Ausgewählte Briefe. Gregor der Große

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Ausgewählte Briefe - Gregor der Große Die Schriften der Kirchenväter

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fest in demselben begründet seid. Wir sind euch gleich, weil wir euch darin fest begründet sehen. Als ob er Nichts von einem Vorzug wisse, sagt er: „Wir sind klein geworden in eurer Mitte“60und anderswo: „Wir sind eure Diener durch Christus.”61Da er aber eine Schuld zu tadeln findet, erinnert er sich, daß er Lehrer ist, und spricht: „Was wollt ihr, soll ich mit der Ruthe zu Euch kommen?"62Das höchste Regierungsamt wird also dann gut verwaltet, wenn der Vorsteher mehr über die Fehler als über die Brüder Herrschaft ausübt. Derjenige übt die empfangene Gewalt in rechter Weife aus, der sie sowohl zu handhaben als auch im Zaume zu halten weiß. Der übt sie in rechter Weise, der es versteht, kraft derselben sich gegen die Sünder zu erheben, der es aber auch versteht, trotz derselben sich Andern gleichzustellen.

      Die Tugend der Demuth ist aber so zu üben, daß die Amtsrechte dadurch nicht preisgegeben werben; denn wenn der Vorgesetzte mehr als geziemend sich vergibt, so kann er das Leben seiner Untergebenen nicht mehr in den Schranken der Zucht halten. Und so ist die Strenge der Zucht aufrecht zu erhalten, daß die Sanftmuth dabei sich nicht verliere, während der Eifer über Gebühr entflammt. Oft geben sich ia Laster für Tugenden aus; so will der Geiz als Sparsamkeit, die Verschwendung als Freigebigkeit, die Grausamkeit als Gerechtigkeitseifer, die Schwäche als Mitleid erscheinen. Strenge und Milde also sind verkehrt, so oft die eine ohne die andere ausgeübt wird, sondern mit großer Unterscheidungskunst muß sowohl die gerecht verfahrende Barmherzigkeit als auch die mild strafende Strenge angewendet werden. Dieß lehrt die ewige Wahrheit durch die Sorgfalt des Samariters, der den Halbtodten in die Herberge führt und ÖI und Wein in seine Wunden gießt. Denn der Wein sollte die Wunden schmerzhaft reinigen, das Öl lindern. So muß, wer das Amt hat, Wunden zu heilen, durch den Wein Schmerz erregen, durch das Öl aber mitleidige Linderung bringen, damit der Wein die Unreinigkeit entferne, das Öl aber die Heilung durch Schmerzeslinderung vorbereite. Es herrsche also Liebe, aber keine Schlaffheit, es herrsche Kraft, aber keine Härte. Dieß deutete die Bundeslade im hl. Zelte an, in welcher sich zugleich mit den Gesetztafeln auch der Stab Aarons und Manna befand; denn in dem Herzen des guten Seelenführers muß sich mit der Kenntnis der hl. Schrift zugleich auch der Stab der Strenge und das Manna der Milde befinden.

      Wenn ich nun, nachdem ich die Last des Hirtenamtes auf mich genommen, alles Dieß und noch viel Anderes dieser Art erwäge, so scheine ich zu sein, was ich in Wirklichkfeit nicht sein kann, besonders weil jeder Inhaber dieses Stuhles sich sehr viel mit irdischen Sorgen zu beschäftigen hat, so daß man oft zweifeln möchte, ob er ein Hirtenamt oder ein weltliches Besitzthum verwalte. Zwar kann kein geistlicher Vorsteher sich ganz von den Sorgen für äussere Dinge frei machen, aber er muß sich doch sehr Mühe geben, daß ihn dieselben nicht zu viel in Anspruch nehmen. Deßhalb heißt es mit Recht bei Ezechiel: „Die Priester sollen ihr Haupt nicht kahl scheeren, noch sich das Haar wachsen lassen, sondern sich die Haare ringsherum zuschneiden." 63Denn was bedeuten die Haupthaare als die auf das Aüssere gerichteten Gedanken der Seele? Da jene unbemerkt über dem Scheitel wachsen, so bezeichnen sie die Sorgen für dieses zeitliche Leben, welche aus unbewachtem und lauem Herzen entspringen, ohne daß wir es sonderlich bemerkten, weil sie so un vermuthet kommen. Weil also alle Vorsteher sich mit weltlichen Sorgen befassen müssen, sich aber doch ihnen nicht zu viel hingeben dürfen, darum wird bedeutungsvoll den Priestern ebensowohl verboten, das Haupt kahl zu scheeren, als die Haare wachsen zu lassen; denn sie sollen die irdischen Gedanken hinsichtlich der Lebensweise ihrer Untergebenen weder ganz von sich fern halten noch denselben allzu freien Spielraum lassen. Deßhalb heißt es nicht ohne Grund: „Rings herum sollen sie sich die Haare abschneiden, weil man irdische Sorgen, so weit es nothwendig ist, zulassen, sie aber rechtzeitig beseitigen muß, damit.sie nicht zu sehr Oberhand nehmen. Wenn also einerseits durch sorgfältige Verwaltung der äussern Güter das zeitliche Leben der Untergebenen vor Nachtheil bewahrt und anderseits dem erhabenen Schwung der Seele kein Hinderniß bereitet wird, weil man das Zeitliche mit weiser Mäßigung besorgt — dann bleiben gleichsam die Haare aus dem Haupte des Priesters zur Bedeckung der Haut stehen, werden aber beschnitten, damit sie das Gesicht nicht verhüllen. Auf diesem Stuhle aber sehe ich nicht, wie man diese weise Mäßigung einhalten könnte, da alle Tage so viele Fälle zur Erledigung vorliegen, daß dadurch der Geist erdrückt, der Leib aber getödtet wird. Darum, heiligster Bruder, bitte ich dich bei dem zukünftigen Richter, bei dem Chore der vielen tausend heiligen Engel, bei der triumphirenden Kirche der Erstlingserlösten im Himmel,— unterstütze mich, der ich unter der Last dieses Hirtenamtes zusammensinke, durch die Hilfe Deines Gebetes, auf daß die übernommene Last mich nicht über meine Kräfte beschwere. Eingedenk indessen des Wortes: „Betet für einander, damit ihr das Heil erlanget!" 64spende auch ich, um was ich bitte. Aber möge auch mir zu Theil werden, was ich spende. Denn wenn wir durch gegenseitige Gebetsunterstützungen mit einander verbunden sind, so reichen wir uns gleichsam bei einer Wanderung auf schlüpfrigem Pfade die Hände, und es zeigt dann als herrliche Wirkung der Liebe, daß die Liebe eines jeden Einzelnen umsomehr gekräftigt wird, je mehr Einer auf den Andern sich stützt.

      Weil man aber „mit dem Herzen glaubt zur Gerechtigkeit, während mit dem Munde das Bekenntniß geschieht zur Seligkeit,"65so bekenne ich, daß ich die vier Concilien annehme und verehre wie die vier heiligen Evangelien nämlich: das zu Nicäa, welches die gottlose Lehre des Arius verwirft, das zu Konstantinopel, welches die Irrlehe des Eunomius und Macedonius widerlegt, das erste von Ephesus, auf welchem der Frevel des Nestorius verurtheilt wurde, endlich das von Chalcedon, auf welchem die Bosheit des Eutyches und Dioscorus verdammt worden ist. Mit vollem GIauben stütze ich mich auf dieselben und halte sie mit aufrigtigster Zustimmung aufrecht. Wie auf einem quadratischen Grundstein erhebt sich über denselben der Tempel des hl. Glaubens, und wer immer auf diesen festen Grund sich nicht stützt, sei sein Leben und seine Handlungsweise wie immer beschaffen, der mag zwar ein Baustein zu sein scheinen, aber er ist dem Bau nicht eingefügt — Auch das fünfte Concilium verehre ich auf gleiche Weise; dasselbe verwirft den Brief, der dem Ibas zugeschrieben wird und voll des Irrthums ist; es beweist, daß Theodor,66der die Person des Mittlers zwischen Gott und den Menschen theilt in gottlose Ketzerei verfallen sei; auch verwirft dasselbe die Schriften des Theodoret, welche den Glauben des hl. Cyrillus tadeln wagten, als ein Werk unsinniger Verwegenheit. Alle Personen, welche die genannten verehrungswürdigen Concilien verwerfen, verwerfe auch ich; die sie aber annehmen, nehme auch ich an. Denn da ihre Rechtsgiltigkeit durch allgemeine Übereinstimmung67feststeht, so zieht sich und nicht ihnen den Boden weg, wer immer zu lösen wagt, wen diese Binden, oder zu binden, wen diese lösen. Wer aber anders denkt, der sei im Banne. 68 Wer aber am Glauben der genannten Synoden festhält, dem sei Friede von Gott dem Vater durch Jesus Christus, seinem Sohn, der mit ihm lebt und regiert, gleichwesentlich als Gott in der Einheit des hl. Geistes von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

       XIII. (26.) An den Patriarchen Athanasius von Antiochia.

      XIII. Gesammtausgabe 26.

      An den Patriarchen Athanasius von Antiochia.

       Inhalt: Der erste Theil ist fast identisch mit dem sechsten Brief dieses Buches. Gregor zeigt noch deutlich seine Verehrung für den heldenmüthigen Beekenner, dessen Recht er schon im Synodalschreiben gewahrt hatte, und sendet ihm Schlüssel des hl. Apostel Petrus. — (Daß der erste Theil des Briefes gleichlautend ist mit Brief 6, hat wohl darin seinen Grund, daß letzterer nicht abgesandt worden, sondern als Concept liegen geblieben war. Siehe 6. Brief.)

      Was die Ruhe für den Müden, die Gesundheit für den Kranken, die Quelle für den Dürstenden, das waren die Briefe Ew. Heiligkeit für mich. Denn jene Worte schien nicht die fleischliche Zunge zu sprechen, sondern ließen so sehr die geistige Liebe, von der sie eingegeben waren, erkennen, als ob die Seele selbst reden würde. Aber was Ihr weiter schreibet, ist sehr hart: Eure Liebe verlangt, daß ich die Last der Erde trage; und während Ihr zuerst mich in geistiger Weise liebet, liebet Ihr mich gleich darauf, wie mir scheint, nach Art dieser Welt und drückt mich durch die auferlegte Last zu Boden, so daß ich ganz die gerade Richtung und den Sinn für die Betrachtung verliere und nicht im Geiste der Weissagung, sondern nach Erfahrung sprechen muß: „Ich bin gebeugt und gar sehr verdemüthigt

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