Handbuch Bibeldidaktik. Группа авторов
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Gott handelt aus sich selbst heraus oder:
Gottes Freiheit zur Welt
Bereits der Anfang der Bibel macht einen Grundzug göttlichen Handelns deutlich: Gott beginnt aus sich heraus, ohne dass er von wem auch immer genötigt worden wäre, die Welt zu schaffen, Israel zu erwählen, sein Volk durch die Wüste zu begleiten, in seinem Sohn selber zur Welt zu kommen, gekreuzigt zu werden, aufzuerstehen und der Welt eine glanzvolle Zukunft zu verheißen – so einmal ein vogelflugartiger Blick in die biblische Komposition göttlichen Verhaltens. Die einzige Antwort auf die Frage, warum Gott Israel erwählt hat oder in Jesus Christus zur Welt gekommen ist, lautet letztlich: Weil er es so wollte. Weiter gehen die biblischen Texte nicht zurück. Es gibt also keine über Gott liegende Notwendigkeit, die ihn zum Handeln zwingen würde. In der theologischen Fachdiskussion wird hier von „Gottes Freiheit“ gesprochen. Allerdings ist – anders als das beispielsweise unser moderner Freiheitsbegriff nahelegt – nicht zunächst von einer „Freiheit von“ auszugehen (Gott ist frei von allem Zwang, etwas zu tun), sondern zunächst von der „Freiheit zu“: Gott ist frei, sich der Welt zuzuwenden.
|112|Gott hat einen Namen oder: Gott ist kein Gattungsbegriff
In Ex 3,14Ex 3,14 antwortet Gott auf die Frage des Mose, was denn sein Name sei: „Ich werde sein, der ich sein werde“ – oder auch mit „Ich-bin-da“ zu übersetzen. Im Hebräischen steht hier das JHWH – kein Gottesbegriff, sondern ein Name. Damit ist ein Grundzug des Gottesverständnisses in der gesamten Bibel beschrieben: Der Name ist entscheidend – für Israel bis heute ein heiliger Name. Deutlich wird das in der Punktierung des Gottesnamens im AT. Überall dort, wo JHWH geschrieben steht und „Jahwe“ als Aussprache zu erwarten ist, deuten die für die Vokale stehenden Punkte „Adonai“ an (=„mein Herr“). Damit wird deutlich: Immer da, wo im AT und auch im NT von „Gott“ die Rede ist, geht es nicht um einen Sonderfall der Spezies Gott – Gott ist vielmehr der eine, der sich zu erkennen gegeben hat und dem alleine zu dienen ist. Wenn einmal andere Götter in den Blick kommen (etwa im ersten Gebot [Ex 20,3Ex 20,3] oder auch bei Elia [1 Kön 181 Kön 18]), stehen diese nie auf einer Ebene mit dem einen Gott – es sind letztlich kraftlose und „schweigende Götter“[2], die Israel nicht helfen können. Wenn man also dem biblischen Gottesverständnis folgt, wäre es unpassend, zuerst einen Gottesbegriff mit bestimmten Eigenschaften (wie etwa: „ein“ Gott ist allwissend, allmächtig etc.) zu konstruieren, um diesen dann ungebrochen auf „Ich-bin-da“ zu übertragen.
Gott erwählt Israel und die Kirche – zu seinem Dienst
Viele Exegeten vertreten die Auffassung, dass der Schöpferglaube in Israel erst im 7./6. Jh. v. Chr. entstanden sei – Ausgangspunkt sei vielmehr, dass Gott sein Volk Israel erwählt habe.[3] Die vielfach so genannte „Urgeschichte“ (Gen 1–11Gen 1–11) wäre dann eine Konsequenz: Der, der Israel erwählt hat, ist auch der Schöpfer der Welt. „Dich hat der HERR, dein Gott, aus allen Völkern auf der Erde für sich erwählt als sein eigenes Volk. Nicht weil ihr zahlreicher wäret als alle anderen Völker, hat sich der HERR euch zugewandt und euch erwählt – denn ihr seid das kleinste von allen Völkern –, sondern weil der HERR euch liebte und weil er den Eid hielt, den er euren Vorfahren geschworen hatte, darum führte euch der HERR heraus mit starker Hand und befreite dich aus dem Sklavenhaus, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten“ (Dtn 7,6–8Dtn 7,6–8 – die Schriftweise HERR verdeutlicht, dass hier der Gottesname steht). In diesen Versen wird ein einseitig beginnendes Verhältnis Gottes zu den Menschen deutlich: Er erwählt sich ohne nachvollziehbaren Grund, aus lauter Liebe ein Gegenüber – und das ist Israel.[4] Und im NT ist es die Kirche, die hinzukommt (vgl. 1 Petr 2,101 Petr 2,10) – |113|und auch der Glaube kommt aufgrund von Gottes Erwählung zustande (vgl. Eph 2,8Eph 2,8). Immer aber hat die Erwählung einen Zweck: im Reden und Handeln zum Zeugen Gottes zu werden (→ Art. Bund/Erwählung).
Gott ist Schöpfer
Gegen eine Tendenz im frühen Christentum, die unzulängliche Welt nicht mit dem allmächtigen Gott in Verbindung zu bringen (so Marcion), legt die Bibel Wert darauf, dass Gott und Welt unlöslich miteinander verbunden sind. Das wird bereits deutlich in den bekannten Schöpfungstexten am Anfang der Bibel. Auch Ps 104 ist ein reiches, buntes und beeindruckendes Lob der Schöpfung (und kann dabei vermutlich Schöpfungsaussagen von Nachbarvölkern aufgreifen), aber der Psalmbeter weiß (Ps 104,35Ps 104,35) um die „deprimierende Gegenerfahrung des Bösen und Rätselhaften in der Welt, um dessen Verschwinden er bittet“.[5] Der Glaube an Gott den Schöpfer ist eng verwoben mit der Bewahrung; darauf liegt übrigens die Betonung der Reformatoren, wenn sie von Gott dem Schöpfer sprechen.[6] Es wäre aber die Bibel noch nicht genau gelesen, wollte man das Schöpferhandeln Gottes nur im AT finden. Einerseits wird im NT mehrfach deutlich gemacht, dass Christus als Schöpfungsmittler fungiert (vgl. z.B. Kol 1,15–20Kol 1,15–20), andererseits können auch die Wunder und Heilungen Jesu schöpfungstheologisch verstanden werden: Jesus Christus ist die Schöpfung untertan, seine Vollmachtszeichen sind in diesem Zusammenhang auch eschatologisch zu verstehen, weil das Reich Gottes in ihm angebrochen ist.
Gott lässt sich nicht festlegen –
oder die bleibende Gültigkeit des zweiten Gebots
Auffällig ist, dass die Bibel konkret von Gott redet. Er wird im Regelfall weder als allmächtig oder allgegenwärtig benannt, es wird nicht von Gottes „An-sich-Sein“ (lat. aseitas) geredet noch von seiner Unendlichkeit. In der Bibel aber wird vor allem von Gott erzählt – jedes Beispiel hier zu nennen bedeutet andere wichtige auszulassen. Die fantastisch gestaltete Josephsnovelle endet mit einem Hinweis, wie hinter allem Durcheinander Gottes Leiten steht: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen“ (Gen 50,20Gen 50,20). Die Exoduserzählung spannt einen großen Bogen und zeigt Gott als Befreier (Ex 3,14–20Ex 3,14–20), als Adler, der sein Volk auf seinen Flügeln trägt (Ex 19,4Ex 19,4), als Gebieter, der die 10 Gebote gibt (Ex 20Ex 20), aber auch als eifersüchtig (Ex 20,5f.). |114|Auch die Propheten zeigen Gott als Handelnden, der das Volk, das er erwählt, auch bestraft – und gerade im Buch des Propheten Hosea ist dann überraschend, wie sehr Gott nicht allein als strafend auftritt, sondern anschließend wie ein Liebhaber um sein Volk Israel buhlt (beides etwa in Hos 2Hos 2 zu sehen).
Auch das NT weicht von diesem Grundcharakter nicht ab: Die Evangelien erzählen wenig vom „Sein“ Jesu Christi, sondern berichten von seinen Taten, und auch die Briefliteratur reflektiert vor allem die Bedeutung dessen, dass Gott in Jesus Christus gehandelt hat. Das in großen Teilen der Christenheit vernachlässigte Bilderverbot nimmt diesen Gedanken der Konkretheit auf. Es ist ja auffällig, dass einerseits in der Bibel Gott mit einer Fülle von Bildern beschrieben wird. So ist Gott beispielsweise Hirte (Gen 49,24Gen 49,24; Ps 23,1–4Ps 23,1–4), Henne (Mt 23,37Mt 23,37), Richter (Ps 7,9Ps 7,9), Arzt (Ex 15,26Ex 15,26), Vater (Ex 4,22Ex 4,22) und Mutter (Num 11,12Num 11,12) – sie beschreiben vor allem das grundlegend menschenfreundliche Verhalten Gottes. Und andererseits warnt das Bilderverbot davor, sich Bilder von Gott zu machen. Ein Widerspruch? Nein. Denn die Funktion des Bilderverbots besteht darin, Gott nicht auf ein bestimmtes normierendes Bild festzulegen. Deswegen steht jede Begrifflichkeit (wie auch jede förmliche Abbildung) immer in Gefahr, zur Einseitigkeit zu werden, wenn man nicht immer wieder die Pluriformität und Pluralität des