Midrasch. Gerhard Langer

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Midrasch - Gerhard Langer Jüdische Studien

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der Begründung, warum jeder einzelne Satzteil Sinn ergibt und Bedeutung hat, wird hier die naheliegende Verbindung zu einem verwandten Bibeltext hergestellt und daraus eine gemeinsame Folgerung gezogen.

      Zum vollkommenen Text gehört, dass Scheinbar Überflüssiges gedeutetscheinbar Überflüssiges gedeutet, Doppelungen exegetisch erläutert oder unklare Namen erklärt werden. Dies kann, wie schon erwähnt, z.B. durch die Identifizierung |49|mit bekannten Namen oder durch eine gewissermaßen Allegorische Interpretationallegorische Interpretation gelöst werden. Dazu abschließend ein Beispiel aus SifBem § 78SifBem § 78 im Kontext einer Diskussion um Proselyten:

      Und so findest du es bei den Gibeoniten.

      Was ist es (, was die Bibel dazu) sagt? „Und Joqim und die Männer von Koseba“ (1 Chron 4,22)?

      Und Joqim, weil Josua ihnen den Bund bestätigte (qijjem).

      Koseba, weil sie Josua anlogen (kisbu) und sagten: „Aus einem sehr fernen Lande kamen deine Knechte“ (Jos 9,9). Sie kamen aber nur aus dem Land Israel.

      […]

      Und so findest du es bei Rut, der Moabiterin.

      Was sagte sie zu ihrer Schwiegermutter?

      „Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott, wo du stirbst, will ich sterben“ (Rut 1,16–17). Gott sagte zu ihr: Du hast keinerlei Schaden (davon). Siehe, die Königsherrschaft ist dein in dieser Welt. Siehe, die Königsherrschaft ist dein in der Welt, die kommt.

      „Und Joasch und Saraf, die in Moab herrschten“ (1 Chron 4,22): Joasch und Saraf, das sind Machlon und Kiljon (Rut 1,2).

      Joasch, weil sie die Hoffnung auf Erlösung aufgaben (nitjaʿaschu). Joasch, weil sie die Hoffnung auf die Worte der Tora aufgaben.

      Saraf, weil sie ihre Kinder für den Götzendienst verbrannten (sarfu).

      „Die in Moab herrschten“ (baʿalu), weil sie moabitische Frauen heirateten. (baʿal = Ehemann)

      „Die in Moab herrschten“ (baʿalu), weil sie das Land Israel verließen und sich dem Gebiet Moabs zuwandten. [Sie kehrten aber nach Bethlehem zurück].

      „Wie eine alte Rede (lautet)“: Jedes einzelne ist an seiner Stelle erläutert.

      „Und Bewohner von Netaïm“ (1 Chr 4,23): Das ist Salomo, der einer Pflanzung (netia) in seinem Königreich glich.

      „Und Gedera“: das ist der Sanhedrin, der dasaß und die Worte der Tora einzäunte (goderet).

      Dort bei dem König, in seinem Dienst, saßen sie.

      Woher (ist zu belegen) dass du sagst, dass Rut, die Moabiterin nicht starb, bevor sie ihren Nachkommen Salomo gesehen hatte, (wie) er dasaß und die Rechtssache der beiden Dirnen richtete?

      Weil es heißt: „Bei dem König, in seinem Dienst, dort saßen sie“.

      Und siehe, die Dinge (ergeben) einen Schluss vom Leichteren auf das Schwerere: Wenn Gott diese, die aus einem Volk war, (von) dem es heißt: „Ihr sollt nicht mit ihnen verkehren, und sie sollen nicht mit euch verkehren“ (1 Kön 11,2), weil sie sich (ihm) selbst genähert hat, sich nahe gebracht hat, um wieviel mehr Israel, das die Tora befolgt.

      Wenn du aber sagst, in Israel war es nicht so, siehe, so heißt es bereits:

      „Da befahl der König Ägyptens den Hebammen der Hebräerinnen[, von denen die eine Schifra, die andere Pua hieß]“ (Ex 1,15). Schifra, das ist Jochebed. Pua, das ist Mirjam.

      Schifra, weil sie fruchtbar war (sche-para) und sich vermehrte.

      Schifra, weil sie die Neugeborenen reinigte (meschaperet).

      |50|Schifra, weil Israel in ihren Tagen fruchtbar war und sich mehrte.

      Pua, weil sie ihres Bruders wegen schrie (poa) und weinte. Denn es heißt: „Seine Schwester aber stellte sich von ferne hin, um zu erfahren, was mit ihm geschehen würde“ (Ex 2,4). (Übersetzung nach Börner-Klein, Sifre zu Numeri, S. 127–129)

      Midrasch ist die Auseinandersetzung mit dem vollkommenen Text, der keine Widersprüche enthält, der logisch, kurz und bündig Informationen vermittelt, dessen Unklarheiten erklärt, dessen weiße Flecken erforscht werden müssen. Die beste Quelle, um Fragen zu beantworten, ist der Text selbst, der in seinen verschiedenen Teilen das Material bereithält, um die Lücken zu füllen. Die Antworten können dabei durchaus differieren. So legt z.B. auch BerR 8.7BerR 8.7 1 Chr 4,23 allegorisch aus und versteht die Namen als Hinweise auf Wortwurzeln (Netaim von nata = pflanzen bzw. neta = Pflanzung; Gedera von gadar – einzäunen). Demnach lässt sich der Text hier, anders als im vorher genannten Beispiel, auf die Seelen der Gerechten anwenden, die an der Schöpfung mitwirken:

      [„Lasst uns einen Menschen machen“:] Jehoschua aus Sichnin: (das bedeutet:) Gott beriet sich mit den Seelen der Gerechten, wie es heißt: „Sie sind die Töpfer/Former (jotzrim) und Bewohner von Netaïm (joschve netaim) und Gedera (gedera) und wohnen/sitzen dort im Dienst des Königs“ (1 Chr 4,23). „Sie sind die Töpfer/Former“, denn: „Und es formte (wa-jitzer) JHWH Gott den Menschen aus Erde vom Ackerboden [und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen]“ (Gen 2,7). „Und Bewohner der Pflanzungen“ (joschve netaim), denn: „und es pflanzte JHWH Gott, im Garten Eden, [einen Garten an und setzte dorthin den Menschen, den er geformt hatte]“ (Gen 2,8). „Und des Zauns“ (gedera), denn: „Ich bin es, der dem Meer die Düne als Grenze gesetzt hat“ etc. (Jer 5,22). „Und wohnen/sitzen dort im Dienst des Königs“ – mit dem Höchsten aller Könige, gepriesen sei er, saßen die Seelen der Gerechten; mit ihnen beriet er sich und schuf die Welt.

      Midraschische Auslegung ist bei aller Offenheit nicht willkürlich. Gleichwohl ist die Freiheit der Exegese und die Offenheit der Interpretation schon in rabbinischer Zeit ein Diskussionspunkt. So sagt R. Jischmael etwa kritisch über R. Eliezers Auslegungspraxis: „Siehe, du sagst zur Schrift: Sei still, bis ich auslege!“ (Sifra, Tazriʿa 5.13.2, Weiss 68b)

      In kritischer Weise setzt sich auch das zwischen dem 8. und 10. Jh. entstandene Alphabet des Ben Sira mit rabbinischer Auslegung auseinander. Das wörtliche Schriftverständnis wird darin bevorzugt, aber dieses kann nicht alle menschlichen Fragen lösen, weshalb es einen Rückgriff auf eine Tugendlehre braucht, die sich nicht zuletzt auf beispielhafte Geschichten und Fabeln stützt.

      |51|4. Die Autorität der Rabbinen als Ausleger und die Macht des Midrasch

      „[Aus Rubinen mache ich deine Zinnen,] aus Beryll deine Tore (und alle deine Mauern aus kostbaren Steinen)“ (Jes 54,12) – entspricht dem, was R. Jochanan (auslegte), als er saß und erklärte: Der Heilige, gepriesen sei er, wird in Zukunft 30x30 (Ellen) große Edelsteine und Perlen hervorbringen und wird aus ihnen 10x20 [Ellen] (Öffnungen) schneiden und sie an die Tore Jerusalems setzen. Ein bestimmter Schüler verspottete ihn: Solche (Steine) in der Größe eines Taubeneis findet man nicht; gibt es denn welche in dieser Größe zu finden? Nach einiger Zeit segelte sein Schiff im Meer. Er sah die Dienstengel, die saßen und Edelsteine und Perlen sägten, die dreißig (Ellen) maßen, und auf denen (eine Öffnung von) 10x20 in der Höhe eingeschnitten war. Er fragte sie: Für wen sind diese? Sie sagten ihm: Der Heilige, gepriesen sei er, wird sie in den Toren

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