Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo страница 54

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo

Скачать книгу

auferlegt werden, denn das wäre die mentale Art – der Weg des gewöhnlichen Mentals – die Dinge zu tun; wenn sie als Erfordernis empfunden wird, muss sie als Erfordernis angenommen werden, nicht aber als allgemeines Gesetz oder als Regel.

      Was du in deinem Brief als die Erwiderung des Göttlichen beschreibst, würde in der Sprache yogischer Erfahrung nicht so bezeichnet werden; dieses Gefühl großen Friedens, Lichtes, der Leichtigkeit und des Vertrauens, der Verringerung der Schwierigkeiten, das Gefühl der Gewissheit würde vielmehr eine Erwiderung deiner eigenen Natur auf das Göttliche genannt werden. Es gibt einen Frieden oder ein Licht, welches tatsächlich die Erwiderung des Göttlichen ist, doch das ist ein weiter Friede, ein großes Licht, sie werden als eine Gegenwart gefühlt, die vom persönlichen Selbst verschieden ist, nicht als Teil der persönlichen Natur, sondern als etwas, das von darüber kommt und schließlich von der Natur Besitz ergreift – oder es kann die Göttliche Gegenwart selbst sein, die tatsächlich die absolute Befreiung sowie Glück und Gewissheit mit sich bringt. Doch die ersten Erwiderungen des Göttlichen sind meist nicht so, sie kommen vielmehr als eine Berührung, als ein Druck, den zu erkennen und anzunehmen man in der Lage sein muss; oder es ist eine Stimme der Bekräftigung, manchmal eine sehr „leise, kleine Stimme“, ein momentanes Bild, eine spontane Gegenwart, manchmal eine Eingebung der Führung – viele Formen sind es, die es annehmen kann. Dann zieht es sich zurück, und die Vorbereitung der Natur geht weiter, bis es möglich ist, dass die Berührung immer wiederkehrt, dass sie länger andauert und sich in etwas Dringlicheres, Näheres und Innerlicheres verwandelt. Das Göttliche drängt sich einem zu Beginn nicht auf – es bittet, erkannt und angenommen zu werden. Das ist ein Grund, warum das Mental zur Ruhe kommen muss, warum es nicht testen oder Forderungen stellen soll – es muss Platz vorhanden sein für die wahre Intuition, die sofort die echte Berührung erkennt und annimmt.

      Und als letztes noch zu der bedrängenden Tätigkeit des Mentals, die deine Konzentration behindert. Doch ist diese oder aber eine noch ermüdendere, hartnäckigere, eine mahlend mechanische Tätigkeit immer die Schwierigkeit, wenn man sich zu konzentrieren sucht, und es nimmt lange Zeit in Anspruch, sie zu überwinden. Diese oder die Gewohnheit des Schlafs verhindert entweder die wache Konzentration oder den bewussten samadhi oder die vertiefte, alles ausschließende Trance, jene drei Formen, die yogisches Bewusstsein annimmt. Doch es ist mit Sicherheit die Unkenntnis des Yoga, seines Ablaufs und seiner Schwierigkeiten, die dich verzweifeln und dich aufgrund dieser ganz normalen Behinderung von deiner Untauglichkeit sprechen lässt. Die Beharrlichkeit des gewöhnlichen Mentals und seine falschen Überlegungen, Gefühle und Beurteilungen, die ziellose Aktivität des denkenden Mentals in der Konzentration oder seine mechanische Tätigkeit sowie die träge Reaktion auf die verhüllte oder initiierende Berührung sind die ganz gewöhnlichen Hemmnisse, die durch das Mental entstehen, genauso wie Stolz, Ehrgeiz, Eitelkeit, Sex, Gier, das Ergreifen der Dinge um des eigenen Egos willen Schwierigkeiten und Hemmnisse sind, die einem das Vital auferlegt. Und genauso wie die vitalen Schwierigkeiten niedergefochten und besiegt werden können, kann das auch mit den mentalen geschehen. Man muss nur erkennen, dass sie nicht zu vermeiden sind, und darf sich weder an sie klammern noch sich erschrecken oder überwältigen lassen, weil sie vorhanden sind. Man muss durchhalten, bis man sowohl vom Mental als auch vom Vital zurückstehen und die tieferen und größeren mentalen und vitalen Purushas in sich fühlen kann, die der Stille fähig sind, fähig eines unmittelbaren Empfangs des wahren Wortes, der wahren Kraft, des wahren Schweigens. Wenn die menschliche Natur den Weg wählt, auf dem zuerst die Schwierigkeiten niedergefochten werden müssen, dann ist die erste Hälfte des Weges lang und mühsam, und die Klage über die mangelnde Erwiderung durch das Göttliche wird laut. Doch das Göttliche ist tatsächlich immer da. Es arbeitet hinter dem Schleier und wartet darauf, dass du seine Erwiderung erkennst, dass die Erwiderung auf die Erwiderung möglich wird.

      *

      Das Strömen, das man hier spürt, scheint unmittelbar den Quellen der Wahrheit zu entspringen und ist nicht so häufig zu finden, wie man es wünschen würde. Dies ist ein Geist, der nicht nur zu denken, sondern auch zu erkennen vermag, der nicht nur die Oberfläche der Dinge sieht- mit der intellektuelles Denken meist endlos und ohne sicheren Ausgang ringt, als ob es nichts anderes gäbe –, sondern der auch fähig ist, in das Innere zu sehen. Die Tantriker gebrauchen den Ausdruck pasyanti vak, das erkennende Wort, um eine Ebene der vak Shakti, der Shakti des Wortes zu beschreiben. Hier ist es pasyanti buddhi, der erkennende Verstand – vielleicht deshalb, weil der Erkennende vom Denken zur Erfahrung übergegangen ist, doch gibt es viele, die einen beträchtlichen Reichtum der Erfahrung besitzen, ohne dass diese derart ihre Gedankenschau klärt; zwar erkennt die Seele, doch das Mental fährt fort, die Idee wirr und unvollkommen zu umschreiben, zu verschleiern und durcheinanderzubringen. Hier aber muss die Gabe einer erkennenden Schau in der Natur bereitgelegen haben.

      Es ist beachtlich, sich so rasch und entschlossen von den schimmernden Schleiern und Nebeln, die der moderne Intellektualismus für das Licht der Wahrheit hält, befreit zu haben. Das moderne Mental – und wir mit ihm – ist so lange und ausdauernd im Tal des Falschen Lichtes gewandert, dass es für niemanden einfach ist, dessen Nebel mit dem Sonnenlicht einer klaren Schau zu vertreiben, so wie es hier geschah. Alles, was hier über modernen Humanismus und Humanitarismus gesagt wird, über die vergeblichen Bemühungen des sentimentalen Idealisten und des erfolglosen Intellektuellen, über synthetischen Eklektizismus und ähnliche Dinge, ist bewundernswert klarsichtig und trifft ins Schwarze. Nicht durch diese Mittel kann die Menschheit zur radikalen Veränderung ihrer Lebensweise gelangen – die so dringlich geworden ist –, sondern allein dadurch, dass sie das Grundgestein der Wirklichkeit dahinter erreicht – nicht durch bloße Ideen und mentale Formungen, sondern durch eine Bewusstseinsveränderung, durch eine innere und spirituelle Wende. Doch für diese Wahrheit würde man in dem gegenwärtigen Tosen aus vielstimmigem Lärm und aus Wirrnis und Katastrophe schwerlich Gehör finden.

      Eine Unterscheidung, diejenige, die hier sehr deutlich gemacht wird zwischen der Ebene der phänomenalen Vorgänge, also der äußeren Prakriti, und der Göttlichen Wirklichkeit, steht an erster Stelle unter den Worten innerer Weisheit. Die Wende, die sie auf diesen Seiten nimmt, ist mehr als eine geniale Erklärung; sie drückt wohlüberlegt eine jener klaren Gewissheiten aus, denen du begegnest, wenn du die Grenzlinie überschreitest und die äußere Welt aus der Sicht der inneren spirituellen Erfahrung betrachtest. Je mehr du dich nach innen oder nach oben wendest, desto mehr verändert sich die Sicht der Dinge, und das äußere, von der Wissenschaft geordnete Wissen erhält seinen eigentlichen und sehr begrenzten Platz. Die Wissenschaft, wie das meiste mentale und äußere Wissen, vermittelt dir nur die Wahrheit des Vorgangs. Ich möchte hinzufügen, dass sie dir nicht einmal die volle Wahrheit des Vorganges geben kann;denn du ergreifst einige Wägbarkeiten, doch das überaus wichtige Unwägbare entgeht dir; du erfährst kaum das Wie sondern lediglich die Bedingungen, unter denen die Dinge in der Natur geschehen. Nach all den Triumphen und Wundern der Wissenschaft bleibt das erklärende Prinzip, das Rationale, die Bedeutung des Ganzen ebenso dunkel wie geheimnisvoll, wenn nicht geheimnisvoller denn je. Das Schema, das diese von der Evolution aufstellt – der Evolution dieser reichen, weiten, mannigfaltigen stofflichen Welt, des Mentals und seines Wirkens, des Lebens und Bewusstseins, als einer Evolution aus einer rohen Masse von Elektronen, identisch und verschieden nur in Anordnung und Zahl – ist irrationale Magie und verwirrender, als jede zuhöchst mystische Vorstellung es sich vergegenwärtigen könnte. Wissenschaft führt uns letzten Endes in ein fertiges Paradoxon, in einen geordneten und geradlinig determinierten Zufall in eine Unmöglichkeit, die irgendwie möglich wurde; sie hat uns eine neue, eine stoffliche Maya gezeigt, aghatana-ghatana-patiyasi, die sehr geschickt das Unmögliche zuwege bringt, ein Wunder, das logischerweise nicht sein kann und doch irgendwie wirklich ist, unfehlbar geordnet, aber dennoch irrational und unerklärlich. Der Grund hierfür ist offensichtlich darin zu suchen, dass die Wissenschaft etwas Essentielles verfehlt hat; sie hat erkannt und geprüft, was geschah und wie es geschah, doch sie hat ihre Augen vor etwas geschlossen, das dieses Unmögliche zuwege brachte, etwas, das es auszudrücken gilt. Die Dinge haben keine grundlegende Bedeutung, wenn du die Göttliche Wirklichkeit nicht erkennst, denn dann bleibst du in einer gewaltigen Oberflächenkruste einer manipulierbaren und nutzbaren Erscheinungswelt eingeschlossen. Du versuchst,

Скачать книгу