Medienwandel. Joseph Garncarz

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Medienwandel - Joseph Garncarz

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beantwortet werden können.

      Der wissenschaftliche Tunnelblick ist der akademischen Forschung durchaus bewusst. Traditionell wird das Problem dadurch gelöst, dass eine Zusammenarbeit von Forschern unterschiedlicher Disziplinen gefordert wird. Sonderforschungsbereiche, an denen Wissenschaftler mehrerer Disziplinen beteiligt sind, bieten hier eine geeignete Möglichkeit. De facto findet ein solches interdisziplinäres Arbeiten jedoch nicht in einem wünschenswerten Maß statt. Eine Alternative dazu,[42] die der Autor dieses Buchs favorisiert, ist, sich selbst weniger von Disziplinen als von Fragestellungen antreiben zu lassen und sich dabei, was die Beantwortung der Fragen angeht, unterschiedlicher Methoden verschiedener Disziplinen zu bedienen. Dieses transdisziplinäre Verfahren ist wissenschaftlich gesehen von Vorteil, hilft der akademischen Karriere jedoch nicht, da diese von Disziplinen mit ihren Grenzen und Verteidigungslinien bestimmt wird.

      Kapitel 8 und 9 sind sozialwissenschaftliche Studien, die nach der Kultur- bzw. Schichtenspezifik von Filmpräferenzen fragen. Kapitel 10 ist ein Beispiel für eine transdisziplinäre Analyse, die sich kultur-, sozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Methoden bedient.

      Im Folgenden werden zum einen begriffliche Konzepte vorgestellt, die nützlich sind, um den Wandel der Medien zu erforschen, zum anderen wird die Rolle der eigenen Wahrnehmung thematisiert, die unsere Sicht auf den Medienwandel mit bestimmt.

      Begriffliche Konzepte

      Aufgabe einer Medienhistoriografie ist nicht allein, ein neues Wissen über den Medienwandel zu schaffen, sondern dabei zugleich das tradierte Wissen zu korrigieren. Ein Medienhistoriker, der dies leistet, ist also immer auch ein Mythenjäger, der Legenden als solche erkennt und durch ein adäquateres Wissen ersetzt. Aber wie ist das möglich?

      Grob gesprochen gibt es zwei Typen von Medienhistorikern. Die Vertreter der einen Gruppe sind Verfechter von Konzepten, die sie selbst in der Regel als Theorien bezeichnen, während die Vertreter der anderen Gruppe ein theoriegeleitetes Forschen für einen Irrweg halten. Die Vertreter der ersten Gruppe lassen sich zudem danach unterscheiden, welchem Theoriegebäude sie sich verpflichtet fühlen (also etwa der Systemtheorie, den Cultural Studies, der Kritischen Theorie). Die Möglichkeiten, medienhistorisch Innovatives zu leisten, sind bei Vertretern dieser Schule beschränkt, da ihre Sicht auf die Mediengeschichte in einem erheblichen Maß durch das jeweilige Theoriegebäude präjudiziert wird. Interessanterweise arbeiten die Vertreter der zweiten Gruppe, deren Blick auf den Wandel der Medien offener ist, keineswegs ohne begriffliche Konzepte – sie explizieren sie nur nicht.

      Der Autor dieses Buchs ist der Überzeugung, dass man begriffliche Konzepte, aber keine Ideologien oder Großtheorien braucht, um Mediengeschichte zu schreiben. Ein wissenschaftliches Konzept funktioniert im Grunde wie ein begrifflicher Rahmen, der unseren Blick so auf den Forschungsgegenstand richtet, dass neue[43] Erkenntnisse möglich werden. Konzepte sollten alle für die jeweilige Forschung relevanten Faktoren berücksichtigen, jedoch so offen sein, dass sie Forschungsergebnisse nicht vorwegnehmen. In diesem Sinn sind Medienhistoriografie und Konzeptualisierungen interdependente Prozesse. Ohne Reflexion auf die Konzepte bleibt das Verständnis des Medienwandels verschwommen und belastet durch Vorurteile der Forschenden. Die bloße Arbeit an Konzepten, ohne den ständigen Bezug auf den Wandel der Medien, ist dagegen ein intellektuelles Spiel, das wenig Sinn ergibt.

      Alle Fallstudien dieses Buchs arbeiten mit begrifflichen Konzepten. Die meisten Fallstudien arbeiten mit einem empirisch-vergleichenden Begriff von Popularität. Im kulturwissenschaftlichen Kontext ist es üblich, Popularität als eine Eigenschaft des Produktes zu definieren (populär im Sinn von »bloß unterhaltsam«) und nicht als Resultat der Mediennutzung. Definiert man den Popularitätsbegriff dagegen empirisch-vergleichend, ändert sich die Sicht auf die Mediengeschichte grundlegend, da der Mediennutzer in den Blick gerät. Ein Medienprodukt ist dann populärer als ein anderes, wenn es von mehr Menschen genutzt wird.

      Um ein neues Wissen über den Medienwandel zu schaffen und dabei zugleich das tradierte Wissen zu korrigieren, muss man nicht nur wissenschaftliche Konzepte reflektieren, sondern auch Primärquellen recherchieren und auswerten. Diese sind für neue Einsichten fast immer unverzichtbar.

      Oft wird Mediengeschichte ausschließlich auf der Basis von Sekundärliteratur geschrieben. Die Qualität solcher Arbeiten steht und fällt mit der Qualität der Sekundärliteratur selbst. Hält die Sekundärliteratur einer kritischen Prüfung stand, ist gegen dieses Verfahren nichts einzuwenden. Vielfach werden in der Sekundärliteratur jedoch Vorurteile weitergegeben, da sie sich oft nur auf Sekundärliteratur bezieht, ohne dass diese zuvor einer kritischen Überprüfung unterzogen worden wäre. Nur ein systematisches Quellenstudium kann zu einer nachhaltigen Korrektur tradierter Vorurteile führen.

      Als Quellen werden alle Zeugnisse verstanden, die eine möglichst zeitnahe Auskunft über ein vergangenes Ereignis geben können. Im Unterschied zur Forschungsliteratur liefern Quellen selbst keinen substanziellen Beitrag zur Interpretation der Geschichte. Forschungsliteratur leistet dagegen genau dies; hier werden Ereignisse der Geschichte gedeutet bzw. erklärt. Quellen sind jedoch keineswegs gleichbedeutend mit Fakten – auch Quellen können »lügen«. Jede Quelle bedarf der sorgfältigen Interpretation, wobei zu berücksichtigen ist, wer das Dokument mit welchem Interesse verfasst hat.

      Ob ein Dokument als Quelle oder als Forschungsliteratur gilt, kann von der Fragestellung des Forschenden abhängen. Ein Text eines Schriftstellers zum Kinodrama[44] der frühen 1910er-Jahre liefert zweifelsohne eine Interpretationsleistung. Fragt man jedoch diskursgeschichtlich nach der Art, wie das Kino dieser Zeit von Schriftstellern wahrgenommen wurde, so hat ein solcher Text in diesem Zusammenhang den Status einer Quelle.

      Es gibt eine große Bandbreite unterschiedlicher Quellen: Unveröffentlichte Quellen wie z. B. Bauakten zu Kinos, Zensurunterlagen jedweder Art, Protokolle von Entscheidungsgremien der Rundfunkanstalten, Geschäftsunterlagen, Nachlässe von Firmen, Einzelpersonen; veröffentlichte Quellen wie zum Beispiel Branchen- oder Fanzeitschriften, Jahresberichte von Firmen oder Werbematerial. In Deutschland finden sich solche Quellen in einer Vielzahl öffentlicher Archive wie zum Beispiel:

       Bundesarchiv, Berlin (Akten des Propagandaministeriums, der Ufa u. a.)

       Deutsches Rundfunkarchiv, Frankfurt am Main (Akten der öffentlichrechtlichen Sender)

       Hochschule für Bildende Künste, Berlin (eine Vielzahl von Nachlässen einzelner Künstler)

       Deutsches Filminstitut, Frankfurt am Main, und Filmmuseum Berlin (Branchenzeitschriften, diverse Nachlässe u. a. von Paul Kohner, Artur Brauner)

      Sie finden viele Quellen – aber längst nicht alle – mittlerweile auch im World Wide Web. Bitte informieren Sie sich über die Präsenz von Quellen etwa auf den Seiten des Deutschen Rundfunkarchivs (www.dra.de) sowie auf den Seiten des Deutschen Filminstituts (www.deutsches-filminstitut.de).

      Neben nationalen Archiven sind lokale Archive für die Mediengeschichte von großer Bedeutung. In Stadtarchiven befindet sich oft eine Vielzahl interessanter veröffentlichter und unveröffentlichter Quellen zur lokalen Mediengeschichte wie zum Beispiel:

       Lokale Tageszeitungen mit Anzeigen und Berichten

       Dokumente zur lokalen Zensurgeschichte

       Bauakten zu Kinos, Varietés usf.

       Quellen zur Vergnügungssteuer

      Kapitel 6 verwendet diverse Quellen aus lokalen Archiven, um das Phänomen des mobilen Kinos der Jahrmärkte in Deutschland um 1900 darzustellen.

      [45]Kapitel

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