Handbuch Bibeldidaktik. Группа авторов
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Es ist nötig, die Konkretheit der biblischen Zusammenhänge nie außen vor zu lassen, wenn von Gott geredet wird. Andererseits – und das ist die Aufgabe der Dogmatik – gilt es, grundlegende Linien des Handelns Gottes zu verstehen. Dabei kann es nicht darum gehen, diese Linien an die Stelle der konkreten Erzählungen zu setzen, sondern Zusammenhänge zu sehen. Die Grundlinie der Bibel ist das rettende Handeln Gottes. Die von Gott geschaffene Welt wird immer als bedrohte Welt geschildert. Israel ist bedroht – durch seine Nachbarn, aber vor allem durch sich selbst. Auch das NT zeigt uns den bedrohten Menschen – noch stärker als das AT zeigt es den letztlich durch sich selbst bedrohten Menschen, der nicht in Einklang mit Gottes Willen und damit auch nicht im Frieden mit sich selber lebt (= Sünde). Was ist nun das Kennzeichen Gottes angesichts dieser aussichtslos erscheinenden Situationen? Gott erbarmt sich der Menschen, er kommt, sie zu retten, sie nicht dem Verderben zu überlassen. Auch die Propheten (vielleicht von Amos einmal abgesehen), die von Gottes Zorn über Israel wissen (z.B. Hosea), sehen den Zorn Gottes letztlich als Moment seines rettenden Handelns. Die Rede vom Zorn Gottes bei Paulus (Röm 1–3Röm 1–3) führt zur Rettung, zur Rechtfertigung des Gottlosen. Es ist deshalb kein Zufall, dass aus christlicher Perspektive die Mitte des rettenden Handelns Gottes in der Person des gekommenen Messias gesehen wird – Jesus heißt übersetzt „Gott rettet“.
|115|Aber auch Gottes dunkle Seiten[7] sind zu sehen: Erfahren wird nicht selten Gottes Willkür und Gewalttat, der in der Bibel beschriebene militante Gott ist oft schwer in Verbindung mit dem Grundzug des rettenden Handelns zu bringen. Aus dieser Schwierigkeit kommen wir prinzipiell nicht heraus. Es hilft übrigens nicht, Gott – wie M. Luther es vorgeschlagen hat – in einen verborgenen (deus absconditus) und einen offenbaren Gott (Jesus Christus) aufzuteilen. Dieser Vorschlag führt letztlich zur Frage, ob Jesus Christus denn der „eigentliche“ Gott sei – oder nur Gottes uns zugewandte Seite, hinter der noch ganz Anderes steckt. Erklären lässt sich Gott letztlich nicht. Es bleibt die in Jesus Christus verbürgte Hoffnung: „Darum wird das Erscheinen des Richters, des Weltenrichters, nun tatsächlich die Aufgabe erfüllen, die das AT diesem Amt zugedacht hat, die Aufrichtung des endgültigen Schalom, einer Friedensordnung, die mehr ist als Abwesenheit von Krieg, nämlich jener […] Zustand, in dem wir ‚Leben und volles Genüge‘ haben sollen [Joh 10,10Joh 10,10], in dem die Nähe des anderen nicht mehr als Bedrohung und Konkurrenz, sondern als hilfreiche Nachbarschaft erfahren wird, weil Gott selbst unser Nachbar geworden ist“.[8]
Der dreieine Gott
Obgleich uns trinitarische Formeln in der Bibel begegnen (z.B. Mt 28,19Mt 28,19; 2 Kor 13,132 Kor 13,13), kennt sie keine ausgeführte Trinitätslehre.[9] Und doch sind die Beschlüsse der Alten Kirche zur Dreieinigkeit Gottes (Nicäno-Konstantinopolitanum) und zum Verhältnis der Naturen in Christus (Chalcedonense) als Kommentare zur Bibel zu sehen. Der Weg Gottes ist der Weg Jesu Christi und anders als im Kommen Gottes in Jesus Christus konnten die ersten Christen nicht mehr von Gott reden. Für die Verfasser des NTs war ein Verständnis der Schrift (nämlich des ATs) gar nicht mehr ohne den gekommenen Messias möglich. Und deswegen ist der Sohn von Ewigkeit her Sohn Gottes und nicht erst dazu gemacht worden (so jedenfalls formulieren direkt oder indirekt viele neutestamentliche Texte, vgl. Joh 1,1–18Joh 1,1–18; Kol 2,1–15Kol 2,1–15; die Taufe Jesu in Mk 1Mk 1 wird zwar immer wieder als Adoptionstext verstanden, er zeigt indes eher eine Proklamation.[10] Und das heißt: Aus christlicher Perspektive ist der im AT bekannte Gott immer schon der dreieinige Gott und nicht allein der Vater Jesu |116|Christi. Die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes kann so auch viele Aspekte integrieren: Gott ist immer schon ein Gott in Beziehung; Gott brauchte die Schöpfung als Gegenüber nicht, um Gemeinschaft zu leben – er wollte sie aber. Gott selber verbündet sich unauflöslich mit dieser Welt, weshalb sie nicht mehr als gottlos zu verstehen ist. Im Heiligen Geist wendet sich Gott der Welt und den einzelnen Menschen auch heute individuell zu. Die Trinitätslehre ist auch deshalb eine Hilfe zum Verständnis der Bibel, weil sie nicht von der abstrakten Zahl „eins“ ausgeht, sondern den einen sich der Welt rettend zuwendenden Gott bekennt.
Gott im Religionsunterricht
Das biblische Zeugnis von Gott und die menschliche und natürlich auch bei Kindern vorhandene Frage nach Gott sind zu unterscheiden. Ob man bei allen Menschen die Frage nach Gott voraussetzen kann, muss hier nicht entschieden werden. Ich bin allerdings skeptisch, ob man bei einer zunehmend säkularer werdenden Gesellschaft vorhandene Lebenssehnsüchte und Fragen nach dem Sinn des Lebens mit der Frage nach Gott identifizieren kann – es könnte auch eine Vereinnahmung von gerade nicht nach Gott fragenden Menschen sein. Der Religionsunterricht als solcher ist aber ein Setting, in dem das Thema „Gott“ unausweichlich ist – und das weiß jeder und jede.
Je nach theologischer Position kann nun vermutet werden, dass allein von der vorhandenen menschlichen Frage auszugehen ist, weil sonst kein Existenzbezug vorhanden sei – oder allein von der allen Menschen gegenüberstehenden fremden uns nur durch Offenbarung zuteilwerdenden Wahrheit. Deutlich wird jedenfalls, dass ein wesentliches Unterrichtsziel darin bestehen muss, die biblischen Aussagen über Gott gerade als fremde und nicht zu vereinnahmende Texte zu hören. Sie erzählen uns Geschichten und die eine Geschichte Gottes mit der Welt und fordern uns heraus, in ein Gespräch mit der biblischen Überlieferung einzutreten.
In der Primarstufe werden es vornehmlich biblische Geschichten sein, wie es die Lehrpläne der verschiedenen Bundesländer empfehlen. Dabei ist es wichtig, sie auch als Geschichten von Gott zu verstehen. Denn die Geschichten der Erzväter oder um Mose herum sind nicht allein beeindruckende und Mut machende Geschichten, in denen menschliche Tugenden und Schwächen zu sehen sind. In der Konkretheit der Erzählungen ist sogar ein „Überschuss“[11] des ATs zu sehen. Aber es sind in dieser Konkretheit immer auch Geschichten von Gott. Wenn man sie als solche wahrnimmt und d.h. sie auch als Teil der einen Bibel liest, kann es nicht darum gehen, dieses Reden von Gott auf einen Begriff zu bringen oder möglicherweise sogar eine Moral zu entdecken. SuS werden wie bei jeder guten Erzählung Identifikationsvorstellungen entwickeln. Wenn es im Unterricht gelingt, dass Kinder eine Geschichte als Geschichte von Gott wahrnehmen und |117|dann ihre ureigenen und auch ihre reflexiv entwickelten Fragen an den in der Geschichte bekannten Gott artikulieren, dann wird die Frage nach Gott und d.h. die konkrete Frage nach dem und an den dreieinen Gott immer konkreter und das heißt: immer verwobener mit dem Leben der SuS.
Auch in der Sek I ist „Gott“ immer wieder Thema. Aus Sicht der Bibel kann es immer nur darum gehen, dass dieses spezifische Zeugnis von Gott seine unverwechselbare Stimme einbringen kann. Wenn im Unterricht vor allem religionswissenschaftlich vorgegangen wird, dann geschieht schnell eine Perspektivenverschiebung: Dann geht es nicht mehr darum, was die Bibel von Gott sagt, sondern wie dieser Glaube möglicherweise entstanden ist. Religionsunterricht darf aber nicht dazu verkommen, allein eine angeblich neutrale religionswissenschaftliche Haltung zu vermitteln. Eine Theologie der Religionen, in der über allen vorhandenen Religionen der eine Gott stehe, verkennt das Zeugnis der Bibel (und vereinnahmt gleichzeitig die anderen Religionen und auch den christlichen Glauben). Es ist deshalb immer anzuraten, die biblischen Stimmen als Herausforderung zu hören – und damit immer auch als Infragestellung der immer wieder vorhandenen und von allen (!) mitgebrachten Gottesbilder.
In der Sek II gibt es Oberstufenkurse, die sich allein dem Thema „Gott“ widmen. Die mir vorhandenen neuesten von P. Kliemann/A. Reinert[12] und B. Husmann/M. Hülsmann[13] zeigen beide einen großen Reichtum an Texten und Vorstellungen und helfen den Unterrichtenden, mit gutem Material und hilfreichen Hintergrundinformationen den Unterricht differenziert und reich gestalten zu können. Es fällt aber auf, dass Husmann/Hülsmann deutlich stärker die biblischen Gottesaussagen konzeptionell ins Gespräch bringen oder anders gesagt: Bei Husmann/Hülsmann ist der Ausgangspunkt das biblische Zeugnis, das dann ins Gespräch mit der Gegenwart gebracht wird, bei Kliemann/Reinert, die deutlich mehr Material liefern, sind es grundlegende Aspekte der Gottesthematik, in die dann biblische Stimmen einbezogen werden.
Im Religionsunterricht