Demokratietheorien. Rieke Trimcev

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Demokratietheorien - Rieke Trimcev

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sie nicht gleich ist, ist es auch nicht Freiheit. Wie aber kann sie gleich sein – ich will nicht sagen im Königtum, wo die Knechtschaft nicht einmal versteckt oder zweifelhaft ist, aber in den Staaten, in denen dem Wort nach alle frei sind? Sie geben ihre Stimme ab, sie übertragen Kommandos, Ämter, werden umworben, gefragt, aber sie geben das, was sie, auch wenn sie nicht wollten, erst recht geben müßten und was sie selbst, von wo es andere erbitten, nicht haben. Sie sind nämlich ohne Anteil an Herrschaft, öffentlichem Planen, Gericht aus ausgewählten Richtern, Dinge, die nach dem Alter und nach dem Geld der Familien abgewogen werden. In einem freien Volk aber wie in Rhodos, wie in Athen gibt es keinen von den Bürgern, der (nicht selbst alles werden könnte, was er vergibt)“. 32 (49) Sie sagen aber, man dürfe wegen der Ausartung eines ungezügelten Volkes nicht die ganze Form des freien Volkes zurückweisen; es gäbe nichts Unveränderlicheres, nichts Festeres als ein Volk, das einträchtig sei und alles auf seine Unversehrtheit und seine Freiheit bezöge. Am leichtesten aber möglich sei in dem Gemeinwesen die Eintracht, in dem allen dasselbe nutze; aus den Verschiedenheiten des Nutzens, wenn dem einen dies, dem anderen jenes von Vorteil sei, entstünde Zwietracht; daher sei der Zustand des Staates nie fest, wenn die Väter sich der Macht bemächtigten. Viel weniger gar noch in Königreichen, bei denen, wie Ennius sagt, ‚keine heilige Gemeinschaft im Herrschen noch Treu ist‘. Deshalb: da das Gesetz das Band bürgerlicher Gemeinschaft ist, Recht aber die Gleichheit des Gesetzes, mit welchem Rechte kann die Gemeinschaft der Bürger behauptet werden, wo die Bedingung der Bürger nicht gleich ist? Wenn man nämlich die Vermögen gleichzumachen nicht gewillt ist, wenn die Begabungen aller nicht gleich sein können, müssen sicherlich wenigstens die Rechte derer unter sich gleich sein, die Bürger in demselben Gemeinwesen sind. Was ist denn der Staat (civitas), wenn nicht die Rechtsgemeinschaft der Bürger?“

       Marcus Tullius Cicero: De re publica/Vom Gemeinwesen I, 25 (39) – 32 (49). Lateinisch/Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Karl Büchner. © Stuttgart: Reclam 1979, S. 131-145 (Auszüge)

      Interpretation

      Solange dieses System ohne allzu große Reibungen funktionierte, benötigte man keine Theorien, die das Handeln anleiteten. Erst in der Krise der Republik, als ihre Existenz infrage gestellt war, als mit Pompeius, Caesar und Octavian die Ära der Magnaten und die Rückkehr zur Alleinherrschaft einzelner Männer begann, wurden theoretische Reflexionen unternommen, die sich um die Rettung und Stabilisierung der bedrohten Ordnung bemühten und den Übergang in die Monarchie des Imperium Romanum zu verhindern suchten. Dabei half die Rezeption der griechischen Philosophie, mit der die Römer im Zuge ihrer Eroberungen in Berührung kamen. Im Spiegel des ganz anders gearteten Denkens der Griechen verlor die römische Überlieferung ihre Selbstverständlichkeit. Sie wurde verfremdet und reflexiv. Traditionsfixierte Römer wie der ältere Cato wehrten sich deshalb vehement gegen die drohende Überfremdung der römischen Kultur. Angesichts des unaufhaltsamen Aufstiegs Roms zur Weltmacht erwiesen sich vor allem die hellenistischen Herrschaftstheorien als adäquater Resonanzboden für die erforderlichen theoretischen Bemühungen. War doch hier längst von der Existenz autonomer Poleis und vom Engagement der sich selbstbestimmenden Bürgerschaft abstrahiert worden. Nicht die Klassiker des politischen Denkens, sondern ihre Nachfolger gelangten entsprechend zu Einfluss. Insbesondere die ethischen, anthropologischen und kosmopolitischen Spekulationen der mittleren Stoa (Panaitios, Poseidonios) konnten zu einem vertieften Verständnis der allgemeinen menschlichen Lage im entstehenden Imperium Romanum beitragen. Ihre Überlegungen zu den natürlichen und göttlichen Gesetzen, zu Gerechtigkeit und Wohlfahrt, Rechten und Pflichten des Bürgers, ihre Dekadenztheorie und Affektenlehre, ihre Konzeption des gerechten Krieges (bellum iustum) usw. konnten die Selbstverständigung der Römer stimulieren. Ferner konnten die geschichtstheoretischen Reflexionen des Polybios helfen, die Probleme der römischen Herrschaftsordnung besser zu verstehen. Seine Analysen zum Aufstieg Roms, seine Thesen zum Verfassungskreislauf, seine Auszeichnung der klassischen Republik als gelungene Verwirklichung einer Mischverfassung konnten bei der Erforschung der Krisenursachen und bei der Suche nach Auswegen aus der desolaten Lage helfen.

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