Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph Hillebrand

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Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen - Christoph Hillebrand C.F. Müller Lehr- und Handbuch

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gesetzlich gewährte Rücktritt, neben § 437 Nr. 2 vgl. auch §§ 323, 324 i.V.m. 346 ff. Mit dem Rücktritt wird der Kaufvertrag so beseitigt, dass anstelle der synallagmatischen Leistungspflichten (vgl. §§ 320 ff.) ein nicht-synallagmatisches gesetzliches Schuldverhältnis auf Rückgabe besteht. Die bereits erfolgten Übertragungsakte und Übereignungen sind dadurch also nicht automatisch hinfällig, sondern sie müssen durch Rückgabe und Rückübereignung erst noch rückgängig gemacht werden. Sachenrechtlich muss somit ein erneuter derivativer Rechtserwerb, diesmal des Verkäufers vom Käufer, stattfinden. Der Rückgabeanspruch ist dort zu erfüllen, wo sich die Ware bei Erklärung des Rücktritts vertragsgemäß befindet. Neben der Rückgewähr der empfangenen Leistungen (zumeist Rückgabe und Rückübereignung, vgl. § 346 Abs. 1) hat der Käufer auch die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Ist die Rückgewähr nicht oder (jedenfalls im ursprünglichen Zustand) nicht mehr möglich, hat der Schuldner statt dessen Wertersatz zu leisten (vgl. § 346 Abs. 2). Die Pflicht zum Wertersatz entfällt jedoch gem. § 346 Abs. 3 in den meisten Fällen eines adäquaten Umgangs des Käufers mit der Sache während der Zeit seines Besitzes. Auch soweit danach kein Wertersatz geschuldet wird, ist eine verbleibende Bereicherung (Nutzungsvorteile) und damit insb. die Ersparnis anderweitiger Aufwendungen, nach Bereicherungsrecht zu ersetzen (vgl. § 346 Abs. 4 mit Verweis vor allem auf die Leistungskondiktion des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1).

      Beispiel:

      Solche Nutzungsvorteile sind etwa die Wegstreckenentschädigung eines zwischenzeitlich gefahrenen Pkw, zwischenzeitliche Mieteinnahmen aus der Sache oder sonstige Erträge (vgl. § 99); beim Verbrauchsgüterkauf ist Nutzungsersatz durch § 475 Abs. 3 ausgeschlossen.

      Aufgrund des nicht einzuhalten vermochten Versprechens des Verkäufers auf Lieferung des Kaufgegenstands bietet das Rücktrittsrecht dem Käufer die Möglichkeit, den beiderseitigen Leistungsaustausch rückabzuwickeln und schützt ihn davor, aus seinem übrigen Vermögen etwas hinzusetzen zu müssen, was nicht an Vorteil ihm zugeflossen ist. Umgekehrt wird auch der Verkäufer geschützt, in dem er allenfalls damit rechnen muss, nicht den vollen ursprünglichen Wert zurückerstattet zu bekommen, aber gleichfalls nichts aus seinem übrigen Vermögen hinzusetzen muss; dies müsste er nur bei Verschulden in Bezug auf den Mangel im Wege des Schadensersatzes.

      Rücktritt und Minderung beseitigen das Missverhältnis zwischen Sachwert und Preis. Der Käufer kann jedoch – schon wegen des Sachmangels allein – noch weiteren Schaden haben (Verdienstausfall, Klagen seiner eigenen Kunden). Der Schadensersatz orientiert sich deshalb am Erfüllungsinteresse.

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I. Anwendbarkeit des Rücktrittsrechts 1. Ausübung eines gesetzlichen oder vertraglichen Rücktrittsrechts 2. Rechtsfolgenverweis, z.B. bei Minderung in §§ 441 Abs. 4 (Kauf), § 638 Abs. 4 (Werkvertrag), §§ 651d, e (Reisevertrag); bei Mietminderung dagegen Bereicherungsrecht
II. Rückgewähr, §§ 346 Abs. 1, 348 1. Rückgewähr der empfangenen Leistungen 2. Herausgabe der gezogenen Nutzungen a) Früchte (§ 99), Gebrauchsvorteile (§ 100) b) Ersatz schuldhaft nicht gezogener Nutzungen, § 347 Abs. 1
III. Nachrangig Wertersatz 1. Herausgabe nach Natur des Erlangten nicht möglich (z.B. Gebrauchsvorteile/erbrachte Dienstleistung) 2. Verbrauch, Veräußerung, Belastung, Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes 3. § 346 Abs. 2 S. 2: Berechnung des Wertersatzes nach vereinbarter Gegenleistung 4. Ausschluss der Wertersatzpflicht, § 346 Abs. 2
IV. Schadensersatz, §§ 346 Abs. 4, 280 ff. 1. Pflichtverletzungen nach Rücktrittserklärung nur hins. Pflichten aus dem Rückgewährschuldverhältnis 2. Pflichtverletzungen vor Rücktrittserklärung aber nach Kenntnis des Rücktrittsgrundes, §§ 346 Abs. 4, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2
V. Verwendungsersatz des Rücktrittsschuldners, §§ 347 Abs. 2 S. 1 1. Notwendige Verwendungen 2. Gegenstand zurückgegeben oder Wertersatz geleistet oder Wertersatzanspruch ausgeschlossen
VI. Aufwendungskondiktion des Rücktrittsschuldners, §§ 347 Abs. 2 S. 2 1. Sonstige Aufwendungen des Rücktrittsschuldners 2. Bereicherung des Rücktrittsgläubigers 3. Rechtsfolgenverweis auf Bereicherungsrecht, §§ 818 ff.

      100

      Nicht mehr das Äquivalenz-, sondern das Integritätsinteresse des Käufers ist verletzt, wenn er über den Mangel der Kaufsache hinausgehende Nachteile erleidet. Diese Unterscheidung ist bedeutsam, denn während der Verkäufer eine bestimmte, zumindest objektiv als üblich zu bezeichnende Beschaffenheit der Kaufsache versprochen, also die Gewähr für die Mangelfreiheit übernommen hat, fehlt es an dieser Gewährträgerschaft für das Erreichen etwaiger fernerer Vertragszwecke und Interessen, welche der Käufer mit dem Erwerb verbunden hatte.

      Der Verkäufer haftet für Schäden des Käufers im Bereich seines Integritätsinteresses (sog. Mangelfolgeschäden) nur, wenn ein gesonderter Zurechnungsgrund (Verantwortlichkeit) vorliegt. Hierfür verweist § 437 Nr. 3 über die §§ 281, 283 und 311a ebenso wie über § 284 auf das Verschuldenserfordernis der §§ 280 Abs. 1 S. 2, 276 Abs. 1 („zu vertreten“).

      Dem steht nach § 276 Abs. 1 S. 1 a.E. ein Garantieversprechen (vgl. § 443 Abs. 1: „zusätzlich zu der gesetzlichen Mängelhaftung“) gerade in Bezug auf die ferneren Vertragszwecke gleich (früher: sog. zugesicherte Eigenschaften; seit 2014: Garantie, „die Sache auszutauschen, nachzubessern oder in ihrem Zusammenhang Dienstleistungen zu erbringen, falls die Sache nicht diejenige Beschaffenheit aufweist oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllt“). Die Garantie ist verschuldensunabhängige Einstandspflicht für das Integritätsinteresse (die gesetzliche Gewährleistung ist hingegen die verschuldensunabhängige Einstandspflicht nur für das Äquivalenzinteresse).

      Ohne zusätzliche Garantie wird dem Käufer Schadensersatz nur zugebilligt, wenn der Verkäufer nicht nur seine Gewähr auf mangelfreie Lieferung schlicht gebrochen, sondern sie schuldhaft verletzt hat. Dies ist dann eine Frage des Sorgfaltsmaßstabs, den der Verkäufer nach den Umständen des konkreten Geschäfts an die Kaufsache, ihre Obhut oder ihre Kontrolle zu legen hat. Anders als beim Schadensersatz gem. § 823 Abs. 1 steht hier nicht der Rechtsgüterschutz des Käufers (Verletzung einer jedermann treffenden Verhaltensnorm aus dem objektiven Zuweisungsgehalt

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