Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

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Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo

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neuen Aufbaus auf der Grundlage einer größeren Wahrheit geschieht. Die Mutter hat diese Fragen offen gelassen, und ich kann nichts anderes tun. Schließlich muss der Weise, außer er ist ein Prophet oder der Direktor des astrologischen Instituts von Madras, die „Asquithsche“2 Haltung einnehmen. Weder Optimismus noch Pessimismus sind die Wahrheit: sie sind nichts als Veranlagungen des Mentals oder Temperaments.

      Am besten also ohne übermäßigen Optimismus oder Pessimismus „abwarten und Tee trinken“.

      *

      Der Glaube an spirituelle Dinge, der vom Sadhak verlangt wird, ist kein unwissender, sondern ein leuchtender Glaube, ein Glaube im Licht und nicht in der Finsternis. Der skeptische Verstand nennt ihn blind, da sich dieser Glaube von äußeren Erscheinungsformen oder scheinbaren Tatsachen nicht leiten lässt – denn er sucht die Wahrheit dahinter – und sich nicht auf den Krücken des Beweises und des Offenkundigen vorwärtsbewegt. Er ist eine Intuition – eine Intuition, die nicht nur auf die Erfahrung wartet, die sie rechtfertigen soll, sondern auch zur Erfahrung führt. Wenn ich an Selbst-Heilung glaube, werde ich nach einer Weile den Weg finden, mich selbst zu heilen. Wenn ich an die Umwandlung glaube, kann ich zu ihr gelangen, in dem ich meine Hand an den Vorgang der Umwandlung lege und diesen auslöse. Doch wenn ich mit Zweifel beginne und mit mehr Zweifel fortfahre, wie weit werde ich dann auf dieser Reise vermutlich kommen?

      *

      Was die Frage des Glaubens und Zweifels anbelangt, so gibst du dem Wort „Glauben“ mit Übereifer eine Bedeutung und eine Reichweite, wie ich sie nicht damit verbinde. Ich werde nicht nur einen, sondern mehrere Briefe zu schreiben haben, um die Situation zu klären. Es scheint, dass du mit Glauben einen mentalen Glauben meinst, der dem Mental und den Sinnen in der zweifelhaften Form einer haltlosen Behauptung dargeboten wird. Ich meine damit die dynamische und intuitive Überzeugung des inneren Wesens von der Wahrheit übersinnlicher Dinge, die durch physische Tatsachen nicht bewiesen werden können, sondern dem Bereich der Erfahrung angehören. Meiner Ansicht nach ist dieser Glaube eine höchst wünschenswerte Vorbereitung für die angestrebte Erfahrung (wenn auch nicht unerlässlich, denn es gibt eine Art Erfahrung, der kein Glaube vorangeht). Wenn ich so viel Wert auf den Glauben lege – nicht so sehr auf einen bejahenden Glauben als auf ein Ablegen des a priori Zweifelns und Verneinens –, dann deshalb, da ich finde, dass diese Zweifel und dieses Verneinen zu einem Instrument in den Händen der hemmenden Kräfte geworden sind...

      Die Ablehnung des Materialisten nenne ich a priori, weil er sich weigert, auch nur zu erwägen oder zu prüfen, was er ablehnt; er beginnt vielmehr mit der Ablehnung und vertritt den Standpunkt, dass etwas seinen eigenen Theorien Widersprechendes nicht wahr sein kann. Auf der anderen Seite ist der Glaube an das Göttliche, an die Gnade, den Yoga, den Guru usw. kein a priori-Glaube, da er sowohl auf einer großen menschheitlichen Erfahrung, angesammelt in Jahrhunderten und Jahrtausenden, beruht als auch auf der persönlichen intuitiven Wahrnehmung. Glaube ist eine intuitive Wahrnehmung, die durch die Erfahrung von Hunderten und Tausenden, die sie vor mir hatten, bestätigt wurde.

      *

      Während ich über Zweifel zu schreiben beginne, fechten mich „Zweifel“ an, ob jedwede Menge von Schriften oder irgend etwas anderes den ewigen Zweifel im Menschen, die Strafe seiner angeborenen Unwissenheit zu zerstreuen vermag. Zunächst einmal, wollte man angemessen darüber schreiben, so würde dies in etwa sechzig bis sechshundert Seiten ausmachen, doch nicht einmal sechstausend überzeugende Seiten könnten den Zweifel überzeugen. Denn der Zweifel besteht um seiner selbst willen; sein eigentlicher Zweck ist, immer zu zweifeln, und selbst wenn er beschwichtigt ist, weiterhin zu zweifeln; und nur um von demjenigen, der ihn nährt, Unterkunft und Verpflegung zu erhalten, gibt er vor, ein ehrlicher Wahrheitssucher zu sein. Dies ist es, was ich sowohl aus der Erfahrung mit meinem eigenen Mental als auch mit dem Mental anderer gelernt habe; der einzige Weg, sich vom Zweifel zu befreien, besteht darin, Wahrheit und Falschheit mit Hilfe des Unterscheidungsvermögens ausfindig zu machen und unter seinem Schutz die Tür frei und mutig der Erfahrung zu öffnen.

      Gleichviel, ich habe zu schreiben begonnen, doch werde ich nicht mit dem Zweifel beginnen, sondern mit der Forderung nach dem Göttlichen als einer konkreten inneren Gewissheit, genauso konkret wie irgendein physisches Phänomen, das von den Sinnen aufgegriffen wird. Nun, natürlich muss das Göttliche eine derartige innere Gewissheit sein, nicht nur so konkret, sondern noch konkreter als irgend etwas, das von Ohr oder Auge oder beim Kontakt mit der Welt der Materie wahrgenommen wird; es ist jedoch nicht eine Gewissheit des mentalen Denkens, sondern die einer essentiellen Erfahrung. Wenn sich der Friede Gottes auf dich senkt, wenn die Göttliche Gegenwart in dir ist, wenn der Ananda dich überströmt wie ein Meer, wenn du vom Atem der Göttlichen Kraft getrieben wirst wie ein Blatt vor dem Wind, wenn die Liebe sich aus dir über der gesamten Schöpfung entfaltet, wenn das Göttliche Wissen dich mit einem Licht überflutet, in einem Augenblick alles erleuchtend und umwandelnd, was zuvor trüb und sorgenvoll und finster war, wenn alles Bestehende Teil der Einen Wirklichkeit wird, wenn diese Wirklichkeit ganz um dich ist, dann fühlst du, siehst du, berührst du allein das Göttliche, augenblicklich und überall, sei es durch spirituellen Kontakt, die innere Vision, durch das erleuchtete und erkennende Denken, sei es durch die vitale Empfindung und sogar durch die physischen Sinne selbst. Dann kannst du es kaum weniger bezweifeln oder leugnen als du das Tageslicht oder die Luft oder die Sonne am Himmel bezweifeln oder leugnen kannst; denn dieser physischen Dinge bist du nicht sicher, weil sie etwas sind, was deine Sinne dir widerspiegeln; doch in der konkreten Erfahrung des Göttlichen ist Zweifel nicht möglich.

      Was das Andauern anbelangt, so kannst du von einer anfänglichen spirituellen Erfahrung dieses nicht erwarten; nur wenigen gelingt dies, und selbst bei ihnen ist nicht immer die gleich hohe Intensität der Erfahrung vorhanden; meist kommt sie und zieht sich dann hinter den Schleier zurück, um zu warten, bis der menschliche Teil vorbereitet ist und reif wird und ihr Anwachsen und dann ihr Andauern ertragen und bewahren kann. Doch sie deswegen in Frage zu stellen, wäre in höchstem Maße vernunftwidrig. Man bezweifelt nicht das Vorhandensein der Luft, wenngleich nicht immer ein starker Wind weht, oder des Sonnenlichts, obwohl die Nacht zwischen Abend und Morgen liegt. Die Schwierigkeit liegt im normalen menschlichen Bewusstsein, zu dem die spirituelle Erfahrung als etwas Anormales kommt, und tatsächlich ist sie übernormal. Diese schwache, begrenzte Normalität hat anfangs Schwierigkeiten, von jener größeren und intensiveren übernormalen Erfahrung auch nur angerührt zu werden; oder sie wird mit dem dunkleren Stoff der eigenen mentalen oder vitalen Erfahrung verdünnt; und wenn dann die spirituelle [Erfahrung] in ihrer überwältigenden Macht tatsächlich herabkommt, kann sie diese oft nicht ertragen oder aber nicht halten und bewahren. Dennoch, ist einmal eine entscheidende Bresche in den Wall geschlagen worden, den das Mental gegen das Unendliche errichtet, dann wird sich die Bresche weiten, manchmal langsam, manchmal schnell, bis es keinen Wall mehr gibt – und dies bedeutet dann die Beständigkeit [der spirituellen Erfahrung].

      Doch können weder entscheidende Erfahrungen herbeigeführt werden, noch kann ein neuer Bewusstseinszustand, in dem diese normal sein werden, andauern, solange sich das Mental ständig mit seinen eigenen Vorbehalten, mit seinen Vorurteilen und unwissenden Phrasen einmischt oder darauf besteht, die göttliche Gewissheit – wie die relative Wahrheit einer mentalen Schlussfolgerung –, mit Hilfe der Argumentation zu erreichen, mit Hilfe des Zweifels, des Forschens und all dem anderen Rüstzeug der Unwissenheit, das um das Wissen herumtappt und -tastet; diese größeren Dinge können allein durch ein fortschreitendes Sich-Öffnen eines beruhigten Bewusstseins, das spiritueller Erfahrung immerfort zugewandt ist, herbeigeführt werden. Die Frage, warum das Göttliche es derart auf dieser höchst unbequemen Grundlage eingerichtet hat, ist müßig, denn es handelt sich um nichts anderes als ein psychologisches Erfordernis, das von der eigentlichen Natur der Dinge auferlegt wurde. Diese Erfahrungen des Göttlichen sind keine mentalen Konstruktionen, keine vitalen Bewegungen, es sind essentielle Dinge, es sind keine nur erdachten Dinge, es sind Realitäten, die nicht mental, sondern in der uns unmittelbar zugrundeliegenden Substanz und Essenz gefühlt werden. Das Mental

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