Das Leben ist ein Abenteuer. Hans-Peter Vogt

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Das Leben ist ein Abenteuer - Hans-Peter Vogt

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dass sich plötzlich eine Hand in seinen Arm schob. Dann merkte er das warme angenehme Gefühl. Er sah zur Seite. Es war Helen. Er legte den rechten Arm um sie, dann suchte er mit der Linken ihre Hand und drückte sie leicht an sich.

      Er wusste nichts von diesem Mädchen. Sie wusste nichts von ihm, aber es hatte gefunkt. Er konnte sich das nicht erklären. Er lehnte dort an der Rückwand des Raums. Helen führte seine Hand leicht an ihre Brust. Sie war voll und weich. Nils schloss die Augen. Er atmete die Musik und die leichte Berührung.

      Dann ging die Tür auf. Carola kam rein. Sie stockte, dann machte sie das große Licht an. Die Musik erstarb. „Hey, was’n das. Ihr seid wohl meschugge.“ Sie stürmte auf die Bühne und zerrte Cindy vom Mikro weg. „Raus hier, das ist meine Veranstaltung.“

      Nils machte sich von Helen los, er ging auf Carola zu und versuchte sie zu beruhigen, aber Carola war nicht zu beruhigen.

      Nils zuckte schließlich mit den Schultern, er sah die drei Mädchen an, die völlig betroffen waren, dann gab er ihnen einen Wink. „Kommt.“

      Cindy, die Cindy, die sonst so stark schien, war plötzlich nur noch Rotz und Wasser. Sie hatte es doch nur gut gemeint. Sie hatte ausgeholfen. Sie hatte sich gefreut, ihrer Stimme einmal den vollen Lauf zu lassen. Die Freundinnen hatten Cindy in den Armen und trosteten sie.

      Nils berührte Helen leicht an der Schulter. „Kommt mal mit. Das ist alles sehr bedauerlich. Es tut mir leid. Cindy hat das nicht verdient.“ Dann führte er die drei Mädchen in eins der andern Häuser und öffnete die Tür zu einem Probenraum. Die Musik knallte ihnen entgegen. Das war knüppelharter Rock.

      Die Gruppe spielte bisher instrumental. Sie hätten gern einen Leadsänger oder eine Sängerin gehabt, aber sie hatten noch nicht das Passende gefunden. Sie waren um vieles besser als „Elan“ und Nils wusste, dass sie schon einige Stücke für Stimme geschrieben hatten. Wo keine Stimme war, konnte man keine einsetzen.

      „Jungs“, sagte Nils beim eintreten, und zog den Stecker. „Verzeiht mir den Interruptus. Ich möchte euch jemand vorstellen. Das sind Cindy, Helen und Lara. Von Helen und Lara weißích nichts. Cindy hab ich grade singen gehört, ihr habt da doch dieses Stück, „Leben um zu lieben“ oder wie das heißt. Habt ihr die Noten da?“ Sven nickte. „Klar doch.“

      Nils gab Cindy die Noten. „Hier wird dir das nicht noch mal passieren, was du gerade erlebt hast. Sieh dir mal die Noten an - du kannst doch Noten lesen?“ Cindy sah Nils an, als hätte er sie nicht alle. Dann sah sie sich das Notenblatt an und fing leicht an zu summen. Sie fing noch mal an. Lara ging zu ihr und summte mit, dann begann Cindy von vorn. Lara summte die Grundmelodie. Cindy bildete Worte, sie fing an zu nuancieren. Leise noch, aber dann gab sie den Musikern einen Wink. „Könnt ihr mich etwas begleiten? Ich möchte das noch mal versuchen.“ Sie probierten das drei-viermal. Cindy wurde immer besser. Die Töne kamen jetzt ziemlich klar. Diese Cindy hatte ein unglaubliches Stimmvolumen.

      Helen hatte sich wieder bei Nils eingehakt. Sie verfolgten die Entwicklung. Nils staunte. „Woher kann Cindy das“, fragte er. „Ihre Mutter war Sängerin. Sie hat ihre Eltern aber bei einem Autounfall verloren. Cindy lebt jetzt seit sechs Jahren bei uns. Die Musik hilft ihr, das Erlebte zu verarbeiten.“

      Nils staunte.

      Das Stück war gerade wieder um. Sven hielt die Hand hoch und sah dann zu seinen Freunden. „Schon mal aufgetreten“, fragte er. Cindy nickte. „Hast du Zeit? Willst du in den nächsten Wochen mit uns proben?“ Dann fragte er unvermittelt. „Wie alt bist du eigentlich?“

      Cindy senkte den Kopf. „Dreizehn.“ Sven schnaufte. Seine Truppe war fünf jahre älter. Sie waren local heroes - lokale Größen, sie hatten sich in Berlin und Brandenburg schon einen Namen gemacht, aber dieses Mädchen schien ein Naturtalent zu sein.

      Sven wandte sich an Nils. „Hast du was dagegen, wenn Cindy mit uns probt?“ Nils schüttelte den Kopf. Das ist eure Sache. Deine und Cindys. Ihr entscheidet das.“

      Sven wandte sich an Cindy. „Willst du? Cindy drehte sich glückselig zu ihren Freundinnen um und sah zwei fröhliche und zustimmende Gesichter. Dann fragte sie zurück. „Könnt ihr auch Lara gebrauchen? Als Backgroundsängerin? Sie macht das wirklich gut.“

      Sven nickte. „Versuchen wir es.“

      Dann gaben sie Cindy ein anderes Notenblatt. „Wenn du Zeit hast, dann versuchen wir mal das nächste Stück. Da ist sogar Background angesagt.“

      Nils Handy klingelte. Er sah kurz auf das Display, tippte mehrere Tasten und steckte es wieder ein. „Ich muss weg. Ihr kriegt das hier alleine hin. Die Mädels sind in unserem Haus noch neu. Betreut sie ein bisschen, führt sie ein bisschen herum, ja?“

      Zu Helen sagte Nils leise. „ich muss wirklich weg. Mein Vater braucht mich. Sehn’ wir uns wieder?“ Helen drückte Nils einen leichten Kuss auf die Lippen. Ihr Mund schmeckte süss, fast wie reife Kirschen. Nils schmolz wie Schokolade in der Sonne. Er küsste zurück und genoss einen Moment diese warme Glut. Dieses Mädchen war echt unglaublich. Er musste sich losreißen. Er atmete schwer, drückte ihr die Hand und schlüpfte aus der Tür. Draussen lehnte er sich an die Wand und atmete tief ein. Er spürte plötzlich durch die Mauer, dass Helen dasselbe machte. Er schüttelte den Kopf. Das musste ihm gerade heute passieren. Heute brauchte er einen klaren Kopf.

       4.

      Als er in die Wohnung kam, wartete Théra auf ihn. „Komm, leg dich ein bisschen hin, du brauchst jetzt Ruhe.“ Sie brachte ihn in sein Zimmer, dann setzte sie sich neben das Bett, nahm seine Hand und fing an zu summen. Fünf Minuten später war Nils eingeschlafen.

      Papa sah Théra an. „Wird Nils das heute schaffen?“

      Théra nickte. „Ich bin mir sicher. Nils ist verwirrt. Er ist von der Liebe wie von einem Blitz getroffen worden, aber er wird heute abend wach sein. Wir können auf ihn zählen.“

      Dennis sah Théra stirnrunzelnd an.

      „Ja ja, ist gut. Es wird gefährlich heute. Nils muss einen klaren Kopf haben, aber vertrau mir. Nils schafft das.“

      Später am abend ging Théra noch mal weg. Dennis ging zu Nils, aber der schlief wie ein Stein. Dennis seufzte.

      Er kannte dieses Gefühl. Er sah Laura an und sie nahm ihren Mann in die Arme. „Wenn du dir nicht sicher bist, dann lass Nils zuhause. Du wirst das mit Théra auch alleine schaffen. Dennis nickte, als die Türe aufging. Eva platzte mitten herein. „Oh, stör ich?“ Nein, nein, komm, setz dich zu uns.“

      Eva setzte sich schräg gegenüber auf den Sesselrand und fixierte Dennis. „Nils wird das schaffen, glaub mir.“ Dennis sah erstaunt auf und Eva bekräftigte. „Dieses Mädchen hat ihm den Kopf verdreht, aber heute Nacht ist Nils bei klarem Verstand.“

      „Aber...“ hatte Laura auf den Lippen... Dennis lachte leise. Seine Kinder waren schon unvergleichlich. Eva hatte das alles gesehen. Deshalb war sie nach Hause gekommen. Sie wusste, dass sie ihn jetzt bestätigen musste. Er lächelte dankbar. Eva ging zu ihren Eltern, kniete sich vor die beiden hin und nahm ihre Hände. „Es wird gefährlich, aber es wird gut gehen. Nur nicht die Vorsicht außer acht lassen. Diese Russen sind wie Skorpione.“

      Dann zog sich Eva zurück. Dennis hatte ihr nichts erzählt,

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