Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

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Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo

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Sinne noch dem Bereich der rationalen oder wissenschaftlichen Prüfung angehört. Genauso wie die wissenschaftliche Forschung den Bereich der physischen Sinne verlässt und in den Bereich des unendlich Großen und unendlich Kleinen eintritt, über den die Sinne nichts aussagen und den sie nicht prüfen können – denn man kann ein Elektron weder sehen noch berühren oder durch das Sinnen-Mental entscheiden, ob es vorhanden ist oder nicht; oder aber entscheiden, ob die Erde sich wirklich um die Sonne dreht und nicht vielmehr die Sonne um die Erde, wie es uns unsere Sinne und die ganze physische Erfahrung täglich wahrnehmen lassen –, genauso überschreitet spirituelle Suche den Bereich wissenschaftlicher oder rationaler Forschung, und es ist unmöglich, mit Hilfe der gewöhnlichen positiven Vernunft die Tatsachen spiritueller Erfahrung zu prüfen und zu entscheiden, ob diese Dinge vorhanden sind oder nicht und welcher Art ihr Gesetz und ihre Natur ist. Wie in der Wissenschaft so musst du auch hier Erfahrung zu Erfahrung fügen, treulich den Methoden folgen, die durch den Guru oder die Systeme der Vergangenheit festgelegt wurden, du musst ein intuitives Unterscheidungsvermögen entwickeln, das die Erfahrungen vergleicht, das erkennt, was sie bedeuten und inwieweit und in welchem Bereich jede gültig ist, welchen Platz eine jede im Ganzen einnimmt, inwiefern sie mit anderen, die ihr zunächst zu widersprechen scheinen, in Einklang oder in Bezug gebracht werden kann, usw. usw., bis du dich mit sicherem Wissen in dem Feld spiritueller Erfahrung bewegst. Ich selbst habe die andere Methode erprobt und fand sie vollkommen unbrauchbar und unanwendbar. Andererseits musst du, wenn du nicht bereit bist, all dies auf dich zu nehmen – wie es nur wenige vermögen, außer jene mit einer außergewöhnlichen spirituellen Veranlagung –, die Führung eines Meisters annehmen, genauso wie du in der Wissenschaft einen Lehrer annimmst und nicht ihren gesamten Bereich mit seiner Experimentation allein durchquerst, wenigstens solange nicht, bis du genügend Erfahrung und Wissen angesammelt hast. Solltest du dies darunter verstehen, die Dinge a priori anzunehmen, nun, dann musst du sie tatsächlich a priori annehmen. Denn ich vermag nicht zu erkennen, mit Hilfe welcher gültigen Tests du die gewöhnliche Vernunft zum Richter dessen machen willst, was sie überschreitet.

      Du zitierst Darstellungen von V oder X. Ich würde, bevor ich diesen Äußerungen Wert beimesse, gern wissen, was V oder X tatsächlich getan haben, um ihre spirituellen Wahrnehmungen und Erfahrungen zu prüfen. Wie prüfte V den Wert seiner spirituellen Erfahrungen, von denen einige einem durchschnittlichen Geist nicht ohne weiteres glaubwürdiger erscheinen als die Wunder, die gewissen berühmten Yogis zugeschrieben wurden? Ich weiß nichts über X, doch welcher Art waren seine Tests, und wie wandte er sie an? Was waren seine Methoden und Kriterien? Vermutlich wird kein normaler Mensch das Erscheinen Buddhas aus einer Wand oder ein halbstündiges Gespräch mit Hayagriva als gültige und gründlich geprüfte Tatsachen hinnehmen. Er würde sie entweder a priori oder aufgrund des einzigen Beweises von V hinnehmen müssen – was auf das gleiche hinausläuft – oder aber sie a priori als Halluzinationen oder rein mentale Bildnisse, begleitet von einer auditiven Halluzination, ablehnen. Ich weiß nicht, wie man sie hätte testen sollen. Oder wie hätte ich selbst meine nirvana-Erfahrung mit Hilfe des gewöhnlichen Mentals testen sollen? Zu welcher Schlussfolgerung hätte ich mit Hilfe der gewöhnlichen positiven Vernunft kommen sollen? Wie hätte ich ihre Gültigkeit testen sollen? Ich weiß es nicht. Ich tat das einzig möglich, sie als eine starke und gültige, wahre Erfahrung hinzunehmen, sie voll spielen und ihre vollen experimentellen Folgen zeitigen zu lassen, bis ich selbst genügend yogisches Wissen erlangt hätte, um sie einzuordnen. Und schließlich, wie willst du oder irgendjemand anderer ohne inneres Wissen oder innere Erfahrung das innere Wissen oder die innere Erfahrung von anderen prüfen?

      Ich habe oft betont, dass Unterscheidung in spiritueller Erfahrung nicht nur durchaus zulässig, sondern sogar unerlässlich ist. Doch es muss eine Unterscheidung sein, die sich auf dem Wissen gründet, und kein Urteilen, das sich auf der Unwissenheit gründet. Andernfalls legst du dich mental fest und hemmst die Erfahrung durch vorgefasste Vorstellungen, die so sehr a priori wären, wie es irgendein Annehmen spiritueller Wahrheit oder Erfahrung sein kann. Deine Vorstellung, dass Hingabe allein durch Liebe vollzogen werden kann, ist ein Beispiel dafür. In yogischer Erfahrung ist es absolut richtig, dass Hingabe durch wahre Liebe, also die psychische und spirituelle Liebe, das Machtvollste, Wirksamste und Einfachste von allem ist; man kann jedoch nicht, indem man dies als eine Behauptung aufstellt, zu der man durch die gewöhnliche Vernunft gelangt ist, die ganze mögliche Erfahrung der Hingabe in diese Formel zwängen oder aufgrund ihrer Aussage verkünden, man habe auf die vollkommene Liebe zu warten, bevor die Hingabe möglich sei. Yogische Erfahrung zeigt, dass Hingabe ebenfalls über das Mental und den Willen vollzogen werden kann, über ein klares und wahrhaftes Mental, das die Notwendigkeit der Hingabe erkennt, und über einen klaren und wahrhaften Willen, der sie den widerstrebenden Gliedern auferlegt. Die Erfahrung zeigt ebenfalls, dass nicht nur Hingabe durch Liebe kommt, sondern Liebe auch durch Hingabe kommen kann oder durch diese eine unvollkommene in eine vollkommene Liebe wachsen kann. Man beginnt, mit Hilfe einer machtvollen Idee, eines intensiven Willens das Göttliche zu erkennen oder zu erreichen, und gibt mehr und mehr seine üblichen persönlichen Vorstellungen, Begierden, Verhaftungen, seine Tatgewohnheiten hin, damit das Göttliche alles aufnehmen kann. Hingabe bedeutet, unser kleines Mental und seine mentalen Begriffe und Vorlieben um eines göttlichen Lichtes und eines größeres Wissens willen aufzugeben, unseren kleinen persönlichen, wirren, blinden und tastenden Willen um eines großen, ruhigen, stillen und leuchtenden Willens und ebensolcher Kraft, unsere kleinen, ruhelosen und gepeinigten Gefühle um einer weiten, starken, göttlichen Liebe und Ananda willen, unsere kleine, leidende Persönlichkeit um der einen Person willen, deren dunkler Abkömmling jene ist. Wenn man auf seinen eigenen Vorstellungen und Überlegungen beharrt, können das größere Licht und Wissen nicht kommen, oder aber sie werden in ihrem Kommen auf Schritt und Tritt durch eine Störung von unten entstellt und behindert; wenn man auf seinen eigenen Wünschen und Eitelkeiten beharrt, können jener große leuchtende Wille und jene Kraft in der ihnen eigenen wahren Macht nicht wirken – denn das wäre so, als würdest du sie bitten, der Knecht deiner Begierden zu sein; solange man seine kleine Art des Fühlens nicht aufgeben will, können die ewige Liebe und der höchste Ananda nicht herabkommen, oder sie werden beim Überschäumen des groben emotionalen Kessels vermischt und verschüttet. Keine noch so große Menge von allgemeinen Überlegungen kann von der Notwendigkeit befreien, das Niedere zu überschreiten, um das Höhere zu gewinnen.

      Und wenn man findet, dass man sich in der Abgeschiedenheit dem Höheren, dem Göttlichen am besten hingeben kann, da man so die Gelegenheit des Aufwallens alles Niedrigen leichter vermeidet – warum nicht? Es ist das Ziel, dessentwegen jene gekommen sind; warum also tadeln oder voller Misstrauen und Verdacht auf die Methode blicken, die sie für die beste halten, oder diese mit derartig geringschätzigen Adjektiven belegen, wie „grimmig, unmenschlich“, und all das Übrige? Es ist dein Vital, das davor zurückschreckt, und dein vitales Mental besorgt die entsprechenden Bezeichnungen, die lediglich dein Zurückschrecken zum Ausdruck bringen und nicht, was Abgeschiedenheit wirklich bedeutet. Denn das Vital oder sein geselliger Teil scheut sich vor der Einsamkeit und nicht das denkende Mental, das das Vital lediglich unterstützt. Der Dichter sucht mit sich oder mit der Natur allein zu sein, um seiner Inspiration zu lauschen; der Denker taucht in die Einsamkeit, um über die Dinge nachzudenken und in ein tieferes Wissen einzutreten; der Wissenschaftler schließt sich in sein Laboratorium ein, um mit Hilfe von Experimenten in die Geheimnisse der Natur einzudringen; all diese Abgeschiedenheit ist weder grimmig noch unmenschlich. Noch ist es die Abgeschiedenheit des Sadhaks in einer alles ausschließenden Konzentration, die er als sein Erfordernis empfindet; sie ist ein Mittel zum Zweck – zu jenem Zweck, auf den sein ganzes Herz ausgerichtet ist. Und was den Yogi oder bhakti anbelangt, der bereits die erste grundlegende Erfahrung hatte, so befindet auch er sich nicht in grimmiger und unmenschlicher Einsamkeit. Denn der eine birgt das Göttliche und die gesamte Welt in seinem eigenen Wesen, ein anderer den höchsten Geliebten oder seinen Ananda.

      Ich sage dies hinsichtlich deiner Verachtung der Zurückgezogenheit, die sich auf der Unkenntnis gründet, was diese tatsächlich ist; ich selbst empfehle, wie ich oft betonte, keine völlige Abgeschiedenheit, denn ich halte diese für ein gefährliches Mittel, das zu Morbidität und großem Irren führen kann. Ich erlege auch niemandem die Abgeschiedenheit als Methode auf oder stimme ihr zu, außer die betreffende Person sucht diese selbst

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