmten anderen Ergebnissen. und diese können an vielen Punkten grundsätzlich verschieden sein. Wie soll man den Unterschied überbrücken, da jede in ihrem eigenen Bereich gültig zu sein scheint; dies ist ein noch zu lösendes Problem, doch kannst du es nicht auf die Weise lösen, die du vorschlägst, am wenigsten

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