Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph Hillebrand

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Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen - Christoph Hillebrand C.F. Müller Lehr- und Handbuch

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      Eine allgemeine Haftungserleichterung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit wird dem Geschäftsführer beim Handeln zur Gefahrenabwehr zugestanden (vgl. § 680). Sprachlich betrifft diese Privilegierung zuerst die Haftung bei der Durchführung der Geschäftsführung (§§ 677, 280 Abs. 1), sofern nur bei der Übernahme die Gefahrenabwehr bezweckt wurde.

      Sodann muss dies bei entsprechender Zielsetzung jedoch auch für ein Übernahmeverschulden gelten, so dass § 680 auch eine Ausnahme zur Haftung nach § 678 darstellt.

      Beispiele:

      Wer einen Selbstmörder rettet, darf den entgegenstehenden Willen wegen § 679 überwinden und wird hinsichtlich der Mittelwahl zur Rettung, also bei der Durchführung, nach § 680 in der Schadenshaftung begünstigt.

      598

      Die Hauptpflicht des Geschäftsführers ist die treuhänderische Führung des einmal übernommenen Geschäfts („wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert“, § 677). D.h., zwar ist er weder zur Übernahme der Geschäftsführung verpflichtet (anders etwa im Falle der allgemeinen Hilfeleistungspflicht gem. § 323c StGB), noch ist ihm die jederzeitige Beendigung derselben, außer zur Unzeit, versagt; was er jedoch im fremden Interessenkreis tut, muss treuhänderisch mit Rücksicht auf Wille und Interesse des Betroffenen erfolgen.

      599

      

      Der Treuhandcharakter zwingt den Geschäftsführer zur Ausrichtung nach der subjektiven und zumindest mutmaßlichen Absicht des Geschäftsherrn, wo eine solche erkennbar ist. In eindeutigen Fällen ist die Pflichtenlage derjenigen nach § 675 vergleichbar, anderenfalls ist der Geschäftsführer wie ein weisungsfreier Beauftragter zu behandeln, der sich an einer (nach dem erwünschten Nutzen objektivierbaren) Interessenlage auszurichten hat. In Streitfällen ist dies im Nachhinein – und zwar aus Sicht des Geschäftsherrn – zu beurteilen, dem zu dienen die Geschäftsführung beabsichtigte. Die Grenze zieht § 679 für die Beachtlichkeit eines entgegenstehenden Willens des Geschäftsherrn bei einer Geschäftsführung im öffentlichen Interesse (z.B. Rettung aus Suizidversuch).

      600

      Das Risiko ungewollter bzw. interessenwidriger Ausübung der berechtigt übernommenen Geschäftsführung (bei unberechtigter Übernahme gilt die Zufallshaftung nach § 678) trägt der Geschäftsführer nach einem objektiv-subjektiven Maßstab. Das gilt sowohl für den Aufwendungsersatz (§§ 683, 677, 670) als auch für seine Schadenshaftung (§§ 677, 280 Abs. 1). Ersetzt werden ihm nur diejenigen Aufwendungen, „die er den Umständen nach für erforderlich halten darf“ (vgl. § 670). Gleiches gilt für die Feststellung des „mutmaßlichen“ Willens, sonst des Interesses des Geschäftsherrn hinsichtlich der Art und Weise der Führung des Geschäfts. Nebst einer Entschuldbarkeit seines Irrtums in der Auslegung entsprechender Indizien belastet ihre falsche Deutung den Geschäftsführer dann nicht, wenn der Geschäftsherr dazu (objektiv) die Gefahr gesetzt hatte.

      601

      

      Erwirbt beispielsweise der Geschäftsführer einen vom Geschäftsherrn seit Längerem gesuchten Gegenstand für ihn, hatte dieser sich aber zufällig unmittelbar davor seinerseits damit eindecken können, so handelt es sich um ein Problem der Bestimmung des mutmaßlichen Willens des Geschäftsherrn bei der Übernahme der Geschäftsführung. Diese Mutmaßung soll nach h.M. allein nach objektiver Beurteilung der Umstände bestimmt werden, während für den mutmaßlichen Willen hinsichtlich der Durchführung, also etwa in Bezug auf die Höhe des tolerierten Kaufpreises, jedenfalls ein zurechenbar vom Geschäftsherrn gesetzter Anschein beachtlich sein soll. Dies soll aus dem sprachlichen Unterschied in § 683 S. 1 (Komplementarität von Interesse „und“ Willen betreffs Berechtigung zur Übernahme der GoA) und § 677 (das Interesse eingeschränkt durch „Rücksicht“ auf den Willen entscheidet über die korrekte Durchführung der GoA) folgen – jedenfalls sofern das Interesse rein objektiv verstanden wird. – Dadurch erhebt aber, wie im Beispiel, die ggf. vom Zufall abhängige Berechtigung zur Übernahme der GoA – unpassend zum Gedanken der Fremdnützigkeit jeder Geschäftsführung – den tatsächlichen Aufwendungsgenuss beim Geschäftsherrn zum Maßstab der Ausgleichspflicht. Systematisch zutreffender wäre, das objektive Interesse des Geschäftsherrn seinerseits zweckgebunden, und zwar vom Geschäftsherrn her, aber nach allen ihm zurechenbaren Umständen aufzufassen; denn der Fremdgeschäftsführungswille unterscheidet die GoA von den sonst in Betracht kommenden Kondiktionsansprüchen, für die allein die Sicht des Bereicherten maßgeblich ist. Es sollte also für § 683 S. 1 darauf ankommen, ob der Geschäftsführer davon ausgehen durfte, dass der „Wunsch“ nach dem Gesuchten noch aktuell gewesen wäre.

      602

      Fällt bereits bei der Übernahme der Geschäftsführung dem Handelnden ein Verschulden in der Verkennung von Willen oder Interesse des Geschäftsherrn zur Last (leichteste Fahrlässigkeit genügt, vgl. § 276 Abs. 2), haftet er für alle, auch zufälligen Folgen seiner Geschäftsführung (vgl. § 678). War dagegen die Übernahme der Geschäftsführung berechtigt, ist der Geschäftsführer für die schädigenden Folgen seines Handelns insoweit verantwortlich, als ihn ein Ausführungsverschulden trifft (wiederum § 276 Abs. 2); die GoA ist ein gesetzliches Schuldverhältnis, für das eine Haftung für schuldhafte Pflichtverletzungen nach § 280 Abs. 1 besteht.

      603

      

      Lediglich bei Notgeschäftsführung greift die Haftungsprivilegierung des § 680; nach § 682 haftet ein beschränkt geschäftsfähiger Geschäftsführer zudem nur nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen (§§ 823 ff., insb. §§ 828 f.) und über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff.).

      604

      Aufgrund des Treuhandcharakters der GoA bestimmt § 681 S. 1 eine Verpflichtung des Geschäftsführers, die Übernahme der Besorgung dem Geschäftsherrn alsbald anzuzeigen und seine weitere Entschließung abzuwarten,

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