Midrasch. Gerhard Langer
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Eine umfassende Beschreibung der rabbinischen Vorkommen von darasch/Midrasch würde hier zu weit führen. Wenige Beispiele (mit Konzentration auf den Begriff Midrasch) müssen genügen.
So bietet die MischnaMischna als erste große Sammlung rabbinischer Gelehrsamkeit nur vier Belege für Midrasch und acht für darasch. In mKetubbot 4.6 ist Midrasch eine Auslegung bzw. eine Bestimmung im Zusammenhang mit einem Ehevertrag (vgl. bJevamot 117a); in mScheqalim 6.6 (vgl. Sifra Wa-jiqra Chova 12.21.6) leitet der Hohepriester einen Midrasch (Midrasch darasch) in Bezug auf Schuld- und Sündopfer ab, der Lev 5,19 und 2 Kön 12,16 verbindet; in mNedarim 4.3 steht Midrasch neben Halachot (rechtlichen Regeln, Handlungsnormen) und Aggadot (Erzählungen, freieren |27|Auslegungen) als Lernstoff. In mAvot 1.17 betont Schimon ben Gamaliel, dass das Tun wichtiger sei als der Midrasch, womit er wohl allgemein die Lehre meint. In mJoma 8.9 leitet R. Elazar ben Azarja aus Lev 16.30 ab bzw. lehrt, dass der Versöhnungstag Übertretungen zwischen Gott und Mensch sühnt, zwischen Mensch und Mensch jedoch nur dann, wenn vorher eine Versöhnung zwischen den beiden stattgefunden hat. In mJevamot 10.3 fungiert darasch als logische Ableitung (aus Lev 21,7) in Bezug auf Eherecht. Auch in mSota 5 wird darasch viermal im Kontext rechtlicher Entscheidungen, die aus biblischen Texten hergeleitet werden, verwendet. In mChullin 5.5 leitet Schimon ben Zoma aus Gen 1,5 analog in Bezug auf Lev 22,28 logisch ab, dass ein Tag immer die vorausgehende Nacht mitmeint. In allen Fällen von darasch meint man in der Mischna also eine Rechtliche Lehre, die aus biblischen Quellen erschlossen wirdrechtliche Lehre, die aus biblischen Quellen erschlossen wird.
Die ToseftaTosefta weist zehn Belege für Midrasch auf, zumeist im Zusammenhang mit einem bestimmten Lernstoff. In tSota 7.21 z.B. wird Spr 24,27 („Nimm draußen deine Arbeit auf und bestell dein Feld, danach gründe deinen Hausstand!“) ausgelegt, wobei jeder Teil des Verses mehrmals auf eine besondere Sache bezogen wird (z.B. Arbeit – Halachot; Feld – Liebeswerke; Haus – Midrasch), wofür man schließlich Lohn erhält. tSanhedrin 7.7 gibt klare Anweisungen zum Fragenkatalog und zum Umgang bei Prozessen bzw. auch beim Unterricht. Darunter heißt es auch:
Die ganze Tora ist eine einzige Sache. Eine [wichtige] Angelegenheit und eine [unwichtige] Angelegenheit: man hält sich an die [wichtige] Angelegenheit. Ein Präzedenzfall (maʿase) und kein Präzedenzfall: man hält sich an den Präzedenzfall. Halacha und Midrasch: Man hält sich an die Halacha. Midrasch und Aggada: Man hält sich an den Midrasch. Midrasch und Schluss vom Leichteren auf das Schwerere (qal wa-chomer): man hält sich an den Schluss vom Leichteren auf das Schwerere. Schluss vom Leichteren auf das Schwerere und Analogieschluss: man hält sich an den Schluss vom Leichteren auf das Schwerere. Gelehrter und Schüler: man hält sich an den Gelehrten. Schüler und Ungebildeter: man hält sich an den Schüler.
Midrasch nimmt hier wie schon in mNedarim 4.3 eine Zwischenstellung zwischen Halacha und Aggada ein (dies gilt u.a. auch für SifDev § 48; § 306; § 344). Er bezeichnet möglicherweise eine rechtliche Instruktion, die aus der Bibel abgeleitet wird, im Unterschied zur Halacha, die aus (davon unabhängiger) Überlieferung stammt. Eine Unterscheidung zwischen Halachot, Midraschot und (H)aggadot findet sich auch in der folgenden Auslegung in einem zeitlich wohl um Einiges später entstandenen Text, dem Midrasch Schemot Rabba. Nach ShemR 47.7ShemR 47.7 erhält Moses nach vierzigtägigem Fasten, nachdem er die ersten Tafeln des Bundes zerstört hatte, erneut |28|zwei Tafeln. Diese enthalten nun nicht mehr „nur“ den Bibeltext, sondern auch die gesamte mündliche Tora. Dazu heißt es:
Auf den ersten Tafeln waren nur die Zehn Gebote. Jetzt aber, da du dich kasteit hast, gebe ich dir Halachot, Midraschot und Aggadot; denn es heißt: „[Dann sprach der Herr zu Moses:] Schreib diese Worte auf! [Denn aufgrund dieser Worte schließe ich mit dir und mit Israel einen Bund]“ (Ex 34,27). Warum sagte der Heilige, gepriesen sei er: „Schreib“? Es steht doch geschrieben: „[Die Tafeln hatte Gott selbst gemacht], und die Schrift, die auf den Tafeln eingegraben war, war Gottes Schrift“ (32,16), und es steht geschrieben: „Wie bei der ersten Inschrift schrieb er auf die Tafeln [die Zehn Worte, die JHWH am Tag der Versammlung auf dem Berg mitten aus dem Feuer zu euch gesprochen hatte, und JHWH übergab sie mir]“ (Dtn 10,4). Vielmehr sagte der Heilige, gepriesen sei er, so zu ihm: Schreibe dir Tora, Propheten und Schriften, damit sie schriftlich (so nach der Druckausgabe) seien; doch Halachot, Midrasch, Haggadot und Talmud sollen mündlich sein. Als Moses das erfuhr, begann er zu sagen: „Dass ich gedemütigt wurde, war für mich gut; [denn so lernte ich deine Gesetze]. Die Weisung deines Mundes ist mir lieb, [mehr als große Mengen von Gold und Silber]“ (Ps 119,71–72).
Der wohl ins 9. Jh. zu datierende Midrasch Mischle (MidMish) bietet in Kap. 10 eine Abfolge des LernstoffLernstoffs, in der Midrasch zu den fünf Büchern Moses nach dem Midrasch zu Levitikus und seinen rechtlichen Belehrungen gelehrt wird und der vor allem Bestimmungen zum „Höre Israel“, den Gebetsriemen und der Mezuza umfasst und deutlich von Haggada und Talmud unterschieden wird. Auch hier ist Midrasch also in erster Linie auf rechtliche Belange bezogen.
Nach dem halachischen Midrasch SifDev (Haʿazinu § 313) verstanden die Israeliten am Sinai sofort, wieviel Midrasch in den Zehn Geboten enthalten ist, „wieviel Halacha, wieviele Schlüsse vom Leichteren auf das Schwerere und wieviele Analogieschlüsse“. Hier könnte Midrasch synonym für Haggada stehen. Dies gilt auch für tEruvin 8.24 bzw. tChagiga 1.9, wo Teile der rabbinischen Handlungsnormen, die sich kaum aus der Bibel ableiten lassen, von anderen unterschieden werden, die eine Fülle von Schrift(bezügen), Midrasch und Halachot aufweisen.
Im Bibeltext von Ex 18,15 ist vom Wunsch des Volkes an Moses die Rede, Gott zu befragen (li-drosch). Dann heißt es: „Wenn sie einen Streitfall haben, kommen sie zu mir. Ich entscheide dann ihren Fall und teile ihnen die Gesetze und Weisungen Gottes mit (et-chuqqe ha-elohim weet torotaw)“ (V. 16). Sein Schwiegervater gibt Moses daraufhin den Rat: „Nun hör zu, ich will dir einen Rat geben, und Gott wird mit dir sein. Vertritt du das Volk vor Gott! Bring ihre Rechtsfälle vor ihn, unterrichte sie in den Gesetzen und Weisungen, und lehre sie, wie sie leben und was sie tun sollen“ |29|(V. 19.20). Im halachischen Midrasch MekhJ wird im Abschnitt Amaleq 4 das Wort chuqqim (Gesetze) aus Ex 18,16.20 mit den midraschot (Pl.) in Beziehung gebracht. So heißt es:
„Und unterrichte sie in den Gesetzen“: Die Gesetze (chuqqim) – das sind die midraschotDie Gesetze (chuqqim) – das sind die midraschot; „und Weisungen (torot)“ – das sind die Entscheidungen – Worte des Rabbi Jehoschua. Rabbi Elazar von Modiin sagt: „Gesetze“, das sind die Inzestverbote, wie es heißt: „Befolgt keinen von den gräulichen Bräuchen“ (Lev 18,30); „die Weisungen“ – das sind die Entscheidungen.
Vergleichbare Auslegungen, wo man jeweils chuqqim auf midraschot bezieht, finden sich in Sifra Schemini 1.9 zu Lev 10,10; Achare Mot 9.9 zu 18,26; Bechuqqotai 2.8.9,10 zu 26,43.46; in MidTann zu Dtn 26,16 oder in SifDev § 58.59 zu Dtn 11,32 und 12,1, wo es heißt:
„Das sind die Gesetze (chuqqim)“ (Dtn 12,1) – das sind die midraschot; „und die Rechtsvorschriften“ – das sind die dinim; „auf die ihr achten sollt“ – das ist die Lehre (mischna); „und die ihr halten sollt“ – das ist das Tun (maʿase).
Gegenüber der geläufigen Übersetzung als „Auslegungen“ (Stemberger in MekhJ) für midraschot, „exegeses“ (Neusner in Sifra „exegeses“) oder „interpretations“ (Hammer in SifDev),