Internationales Privatrecht. Thomas Rauscher
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Bei bloßer Duldung des Aufenthalts im Bundesgebiet nach Ablehnung eines Asylantrags ist Art. 12 GFK weder direkt noch über Art. 2 Abs. 1 AsylG anzuwenden. Überdies ist für nur geduldete Ausländer auch die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts zweifelhaft.
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ee) Flüchtlinge, die zugleich Deutsche iSd Art. 116 Abs. 1 GG sind, stehen nach Art. 9 Abs. 2 Nr 5 FamRÄndG kollisionsrechtlich Deutschen gleich.
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f) Hat ein Flüchtling oder Asylberechtigter ein Personalstatut nach den vorstehenden Bestimmungen erlangt, so wird dieses kollisionsrechtlich wie eine Staatsangehörigkeit behandelt. Auch wenn eine Verweisungsnorm auf die letzte (gemeinsame) Staatsangehörigkeit von Anknüpfungssubjekten abstellt, kann dieses letzte (gemeinsame) Personalstatut ein Wohnsitz- bzw Aufenthaltsrecht sein; das gilt selbst dann, wenn ein Beteiligter auf seinen Asylanten- oder Flüchtlingsstatus verzichtet hat und sein Personalstatut aktuell wieder von der Staatsangehörigkeit bestimmt wird.[41]
Literatur:
MüKoBGB/v. Hein (6. Aufl., 2015) Art. 5 EGBGB Rn 94 ff (Staatenlose), Art. 5 Anh. II Rn 18 ff (GFK-Flüchtlinge); Art. 5 Anh. II Rn 72 ff (Asylberechtigte); Staudinger/Bausback (2013) Art. 5 EGBGB Anh. IV Rn 47 ff (GFK-Flüchtlinge); Art. 5 Anh. IV Rn 71 ff (Asylberechtigte); Baetge Gewöhnlicher Aufenthalt und Personalstatut von Flüchtlingen, StAZ 2016, 289; Majer Flüchtlinge im internationalen Privatrecht – Vorschlag für eine teleologische Reduktion des Art. 12 GFK, StAZ 2016, 337; Mankowski Die Reaktion des Internationalen Privatrechts auf neue Erscheinungsformen der Migration, IPRax 2017, 40.
4. Exkurs: Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht
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a) Die Erwerbsgründe für die deutsche Staatsangehörigkeit sind in § 3 StAG (früher RuStAG, Neubenennung zum 1.1.2000) aufgeführt; sie ergeben sich im Einzelnen aus §§ 4 ff StAG. Das geltende deutsche Staatsangehörigkeitsrecht folgt noch überwiegend, aber nicht mehr ausnahmslos, dem Prinzip des ius sanguinis.
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aa) Von Geburt (§ 3 Nr 1 StAG) erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (§ 4 Abs. 1 S. 1 StAG). Das gilt seit 1.7.1993[42] auch, wenn die Eltern bei Geburt nicht verheiratet sind und nur der Vater die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt; in diesem Fall muss aber die Vaterschaft nach deutschem Recht wirksam anerkannt oder festgestellt sein, wobei vor Vollendung des 23. Lebensjahres des Kindes die Anerkennungserklärung abgegeben oder das Feststellungsverfahren eingeleitet worden sein muss (§ 4 Abs. 1 S. 2 StAG). Entgegen dem zu engen Wortlaut besteht nach ganz hM Wirksamkeit der Vaterschaftsfeststellung nach deutschem Recht auch dann, wenn die Vaterschaft nach einer gemäß dem deutschen IPR für maßgeblich erklärten Rechtsordnung wirksam besteht. Der Zweck der Begünstigung der Abstammungsfeststellung durch eine alternative Anknüpfung (Art. 19 Abs. 1) wird nur erreicht, wenn diese Feststellung gleichwertig ist, also alle Rechtsfolgen der Kindschaft – auch die Staatsangehörigkeit – vermittelt.
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bb) Zum 1.1.2000 wurden zwei Elemente des ius soli in das StAG eingefügt. Erwerbsbegrenzend wirkt § 4 Abs. 4 StAG:[43] Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit iure sanguinis findet nicht mehr von selbst statt, wenn das Kind im Ausland geboren wird und bereits der deutsche Elternteil nach dem 31.12.1999 im Ausland geboren wurde und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die zweite im Ausland geborene Auswanderergeneration nicht mehr typischerweise mit Deutschland verbunden ist. Dennoch iure sanguinis Deutscher wird das Kind auch in diesem Fall, wenn es sonst staatenlos würde oder wenn innerhalb eines Jahres Antrag auf Beurkundung der Geburt nach § 36 PStG im Geburtenregister gestellt wird was ein Minimum an Verbundenheit zu Deutschland dokumentiert. Sind beide Elternteile Deutsche, so müssen die ausschließenden Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 S. 1 StAG für beide vorliegen (§ 4 Abs. 4 S. 2 StAG), was sich von selbst versteht, weil jeder Elternteil allein dem Kind die deutsche Staatsangehörigkeit vermittelt.
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Mehr praktische Bedeutung hat der neue Erwerbstatbestand in § 4 Abs. 3 StAG. Ein in Deutschland geborenes Kind (zweier Ausländer) erwirbt die deutsche Staatsangehörigkeit iure soli, wenn ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Besitzt der Betreffende daneben eine andere Staatsangehörigkeit (außer der eines EU-Mitgliedstaats oder der Schweiz), so besteht nach § 29 StAG eine Optionspflicht nach Erreichen der Volljährigkeit: Die deutsche Staatsangehörigkeit geht verloren, wenn er erklärt, die ausländische Staatsangehörigkeit behalten zu wollen (§ 29 Abs. 2 StAG) oder wenn er auf Hinweis nicht innerhalb von zwei Jahren den Verlust der anderen Staatsangehörigkeit nachweist (§ 29 Abs. 3 StAG). Für Fälle der Unzumutbarkeit ist eine Beibehaltungsgenehmigung (deutsche StA neben einer ausländischen) vorgesehen (§ 4 Abs. 3, 4 StAG). Nach der Neufassung zum 21.12.2014[44] besteht diese Optionspflicht jedoch nur noch, wenn das Kind nicht in Deutschland aufgewachsen ist (§ 29 Abs. 1 Nr 2 StAG; Legaldefinition § 29 Abs. 1a StAG)
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Die Regelung ist nicht nur im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip problematisch, weil im Fall der Optionspflicht § 29 Abs. 3 S. 2 StAG den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes ohne Willen des Staatsangehörigen anordnet.
Kollisionsrechtlich ist die Regelung, die durch die Reform in 2014 sogar zu dauernder Doppelstaatigkeit bei Fehlen einer Optionspflicht führt, bedenklich: Sie führt vermehrt zu hinkenden Rechtsverhältnissen: Der Doppelstaater wird bis zu einem evtl. Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit kollisionsrechtlich als Deutscher behandelt (Art. 5 Abs. 1 S. 2). Der andere Heimatstaat wird ihn kollisionsrechtlich meist nach seinem Recht behandeln, soweit er das Personalstatut an die Staatsangehörigkeit anknüpft. So verhält es sich insbesondere mit den deutsch-türkischen Doppelstaatern, die unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 StAG in Deutschland geboren sind. Gerade bei den hier Aufgewachsenen, die nach der Neuregelung keiner Optionspflicht unterliegen, wird diese hinkende Behandlung familienrechtlicher Verhältnisse perpetuiert. Hier rächt sich auf kollisionsrechtlicher Ebene der Irrglaube, Staatsangehörigkeit bewirke Integration. Staatsangehörigkeit kann und sollte Ausdruck erfolgter Integration sein; nur dann ist sie auch kollisionsrechtlich ein Maßstab der Interessenlage.
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cc) Seit 1.7.1998 (KindRG) kennt das deutsche Recht keine Legitimation und daher auch keinen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Legitimation mehr. An dessen Stelle ist der Erwerb durch Erklärung nach § 3 Nr 2, § 5 StAG getreten. Kinder eines deutschen Vaters, die vor dem 1.7.1993 nichtehelich geboren wurden und daher die deutsche Staatsangehörigkeit