Internationales Privatrecht. Thomas Rauscher
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Hat A von Geburt die italienische und die deutsche Staatsangehörigkeit erworben und wurde ihm – ohne Verlust der beiden bestehenden Staatsangehörigkeiten – zum Zweck der Berufung als Professor an eine österreichische Hochschule die österreichische Staatsangehörigkeit verliehen, so werden bei seinem Tod sämtliche drei Heimatstaaten das eigene Recht als Erbstatut anwenden.
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Eine zum Teil vorgeschlagene teleologische Reduktion, wonach die Norm dann nicht angewendet werden soll, wenn die deutsche Staatsangehörigkeit sich als „vollkommen ineffektiv“ erweist, würde zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen.
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Im europarechtlichen und völkervertraglichen IPR ist jedoch Art. 5 Abs. 1 S. 2 nicht anzuwenden; der Grundsatz der gleichmäßigen Auslegung erfordert es hier, dass jeder Mitglied- oder Vertragsstaat auf die Bevorzugung seiner Staatsangehörigkeit verzichtet und die effektive Staatsangehörigkeit bzw jede Staatsangehörigkeit auch bei inländischen Mehrstaatern als maßgeblich ansieht.
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Anders wird man für die Beachtung der deutschen Staatsangehörigkeit als Grundlage einer (völkervertraglichen) internationalen Zuständigkeit (zB § 98 Abs. 1 Nr 1 FamFG) entscheiden müssen; hier geht es um den Rechtsgewährungsanspruch, den Deutschland seinen Staatsangehörigen auch dann schuldet, wenn sie neben der deutschen auch eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen.[22] Soweit europarechtliche Zuständigkeitsbestimmungen auf die Staatsangehörigkeit abstellen (zB Art. 3 Abs. 1 lit. b Brüssel IIa-VO) ist ohnehin jede Staatsangehörigkeit gleich zu werten und daher jede von mehreren Staatsangehörigkeiten genügend.[23] Im Gegensatz zum IPR bedarf es im Zuständigkeitsrecht nicht der Eindeutigkeit, so dass sich bei Doppelstaatern ggf konkurrierende Zuständigkeiten ergeben.
Leben Ehegatten, die beide die deutsche und die französische Staatsangehörigkeit besitzen, in Paris, so sind sowohl die deutschen als auch die französischen Gerichte nach Art. 3 Abs. 1 lit. b Brüssel IIa-VO international zuständig; die Aufenthaltszuständigkeit französischer Gerichte (Art. 3 Abs. 1 lit. a Str. 1 Brüssel IIa-VO) bleibt davon unberührt.
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cc) Art. 5 Abs. 1 S. 2 spricht von der „Rechtsstellung“ als Deutscher. Die Bestimmung gilt daher nicht nur für Personen, welche die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Eine Rechtsstellung als Deutscher ergibt sich auch aus Art. 116 Abs. 1 GG; dieser Personenkreis ist gemäß Art. 9 Abs. 2 Nr 5 FamRÄndG v. 11.8.1961[24] kollisionsrechtlich den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt.
Volksdeutsche aus Osteuropa erlangen nach Art. 116 Abs. 1 GG, Art. 9 Abs. 2 Nr 5 FamRÄndG mit Aufnahme in der Bundesrepublik ein deutsches Personalstatut. Besitzt der Betroffene in diesem Zeitpunkt noch die Staatsangehörigkeit des Herkunftsstaates, so geht das deutsche Personalstatut vor.
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Art. 5 Abs. 1 S. 2 war hingegen nicht anzuwenden, wenn vor dem 3.10.1990 ein Statut zu bestimmen war und das Anknüpfungssubjekt Deutscher mit DDR-Staatsbürgerschaft war; da aus Sicht des Kollisionsrechts der Bundesrepublik eine DDR-Staatsbürgerschaft nicht existierte, waren solche Personen nicht als Doppelstaater, sondern als Deutsche zu behandeln; das innerdeutsche Anknüpfungskriterium war für solche Fälle der gewöhnliche Aufenthalt. Diese Rechtslage zeichnen Art. 230 ff, für das IPR Art. 236, heute nach.
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Ist der „DDR-Staatsbürger“ E 1989 mit gewöhnlichem Aufenthalt in Dresden verstorben, so war aus bundesdeutscher Sicht sein Erbstatut deutsches Recht (Art. 25 Abs. 1 aF); innerdeutsch war jedoch wegen des letzten gewöhnlichen Aufenthalts in Dresden das Erbrecht des ZGB der DDR anzuwenden. Wird für diesen Fall heute ein Erbschein benötigt, so ist allerdings schon das maßgebliche Kollisionsrecht interlokal zu bestimmen; wegen des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes in Dresden kommt das dort geltende Kollisionsrecht, intertemporal (Art. 236 § 1) das vor dem 3.10.1990 geltende Kollisionsrecht der DDR zur Anwendung. Dieses beruft (§ 25 Abs. 1 RAG) das deutsche Heimatrecht des Erblassers; maßgeblich ist nach Art. 235 § 1 das ZGB der DDR.
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d) Ausnahmsweise ist für Mehrstaater nicht Art. 5 Abs. 1 anzuwenden, sondern auch auf eine ggf nicht-deutsche und/oder nicht-effektive Staatsangehörigkeit abzustellen, wenn dies in der Verweisungsnorm so bestimmt ist. Meistens handelt es sich um Fälle, in denen den Beteiligten eine Rechtswahlbefugnis in familienrechtlichen Statuten eingeräumt ist.
Art. 14 Abs. 2 erlaubt eine Rechtswahl im Ehewirkungsrecht zugunsten eines beliebigen Heimatrechts, Art. 10 Abs. 2 eine Wahl des Ehenamensstatuts nach einem beliebigen Heimatrecht.
3. Staatenlose, Flüchtlinge
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a) Staatenloser ist, wer nach dem Staatsangehörigkeitsrecht keines Staates als dessen Staatsangehöriger zu behandeln ist. Staatenlosigkeit de iure besteht, wenn sich nachweisen lässt, dass nach keinem in Betracht kommenden Staatsangehörigkeitsrecht das Anknüpfungssubjekt einem Staat angehört.
Da es sich hierbei um die Feststellung einer negativen Tatsache handelt, müsste das Gericht theoretisch die Staatsangehörigkeitsrechte aller Länder der Erde prüfen. Dennoch kann häufig mit Gewissheit die Staatenlosigkeit einer Person festgestellt werden; auf der Erwerbsseite kommen neben dem Erwerb durch Geburt (iure soli oder sanguinis) nur Erwerbstatbestände aufgrund von familienrechtlichen Vorgängen (Adoption, Eheschließung etc) oder aufgrund von Verleihung (Einbürgerung) oder verleihungsähnlichen Tatbeständen (Erwerb aufgrund der Berufung in ein staatliches Amt, die Streitkräfte eines Landes etc) in Betracht. Der Verlust einer früheren Staatsangehörigkeit hingegen ergibt sich als positiver Tatbestand aus dem jeweiligen Staatsangehörigkeitsrecht und ist daher – von praktischen Problemen abgesehen – leichter feststellbar.
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Staatenlos de iure ist jedoch auch, wer einen Reiseausweis nach Art. 28 des UN-Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen v. 28.9.1954[25] erhalten hat.
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De facto staatenlos ist eine Person, deren Staatenlosigkeit zwar nicht positiv festgestellt werden kann, die aber auch keine feststellbare Staatsangehörigkeit besitzt. Dies kann sich auch ergeben aus der Nicht-Anerkennung des Heimatstaates einer Person durch die Bundesrepublik, insbesondere in Fällen der Nichtanerkennung durch die UN.
Südafrika hatte die sog homelands aus dem südafrikanischen Staat ausgegliedert, die UN jedoch diese Ausgliederung nicht anerkannt, was im Ergebnis weniger Südafrika sanktionierte als die Bewohner der homelands, die eine nicht anerkannte Staatsangehörigkeit besaßen, von ihrem anerkannten Heimatstaat Südafrika aber nicht mehr als Staatsangehörige betrachtet wurden.
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Aus vergleichbaren Gründen