Tatort Bodensee. Eva-Maria Bast
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Читать онлайн книгу Tatort Bodensee - Eva-Maria Bast страница 28
»Umgebracht! Dass ich nicht lache!«, schnaubte Hofer wütend. »Sie beide schon wieder und ihre ewigen Mordtheorien. Das war, das kann ich Ihnen gerne auch schriftlich geben, Selbstmord. Ganz einfacher stinknormaler Selbstmord ohne irgendwelche Fremdeinwirkung! Und wenn Sie es nicht glauben, dann fragen Sie den Doktor. Der hat keinerlei Spuren von Gewaltanwendung bei der Leiche gefunden! Aber das passt Ihnen ja wohl nicht ins Konzept, oder?«
Doch Protnik ließ sich nicht so schnell abwimmeln: »Von äußerer Gewaltanwendung, meinen Sie. Abwarten, was die Obduktion bringen wird!«
Jetzt lief der andere knallrot an. »Da gibt es keine Obduktion! Das war Selbstmord, basta, fertig! Wir sind ja schließlich auch keine Idioten, oder! Aber wir rennen doch nicht jedem Selbstmörder so lange hinterher, bis wir irgendeine blödsinnige Mordtheorie aufstellen können. Da wird nichts mehr untersucht: Das war Selbstmord! Ende der Fahnenstange! Kapiert?« Böse glotzte er Protnik ins Gesicht.
Auch Schlotterbeck trat nun ganz nahe auf die anderen zu. »Der Arzt stellt gerade den Totenschein aus. Und auf dem steht: Selbstmord! Kapiert?«, presste er mit gefährlich leiser Stimme hervor. »Sie gehen jetzt wohl besser nach Hause!«
Protnik nickte, allem Anschein nach mittlerweile gewaltig zerknirscht. »Machen wir. Einverstanden! Aber eine winzige Frage habe ich dann zum Schluss doch noch!« Ziemlich kleinlaut stand er da und blickte die beiden anderen bittend an. Horst war gespannt, was jetzt gleich kommen würde.
Schlotterbeck verdrehte die Augen. »Also, eine Frage noch und dann aber Feierabend!«
Protnik nickte zum zweiten Mal. »Danke! Was ich nicht verstehe, ist Folgendes: Wir stehen hier auf dem Gebiet des Bodenseekreises, das ist doch gar nicht Ihr Gebiet. Dafür ist doch Friedrichshafen zuständig, oder?« Damit deutete er auf die Kennzeichen der Einsatzfahrzeuge mit den Abkürzungen der zuständigen Landespolizeidirektion Tübingen. »Wie also kommen Sie hierher?« Forschend blickte er von einem zum anderen.
Nun war es an Schlotterbeck zu explodieren. »Weil ich vom LKA bin. Und das Landeskriminalamt betreut das ganze Land!« Er schrie so laut, dass die anderen sich erstaunt umdrehten und sogar der Mann mit dem Cordhut aufhörte, mit den Armen in der Gegend herumzufuchteln. »Und weil ich mitbekommen habe, dass da ein Journalist tot am Seil hängt! Per Polizeifunk übrigens! So was soll’s geben! Und weil mein Kollege weiß, dass der da ab und zu mit dem toten Taucher gemauschelt hat! Und weil wir wissen wollten, ob da was dran ist und …«
Weiter kam er nicht. Hofer hatte ihm energisch die Hand auf die Schulter gelegt und damit den Redefluss gestoppt. Ihm waren die Erklärungen schon viel zu weit gegangen! »Basta! Schluss jetzt! Also: Sie machen jetzt, dass Sie Land gewinnen! Ansonsten halten Sie sich per Handy zu unserer Verfügung. Sie wissen ja …«, setzte er zynisch lächelnd hinzu. Dann drehte er sich um, gefolgt von Schlotterbeck, der nach seinem Wutausbruch von gerade eben immer noch heftig schnaufte.
Protnik stützte Horst weiter am Oberarm. »Und wenn das Selbstmord war, dann fresse ich einen Besen samt Hexe! Diese Zudecker, diese verdammten Vertuscher und Nicht-Aufklärer!«, murmelte er bitter.
»Ich möchte nur wissen, ob das Absicht oder Faulheit ist«, setzte Horst nachdenklich hinzu.
Protnik sah ihn an – ein beinahe flehender Ausdruck trat in seine Augen. »Bitte, lass es Faulheit sein! Nicht auszudenken, wenn es anders wäre – dann gute Nacht, Marie!«
Wie ein Blitzschlag durchzuckte Horst in diesem Moment ein Gedanke. »Claudia! Verdammt, wir haben Claudia vergessen!« Verflixt und zugenäht – wenn sie sich wenigstens endlich ein Handy zugelegt hätte. Verzweifelt sah er auf seine Uhr: 14.30 Uhr. Jetzt sollte er eigentlich Claudia vom Überlinger Bahnhof abholen. Oje – auch das noch! »Komm, Protnik, wir müssen schnellstens zum Bahnhof«, rief er seinem verdutzten Kollegen zu. »Komm schon, gib Vollgas!«
Es gab Tage, an denen sollte man lieber im Bett bleiben – und der Tag war schließlich noch lange nicht zu Ende!
20
Am Überlinger Bahnhof war – natürlich – von Claudia weit und breit nichts zu sehen. Horst sah auf seine Armbanduhr: fünf Minuten nach 15 Uhr – über eine halbe Stunde zu spät! Er war der Verzweiflung nahe: »Auch das noch! Wo um alles in der Welt soll ich denn jetzt suchen? Also wenn das so weitergeht, dann kannst du mich bald in der Klappsmühle abliefern!«
»Und mich gleich mit dazu!« Auch Protnik hatten sich die letzten Stunden gewaltig aufs Gemüt gelegt. »Das hält ja der stärkste Bär nicht aus: Mordversuch, ein toter Gesprächspartner, pampige Kollegen, drohendes Disziplinarverfahren, kaputtes Auto und jetzt auch noch eine verschwundene Ehefrau! Nein«, er hieb sich mit der geballten Faust auf sein Knie, »mir wird das alles so langsam zu viel!«
Horst gab sich einen Ruck: »Komm, es hilft alles nichts, wir müssen sie suchen! Vielleicht war Claudia so schlau und hat sich mit dem Taxi nach Nußdorf bringen lassen. Also, Michael, fahr los! Wir schauen erst mal auf dem Stellplatz in Nußdorf nach!«
Wenige Minuten später lenkte Protnik seinen verbeulten Astra auf die Hofeinfahrt des Anwesens, wo Horsts Freund aus Albstadt seinen Wohnwagen aufgestellt hatte. Ein roter Rangerover mit BL-Kennzeichen parkte neben der Buchenhecke. Horst schwante Übles! »Oh Gott, auch das noch!« Er straffte sich und atmete tief durch. »Der Frieder aus Albstadt ist also auch da …«
Und nicht nur der war anwesend. Kopfschüttelnd stand Claudia vor dem Wohnwagen, aus dessen Tür gerade ihr gemeinsamer Freund Frieder trat, der ihr gestikulierend einen ganz offensichtlich ärgerlichen Tatbestand schilderte.
Die ersten Wortfetzen drangen an Horsts Ohr: »… und dann hat er auch nicht mal die Tür abgeschlossen, als er abgehauen ist! Da hätte ja jeder … Aha, da ist er ja!« Frieder hatte die beiden Kollegen bemerkt und musterte Horst mit bitterbösem Blick. Auch Claudia drehte sich um: der Vorwurf in Person! Das konnte ja ein lustiger Nachmittag werden! An seiner Seite spürte er eine Bewegung: Protnik hatte die Situation offenbar erfasst und sich vorsichtig umgedreht, um dem zu erwartenden Donnerwetter, mit dem er schließlich nicht das Geringste zu tun hatte, zu entkommen. Der Feigling! »Sputnik, bitte!«, zischte Horst seinem Kollegen zu und hielt ihn am Hemdsärmel fest. »Bitte mach jetzt nicht die Fliege, sondern bleib einfach neben mir stehen! Bitte!«
Protnik hob mit einer resignierten Geste die Hände. »Also gut, von mir aus! Auch vollends egal! Also dann: Augen zu und durch!«
Im selben Moment brach auch schon das Donnerwetter los: »Sag mal, was hast du dir eigentlich dabei gedacht!« Claudia stemmte die Hände in die Hüften und baute sich vorwurfsvoll vor ihrem Ehemann auf. »Wie kann ein einzelner Mensch denn in so kurzer Zeit so viel Mist bauen, kannst du mir das einmal sagen?«
Horst zog es vor, zunächst einmal gar nichts zu sagen und stumm den weiteren Verlauf des Gewitters abzuwarten. Da stellte sich Frieder neben Claudia und deutete mit dem ausgestreckten Arm auf die Öffnung in der Seitenwand seines Wohnwagens, wo es vor drei Tagen die Abdeckklappe fortgeweht hatte. Ach, du meine Güte! Daran hatte er im Strudel der Ereignisse wahrlich nicht mehr gedacht!
»Kannst du mir sagen, wieso du meinen Wohnwagen offensichtlich gerade in seine Einzelteile zerlegst?«, polterte Frieder mit hochrotem Kopf nunmehr los. »Und weshalb du gleichzeitig in drei Teufels Namen die Inneneinrichtung flutest? Da!« Er machte mit dem ausgestreckten Arm eine ausholende Bewegung. »Schau dir die Sauerei an: alles nass, tropfnass und stinkend! Wie soll man da noch übernachten!« Wütend machte Frieder kehrt und stürmte in sein lädiertes Feriendomizil, bevor Horst auch nur ansatzweise Gelegenheit gefunden hätte, eine wie auch immer formulierte Entschuldigung