Midrasch. Gerhard Langer

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Midrasch - Gerhard Langer Jüdische Studien

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Midraschwerken auf. So hat Ezra Zion Melammed (Halachic Midrashim) rund 1300 Zitate allein aus den halachischen Midraschim im Jeruschalmi nachgewiesen. Die relative Mehrheit der Zitate bezieht sich mit rund 450 auf das Buch Levitikus. Auch wenn manche dieser Texte nur sehr kurz sind und daher mitunter schwer zu entscheiden ist, ob es sich um wirkliche Zitate handelt, kann man doch auch für bestimmte Werke eine schriftliche Vorlage annehmen, wie dies etwa Stemberger für Sifra (Sifra – Tosefta – |36|Yerushalmi) nachzuweisen versucht. Er untersucht ausführlich die 36 Parallelen zwischen Sifra und jJoma und kommt zum Schluss, dass den Redaktoren des Jeruschalmi eine schriftliche Version des Midrasch Sifra zur Verfügung stand, die sie wörtlich zitierten oder frei zusammenfassten (Sifra-Tosefta-Yerushalmi, S. 566).

      Darüber hinaus werden mehr als 1100 mehrheitlich haggadische und meist kurze Midraschim im Namen amoräischer Rabbinen zitiert. Hans-Jürgen Becker (Relationship; Sammelwerke) hat ausführlich die Querbezüge zwischen BerR und dem Jeruschalmi untersucht, Moscovitz (Relationship) Bezüge zwischen WaR und Jeruschalmi, Lerner (Ruth) solche zwischen RutR und Jeruschalmi. In jedem Fall ist hier immer mit einer längeren und komplizierteren Entwicklungsgeschichte zu rechnen als mit einfachem „Abschreiben“ in die eine oder andere Richtung.

      6. Zusammenfassung

      Der Begriff darasch entwickelt und verändert sich im Laufe der Zeit bereits innerhalb der Bibel von einem Befragen Gottes durch einen Propheten, Seher etc. zu einer Haltung eines Frommen hin zu einem Instruieren, Erläutern und Vermitteln von Tora und wandelt sich vor allem in rabbinischer Zeit zu einer hermeneutischen Durchdringung und Auslegung von Schrift. Sitz im Leben des Midrasch ist dann vor allem das Lehrhaus. Midrasch stellt einen eigenständigen Lehr- und Lernstoff dar. Erst im Mittelalter wird der Kontext der Predigt bedeutend (derascha).

      Wie im Forschungsbericht erwähnt, betonen neuere Definitionen den „schöpferischen“ Charakter von Midrasch (Heinemann), die mit ihm verbundene Aktualisierung von Schrift, definieren ihn als eine Hermeneutik (Boyarin), bei der die Begegnung des (rabbinischen) Lesers mit einem für ihn normativen Text im Mittelpunkt stehe; als interpretatives Verfahren (Kugel), als an klare Formen gebundene rabbinische Interpretation von Schrift (Goldberg, Teugels, Ulmer). Gary Porton bietet eine der am häufigsten zitierten Definitionen von Midrasch, die eine gute Basis für eine tragfähige Beschreibung darstellt.

      Vor allem aus Joshua Levinsons Studien lässt sich erheben, dass es keinen Widerspruch zwischen einer historisch-kontextuellen und einer literaturwissenschaftlichen Betrachtung von Midrasch geben muss. Texte sind nicht einfach Ergebnis eines soziokulturellen Kontextes, sie wirken auch auf diesen ein und verändern ihn.

      Neben strengen und ausschließlich auf die rabbinische Literatur beschränkten Begriffsbestimmungen von Midrasch finden sich auch |37|Meinungen, die Midrasch offener definieren. Mit Timothy Lim (Origins), der einen ausführlichen Überblick über Midraschdefinitionen bringt, ist vor einer Inflation des Begriffes Midrasch zu warnen:

      Erwähnt man „Midrasch“ heute, kommt einem sofort ein ganzes Arsenal an Einsprüchen in den Sinn. Er ist überverwendet worden in einer Weise, dass er inzwischen wenig mehr bedeutet als ein sexy Synonym für Exegese. (Origins, S. 611)

      In jedem Fall verbietet sich eine zu allgemeine Definition z.B. als aktualisierende Bibelauslegung. Midrasch ist aus einem hermeneutischen Bezugsrahmen erwachsen. Dazu gehört das besondere Verständnis der Schrift als über die Zeit hin gültige „Textwelt“, Zeugnis göttlicher Offenbarung und damit Mittel zur Kommunikation mit Gott.

      Im Midrasch wird die Bibel als bleibende Grundlage der GottesbeziehungBibel als bleibende Grundlage der Gottesbeziehung, der Erkenntnis, der Weltsicht, erfahrbar gemacht, werden Lücken geschlossen, Fragen geklärt, wird ein Dialog eröffnet. Diese Kommunikation muss offen bleiben und stellt sich nicht der Frage nach der „einen“, „wahren“ Auslegung. Sie ist gleichzeitig nicht willkürlich. Die Auslegungen orientieren sich an im Text angelegten Fragen und Bezügen und an hermeneutischen Grundsätzen, über die noch ausführlich gesprochen werden muss.

       [Zum Inhalt]

      |39|III. Hermeneutische Grundlagen der rabbinischen Auslegung

      1. Grundlegende Literatur

      Boyarin, Daniel, The Jewish Gospels. The Story of the Jewish Christ. New York 2012; ders., Borderlines. The Partition of Judaeo-Christianity. Philadelphia 2004 (deutsch: Abgrenzungen. Die Aufspaltung des Judäo – Christentums. Aus dem Amerikanischen von Gesine Palmer [ANTZ 10]. Berlin – Dortmund 2009); ders., Dying for God. Stanford 1999; ders., „Analogy vs. Anomaly in Midrashic Hermeneutic. Tractates Wayyassa and Amaleq in the Mekilta.“ JAOS 106 (1986), S. 659–666.

      Fraade, Steven D., „Rabbinic Polysemy and Pluralism Revisited: Between Praxis and Thematization.“ AJS Review 31 (2007), S. 1–40 (= Legal Fictions Kap. 20); ders., „Literary Composition and Oral Performance in Early Midrashim.“ Oral Tradition 14/1 (1999), S. 33–51 (= Legal Fictions Kap. 17).

      Goldberg, Arnold, „Die Schrift der rabbinischen Schriftausleger.“ FJB 15 (1987), S. 1–15 (= Gesammelte Studien II, S. 230–242).

      Hirshman, Marc, The Stabilization of Rabbinic Culture, 100 C.E.-350 C.E. Texts on Education and Their Late Antique Context. New York u.a. 22012; ders., A Rivalry of Genius. Jewish and Christian Biblical Interpretation in Late Antiquity (SUNY Series in Judaica: Hermeneutics, Mysticism, and Religion). New York 1996; ders., „The Greek Fathers and the Aggada on Ecclesiastes: Formats of Exegesis in Late Antiquity.“ HUCA 59 (1988), S. 137–165.

      Jaffee, Martin S., What Difference Does the „Orality“ of Rabbinic Writing Make for the Interpretation of Rabbinic Writings? In: Kraus, Matthew (Hg.), How Should Rabbinic Literature be Read in the Modern World? (Judaism in Context). Piscataway 2006, S. 11–33; ders., Torah in the Mouth: Writing and Oral Tradition in Palestinian Judaism, 200 BCE-400 CE. New York – Oxford 2001.

      Kamesar, Adam, The Church Fathers and Rabbinic Midrash. In: Encyclopedia of Midrash I, S. 20–40; ders., „The Church Fathers and Rabbinic Midrash: A Supplementary Bibliography, 1985–2005.“ RRJ 9 (2006), S. 190–196.

      Lieberman, Saul, Greek in Jewish Palestine. New York 21965; ders., Hellenism in Jewish Palestine. New York 21962.

      Porton, Gary, Methods of Early Rabbinic Biblical Exegesis. In: DiTommaso, Lorenzo/Turcescu, Lucian (Hgg.), The Reception and Interpretation of the Bible in Late Antiquity. Proceedings of the Montréal Colloquium in Honour of Charles Kannengiesser, 11–13 October 2006 (Bible in Ancient Christianity 6), Leiden – Boston 2008, S. 441–466.

      Rosen-Zvi, Ishay, Demonic Desires. „Yetzer Hara“ and the Problem of Evil in Late Antiquity. Philadelphia 2011.

      |40|Schäfer, Peter, The Jewish Jesus. How Judaism and Christianity Shaped Each Other. Princeton 2012; ders., Warum verschwand das Messiasbaby? Die Geburt des Christentums aus dem Geist des Judentums. In: ders., Die Geburt des Judentums aus dem Geist des Christentums (Tria Corda: Jenaer Vorlesungen zu Judentum, Antike und Christentum 6). Tübingen 2010, S. 1–31.

      Stein, Dina, Textual Mirrors. Reflexivity, Midrash, and the Rabbinic Self (Divinations, Rereading Late Ancient Religion). Philadelphia 2012.

      Stemberger, Günter, Hermeneutik der jüdischen Bibel. In: Dohmen, Christoph/Stemberger, Günter, Hermeneutik der Jüdischen Bibel und des Alten Testaments (Studienbücher

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