Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

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Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo

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die allein durch die Unkenntnis des Mentals genährt werden konnte. Die Radha-Liebe gründet sich nicht auf etwas Derartigem, sie bedeutet ganz einfach: was immer einem auf dem Weg zum Göttlichen geschehe, Schmerz oder Freude, milana oder viraha, und wie lange auch das Leiden dauern möge, die Radha-Liebe ist unerschütterlich und bewahrt ihren Glauben und ihre Gewissheit, die stetig wie ein Stern auf das höchste Ziel der Liebe weisen.

      Was ist im Übrigen dieser Ananda? Das Mental vermag in ihm lediglich einen angenehmen psychologischen Zustand zu erkennen – doch wenn er nur dies wäre, könnte er nicht aus jener Verzückung bestehen, die die bhaktas und Mystiker in ihm finden. Wenn der Ananda zu dir kommt, kommt das Göttliche zu dir, genau so wie der Friede, der in dich einströmt, das Göttliche ist, das in dich einströmt, oder wenn du mit Licht überflutet wirst, es die Flut des Göttlichen selbst ist, die um dich ist. Natürlich ist das Göttliche viel mehr, viel anderes außerdem, und in allem ist eine Gegenwart, ein Wesen, eine Göttliche Person; denn das Göttliche ist Krishna, ist Shiva, ist die Höchste Mutter. Doch durch den Ananda kannst du den Anandamaya-Krishna wahrnehmen, denn der Ananda ist der feine Körper, das Wesen Krishnas; und mit Hilfe des Friedens kannst du den Shantimaya-Shiva wahrnehmen; und in dem Licht, in dem befreienden Wissen, in der Liebe, in der erfüllenden und erhebenden Macht kannst du der Gegenwart der Göttlichen Mutter begegnen. Diese Wahrnehmung erfüllt die Erfahrungen der bhaktas und Mystiker mit Verzücken und hilft ihnen, die Nächte der Pein und Trennung zu überstehen; und wenn diese Seelen-Wahrnehmung vorhanden ist, gibt sie auch einem kleinen oder kurz währenden Ananda eine Kraft und einen Wert, die er sonst nicht haben könnte – der Ananda selbst sammelt hierdurch die sich ständig mehrende Macht, verweilen, zurückkehren und wachsen zu können.

      Ich kann nicht gut auf die Kritik Russells eingehen, denn die Auffassung des Göttlichen als einer äußeren, allmächtigen Macht, die die Welt „erschuf“ und sie wie ein absoluter und willkürlicher Monarch regiert – was der christlichen oder semitischen Auffassung entspricht –, ist niemals die meine gewesen; sie widerspricht zu sehr meiner Erkenntnis und Erfahrung während dreißig Jahren Sadhana. Gegen diese Auffassung richtet sich der atheistische Einwand, denn der Atheismus in Europa ist nichts als eine seichte und ziemlich kindische Reaktion gegen einen seichten und kindischen äußerlichen Religionismus mit seinen volkstümlichen, unzulänglichen und schwerfälligen dogmatischen Vorstellungen. Doch wenn ich vom Göttlichen Willen spreche, meine ich etwas, das hier in eine evolutionäre Welt der Unwissenheit herabgekommen ist und im Hintergrund der Dinge steht, etwas, das die Dunkelheit mit seinem Licht bedrängt und unter den Bedingungen einer Welt der Unwissenheit die gegenwärtigen Dinge auf das Bestmögliche hinführt; etwas, das sie schließlich hinführt auf die Herabkunft einer größeren Macht des Göttlichen, die keine Allmacht sein wird, die durch das Gesetz der Welt, wie sie ist, gehemmt und bedingt wird, sondern die voll tätig ist und daher die Herrschaft des Lichtes, des Friedens, der Harmonie, der Freude, der Liebe, der Schönheit und des Ananda herbeiführt, denn aus diesen besteht die Göttliche Natur. Die Göttliche Gnade ist da und bereit, in jedem Augenblick zu wirken, doch sie manifestiert sich in dem Maß, in dem man aus dem Gesetz der Unwissenheit in das Gesetz des Lichtes wächst; sie ist keine willkürliche Laune, wie wunderbar auch oft ihr Eingreifen ist, sondern sie ist eine Hilfe in diesem Wachsen und ein Licht, das uns leitet und schließlich befreit. Wenn wir die Tatsachen der Welt, wie sie sind, betrachten und die Tatsachen der spirituellen Erfahrung als Ganzes, von denen keine geleugnet oder vernachlässigt werden kann, dann verstehe ich nicht, welches andere Göttliche es geben kann. Dieses Göttliche mag uns oft durch Finsternis führen, da Finsternis in uns und um uns ist, doch ist es das Licht, zu dem es uns führt, und zu nichts anderem.

      *

      Jene Bemerkung, dass der Intellekt das „Formlose“ falsch deutet (das Ergebnis eines rein negativen Ausdrucks von etwas, das unsäglich wesenhaft und positiv ist), ist sehr gut formuliert und trifft den Kern der Sache. Jeder, der den Ananda des Brahman erfahren hat, kann über den Vorwurf der Kälte nur lächeln; denn in ihm ist eine Absolutheit unveränderlicher Ekstase, eine konzentrierte Intensität von schweigendem und unabdingbarem Entzücken, das von jenem, der nicht die Erfahrung hatte, unmöglich auch nur andeutungsweise beschrieben werden kann. Die ewige Wirklichkeit ist weder trocken noch kalt noch leer; ebensowenig könntest du von der Hochsommersonne als kalt oder vom Ozean als trocken oder von der vollendeten Fülle als leer sprechen. Selbst wenn du durch die Eliminierung der Form und alles Übrigen in sie eintrittst, wallt sie als wunderbare Fülle auf, als wahres Purnam. Wenn man sowohl bejahend als auch verneinend in sie eintritt, kann tatsächlich die Frage der Leere oder Dürre nicht entstehen. Alles ist vorhanden und mehr noch als man je hätte träumen können. Deshalb darf sich der Intellekt nicht als der sabjanta, der allwissende Richter einmischen; wenn er sich an seine eigenen Grenzen hielte, hätte man nichts gegen ihn einzuwenden. Doch er konstruiert Worte und Ideen, die für die Wahrheit nicht anwendbar sind, er schwatzt in seiner Unwissenheit törichte Dinge und macht aus seinen Konstruktionen einen Wall, der die Wahrheit, die seine Möglichkeiten und seinen Horizont übersteigt, nicht einlässt.

      *

      Wenn man blind ist, ist es ganz natürlich – denn schließlich ist die menschliche Intelligenz bestenfalls eine törichte Angelegenheit – das Tageslicht zu leugnen; wenn die eigene höchste natürliche Schau die eines schimmernden Dunstes ist, ist es natürlich zu glauben, alle hohe Vision sei ebenfalls nur Dunst oder Schimmer. Doch es gibt das Licht trotz allem – und spirituelle Wahrheit ist mehr als nur Dunst und Schimmer.

      *

      Das Buch „The Riddle of this World“ („Das Rätsel dieser Welt“), das Prof. Sorley erwähnt, war natürlich nicht als eine umfassende oder unmittelbare Darlegung meiner Gedankengänge gedacht; und da ich es hauptsächlich für Sadhaks schrieb, wurden viele Dinge dort als bekannt vorausgesetzt. Die meisten der wichtigsten Ideen, wie zum Beispiel die des Obermentals, werden nicht erläutert. Um diese Ideen dem Verstand klarzumachen, müssen sie in eine genaue intellektuelle Form gebracht werden, soweit dies mit überintellektuellen Dingen überhaupt möglich ist. Der Inhalt dieses Buches wird jenen klar sein, die im Bereich innerer Erfahrung weit genug gekommen sind, doch für die meisten kann er nur eine Anregung bedeuten.

      Ich glaube jedoch nicht, dass die Darlegung überintellektueller Dinge notwendigerweise ein Unterscheiden in den Begriffen des Intellektes fordert. Denn grundsätzlich gelangt man über das spekulative Denken nicht zu einer Formulierung von [spirituellen] Ideen. Zum spirituellen Wissen gelangt man durch die Erfahrung und durch ein Bewusstsein der Dinge, das direkt aus jener Erfahrung hervorgeht, ihr zugrunde liegt oder in sie einbezogen ist. Grundsätzlich ist also diese Art von Wissen ein Bewusstsein und weder ein Denken noch eine formulierte Idee. Meine erste große Erfahrung zum Beispiel, die durchgreifend und überwältigend war, doch nicht, wie sich herausstellte, endgültig und erschöpfend, kam durch die Ausschließung und Beruhigung allen Denkens; zum ersten Mal erlebte ich etwas, das ein spirituell substantielles oder ein konkretes Bewusstsein der Stille und des Schweigens genannt werden könnte, dann das Gewahrsein einer einzigen und höchsten Wirklichkeit, in der die Dinge nur als Formen bestehen, aber keineswegs als substantielle oder reale oder konkrete Formen; doch all dies war einer spirituellen Wahrnehmung und einem essentiellen, unpersönlichen Empfinden nur etwas Scheinbares, und es bestand nicht die geringste Vorstellung oder Idee einer Wirklichkeit oder Nicht-Wirklichkeit oder irgendeine andere Vorstellung; denn jeder Begriff, jede Idee war in der absoluten Stille zum Schweigen gebracht worden oder war vielmehr völlig abwesend. Diese Dinge wurden unmittelbar durch das reine Bewusstsein und nicht durch das Mental erkannt, daher bestand keine Notwendigkeit für Begriffe oder Worte oder Namen. Dieser Grundzug spiritueller Erfahrung ist aber nicht absolut bindend, denn diese kann zwar ohne das Denken, doch auch mit dem Denken vor sich gehen. Natürlich meint man, dass das Denken einen sofort in den Bereich des Intellektes zurückbrächte – und tatsächlich mag dies zu Beginn und für lange Zeit stimmen; doch muss es nach meiner Erfahrung nicht so sein. Dies geschieht meist dann, wenn man versucht, die Erfahrung intellektuell darzustellen; doch es gibt eine andere Art des Denkens, die hervorbricht, als wäre sie ein Körper oder eine Form jener Erfahrung selbst oder des in ihr enthaltenen Bewusstseins – oder

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