Handbuch Bibeldidaktik. Группа авторов
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|110|Aufbrechen lässt sich der Kanon im Kanon weiter durch die Arbeit mit der Bibel im Sinne einer Alteritätsdidaktik, die zum einen auf die Fremdheit der biblischen Glaubenstradition als solcher setzt, zum anderen die in Unterricht, Verkündigung und Katechese häufig verwendeten und womöglich überstrapazierten Texte gezielt zurücktreten lässt zugunsten von unbekannten, fremd oder gar anstößig erscheinenden Traditionen. Dass das Fremde mehr anzieht als das Altbekannte, gilt auch für biblische Texte. Möglicherweise erweist sich dann, dass das Buch Kohelet oder das Hohelied gar nicht so fremd erscheinen, sondern das Lebensgefühl heutiger Jugendlicher treffen, dass der Jakobszyklus durch die geschilderte Geschwisterthematik Grundschülerinnen mehr anspricht als die Abrahamstradition, dass die Erzählung von Kain und Abel Hauptschüler durchaus zu packen vermag, dass Opferrituale in ihrer Verknüpfung von Heiligem und Gewalt für die Unverfügbarkeit des Lebens sensibilisieren und dass irritierende Elemente durch Konflikte oder einen zürnenden Gott keineswegs zu einer Generalabsage an die Bibel als ganze führen. Auch die Bibellektüre nach den Regeln des kanonischen Lesens – „,Zusammenhänge aufnehmen‘ – ‚Mut zur Fläche (narrative Bögen, übergreifende Zusammenhänge!)‘ – ‚Mut zum Surfen im Inter-Text ‚Bibel‘!“[27], sei es nur durch die Beachtung der Verweisstellen am Rand – führt zur Entdeckung neuer Traditionen und schlägt den Bogen von der Schöpfung zur Neuschöpfung, von der Genesis zur Apokalypse. Gewährt die Begrenzung auf einen Kanon im Kanon zwar Sicherheit, aber vielfach auf Kosten von Eintönigkeit, können „fremde“ Texte die Bibel erstmals oder wieder neu „interessant“ erscheinen lassen – ein Ziel, dem sich nicht verwehren kann und darf, wer mit der Bibel arbeitet.
Leseempfehlungen
Adam, Gottfried/Lachmann, Rainer (Hg.), Kinderbibeln. Ein Lese- und Studienbuch. Münster 2006.
Diess./Schindler, Regine (Hg.), Das Alte Testament in Kinderbibeln. Eine didaktische Herausforderung in Vergangenheit und Gegenwart. Zürich 2003.
Diess. (Hg.), Die Inhalte von Kinderbibeln. Kriterien ihrer Auswahl. Göttingen 2008.
Adam, Gottfried/Lachmann, Rainer/Reents, Christine (Hg.), Elementare Bibeltexte. Exegetisch – systematisch – didaktisch. Göttingen 2001.
Büttner, Gerhard et al. (Hg.), Zwischen Kanon und Lehrplan. Münster 2009.
Enners, Julian, „Kanon im Kanon“ und Bibeldidakik. Eine bibeldidaktische Studie zum „Kanon im Kanon“ ausgewählter bibeldidaktischer Konzeptionen, Lehrpläne und Religionsbücher. Kassel 2017.
Lindner, Heike, Kompetenzorientierte Fachdidaktik Religion. Praxishandbuch für Studium und Referendariat. Göttingen 2012.
Nauerth, Thomas, Fabelnd denken lernen. Konturen biblischer Didaktik am Beispiel Kinderbibel. Göttingen 2009.
Seitz, Christopher R., Art. Canonical Approach I. RGG4 2 (1999), 53f.
Steins, Georg/Ballhorn, Egbert (Hg.), Der Bibelkanon in der Bibelauslegung. Methodenreflexionen und Beispielexegesen. Stuttgart 2007.
Fußnoten
Steins, Georg, Elementarisierung der Bibel nach dem canonical turn der Bibelwissenschaft. In: Rendle, Ludwig (Hg.), Was Religionslehrerinnen und -lehrer können sollen: Kompetenzentwicklung in der Aus- und Fortbildung. 3. Arbeitsforum für Religionspädagogik. Donauwörth 2008, 38–51, 39.
Dazu wurden in einer eigenen Untersuchung die in den aktuellen Lehr- und Bildungsplänen angeführten biblischen Texte – ohne Berücksichtigung ihrer jeweiligen Funktion – numerisch erfasst und kategorisiert sowie jeweiliges „Sondergut“ eigens klassifiziert. Die unterschiedliche Struktur der Pläne erschwert die Vergleichbarkeit: Manche, insbesondere Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen führen detailliert eine Vielzahl von Bibelstellen auf, andere machen kaum Vorgaben. – Eine hilfreiche Übersicht über die biblischen Themen im evangelischen Religionsunterricht der verschiedenen Schularten bietet Lindner, Heike, Kompetenzorientierte Fachdidaktik Religion. Praxishandbuch für Studium und Referendariat. Göttingen 2012, 36f.
Dies wird für die Sekundarstufe I an Gymnasien in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eindeutig bestätigt durch die jüngst vorgelegte Studie von Enners, „Kanon im Kanon“, 2017.
Tschirch, Reinmar, Kinderbibeln kritisch gelesen. In: Adam/Lachmann, 2006, 119–126, 121. Nach Lachmann, Rainer, Synoptische Bilanzierung des Textkanons ausgewählter Kinderbibeln. In: Adam/Lachmann/Schindler, 2008, 145–200, 151, werden Briefliteratur und die Johannesoffenbarung ausnahmslos ausgeklammert.
Baum-Resch, Anneli, „Wann ist eine Kinderbibel gut?“. In: Adam/Lachmann, 2006, 127–139.
Vgl. Wuckelt, Agnes/Dillmann, Rainer (Hg.), Die neue Jugendbibel. Stuttgart 2002; Katholisches Bibelwerk (Hg.), Die Jugendbibel. Stuttgart 2006; Deutsche Bibelgesellschaft (Hg.), Gute Nachricht für Teens: Die ganze Bibel. Stuttgart 2012.
Ausführlich dazu Fricke, Michael, „Schwierige“ Bibeltexte im Religionsunterricht. Theoretische und empirische Elemente einer alttestamentlichen Bibeldidaktik für die Primarstufe. ARP 26. Göttingen 2005, v.a. 23–26 und 259–282. Er weist darauf hin, dass jeder biblische Text insofern als „schwierig“ gelten kann, weil keiner per se kindgerecht ist.
Dass diese Gefahr besteht, stellt Enners, a.a.O., mit Blick auf das von ihm analysierte Korpus heraus, vgl. Enners, „Kanon im Kanon“, 2017. Er plädiert dafür, dass dort, wo gewollt oder ungewollt ein „Kanon im Kanon“ biblischer Texte zustande kommt, dieser immer auch auf theologische Einseitigkeiten und Verkürzungen hin untersucht werden sollte.