Demokratietheorien. Rieke Trimcev

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Demokratietheorien - Rieke Trimcev

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von Padua: Die Idee der Volkssouveränität

       Ausgewählt und interpretiert von Klaus Roth

      Der Verteidiger des Friedens (1324)

      § 3 Wir aber wollen sagen, wie es der Wahrheit und dem Rate des Aristoteles Pol. B. 3, Kap. 6 entspricht: Gesetzgeber oder erste und spezifische bewirkende Ursache des Gesetzes ist das Volk oder die Gesamtheit der Bürger oder deren Mehrheit (pars valencior) durch ihre Abstimmung oder Willensäußerung, die in der Vollversammlung der Bürger in einer Debatte zum Ausdruck gekommen ist; diese Mehrheit schreibt vor oder bestimmt unter zeitlicher Buße oder Strafe, daß im Zusammenleben der Menschen etwas getan oder unterlassen werden soll: die Mehrheit, sage ich – unter Berücksichtigung der Zahl und Bedeutung der Personen –, in jener Gemeinschaft, für die das Gesetz gegeben wird, mag die vorhin genannte Gesamtheit der Bürger oder deren Mehrheit das selbst unmittelbar erledigen, mag sie es einem oder einigen zur Erledigung überweisen, die an und für sich nicht Gesetzgeber sind und es nicht sein können, sondern nur zu einem bestimmten Zwecke und nur manchmal und nur kraft Ermächtigung durch den primären Gesetzgeber. Im Anschluß daran sage ich: Durch dieselbe primäre Instanz, nicht eine andere, müssen die Gesetze und alle Abstimmungsergebnisse die notwendige Bestätigung ihrer formalen Korrektheit erhalten, was es auch mit gewissen Zeremonien oder Feierlichkeiten für eine Bewandtnis haben mag, die zum Sein des Abstimmungsergebnisses nicht erforderlich sind, sondern nur zum Gutsein, und ohne die die Abstimmung auch gültig wäre; ferner: von derselben Instanz müssen die Gesetze und alle Abstimmungsergebnisse Zusätze, Streichungen oder völlige Änderung, Auslegung und Aufhebung erfahren nach dem Erfordernis von Zeit, Ort und anderen Umständen, sofern sie eine derartige Maßregel zum Nutzen der Gesamtheit in solchen Dingen zweckmäßig erscheinen lassen. Dieselbe Instanz muß die Gesetze nach ihrer Annahme auch veröffentlichen oder verkünden, damit kein Bürger oder Fremder beim Verstoß gegen sie sich mit deren Unkenntnis entschuldigen kann. § 4 Bürger nenne ich nach Aristoteles Pol. B. 3, Kap. 1, 3 und 7, wer in der staatlichen Gemeinschaft an der regierenden, beratenden oder richterlichen Gewalt teilhat, je nach seinem sozialen Rang. Diese Beschreibung schließt von den Bürgern die Knaben, die Sklaven, die Fremden und die Frauen aus, wenn auch in verschiedenem Sinne. Denn Knaben von Bürgern sind künftige und potentielle Bürger, nur genügt das Alter noch nicht. Die Mehrheit aber muß man auffassen nach der guten Gewohnheit der Staaten, oder man muß sie bestimmen nach der Meinung des Aristoteles Pol. B. 6, Kap. 2.

      Der Obersatz (OS) dieses Beweises ist beinahe selbstverständlich, obwohl man aus I 5 seine Geltung beweisen und letzte Gewißheit entnehmen kann. Den Untersatz (US), daß nur, wenn das ganze Volk den Vorschlag gehört und gutgeheißen hat, ausschließlich das beste Gesetz gegeben werden kann, beweise ich, indem ich mit Aristoteles Pol. B. 3, Kap. 7 die Voraussetzung mache, am besten sei das Gesetz, das für das Gemeinwohl gegeben ist. Daher hat er gesagt: Das Richtige, in den Gesetzen, dient wohl dem Vorteil des Staates und dem allgemeinen Nutzen. Daß dies am besten ausschließlich von der Gesamtheit der Bürger erreicht wird oder deren Mehrheit, was als dasselbe fortan angenommen werden soll, zeige ich so: Dessen Wahrheit wird am sichersten beurteilt, und dessen Nutzen für die Allgemeinheit am sorgfältigsten beachtet, worauf die Gesamtheit der Bürger mit Verstand und innerer Anteilnahme ihre Aufmerksamkeit richtet. Einen Mangel an der Gesetzesvorlage kann nämlich eine größere Zahl eher bemerken als ein Teil von ihr; denn jedes körperhaftes Ganze wenigstens ist größer an Masse und Kraft als jeder Teil von ihm für sich. Ferner wird aus dem ganzen Volk heraus der Nutzen des Gesetzes für die Allgemeinheit schärfer beachtet, weil niemand sich wissentlich schadet. Dort aber kann jeder beliebige überblicken, ob der Gesetzentwurf mehr zum Vorteil eines einzelnen oder gewisser Leute neigt als zu dem der anderen oder der Gemeinschaft, und kann Einspruch erheben. Das wäre nicht möglich, wenn nur einer oder einige wenige, die mehr auf den eigenen Vorteil aus sind als auf den der Allgemeinheit, dieses Gesetz gäben. Diese Meinung stützt auch hinlänglich, was wir über die Notwendigkeit von Gesetzen in I 11 festgestellt haben.

       Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens. Auswahl aufgrund der Übersetzung von Walter Kunzmann und der Bearbeitung von Horst Kusch mit einem Nachwort von Heinz Rausch. © Stuttgart: Reclam 1971, I. Teil, Kapitel XII, §§ 3-6, S. 52-56

      Interpretation

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