Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder страница 225

Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

Скачать книгу

Cytherea, auf purpurnen Decken! Stehe auf, Unglückselige, zeuch Trauerkleider an, und schlage an deine Brust, und klage der ganzen Welt: er ist nicht mehr, der schöne Adonis!« und immerhin wollen wir auch Adonis sehen, wie ihn der Dichter sieht: »Er liegt, der schöne Adonis liegt ausgesteckt auf dem Gebirge. Ein mörderischer Zahn hat seine zarte Hüfte verletzt. Noch einen letzten Seufzer athmet er: schwarzes Blut rinnt über den Leib, der blendender ist, als Schnee. Das Licht seiner Augen verlischt: die Lippen erblassen: Adonis stirbt.« Stirbt Adonis etwa, als die Idee ehelicher Liebe und Glückseligkeit und Schönheit? trauret Venus, um die Idee der Liebe in Maske zu zeigen? Wird die letztere jedem gesunden Mythologischen Auge deßwegen hier känntlich werden, weil sie das Abstraktum der Liebe macht? Nein, das Süjet des Gemäldes ist Dichterisch, ist Historisch: so auch die Figuren des Künstlers? Jedesmal, daß er sie dazu machen kann: wohl! so vergesse ich die Abstrakte Idee, die er in einer einzigen Figur nur aus Noth vorstellen mußte. Kupido, der die Psyche plaget, und Jupiter, der den Ganymed entführet, Diane, die den Endymion besucht, und Venus, die ihre geritzte Haut beweinet – ich verspreche dem Künstler, in diesem Augenblicke keine personifirten Abstrakta zu suchen, im Jupiter keinen Präsidenten der Götter, in Dianens Gesichte keine jungfräuliche Keuschheit: in Venus kein schmachtendes Liebäugeln, und in Kupido, keinen spielenden Verführer. Alle diese Wesen gehören dem Dichter, und der Künstler läßt sie ihm, wo er sie ihm lassen kann. –

      Ich weiß nicht, wie enge dem Künstler der Mythische Cyklus werden müßte, wenn Hr. Leßing ihm alle Historische und Dichterische Situationen untersagte, ihm nur zuließe, in ihm personifirte Abstrakta zu suchen, und jeden kleinen Wiederspruch, der in der Handlung gegen die Abstrakte Idee des Charakters (ein Idol der neuern Mythologisten!) vorkäme, verböte. Lebe alsdenn wohl, Handlungsvolle Kunst! du bist in der Mythologie eine Gallerie einförmiger Ideen, Abstrakter Charaktere!

      XII.

       Inhaltsverzeichnis

      Unter den Römern in ihrer besten Poetischen Zeit ist vor Allen Horaz ein Liebhaber von Moralischen Wesen, von personifirten Abstraktis; diese Personendichtung ist mit ein Hauptstrich seines Genies, und hat seine Oden sehr verschönert. Da eine solche Moralische Person bei ihm gemeiniglich schnell, mit wenigen, aber lebendigen Attributen, und recht in die Handlung der Ode auf einmal hineintritt: so lieben wir den angenehmen Sylphen, die schöne Sylphide, die uns so gelegen vorüber rauschet. Wie süß ist sein Bild der lächelnden Venus, die der Scherz und die Amors umflattern:

      – Erycina ridens

       quam Jocus circumvolat et Cupido –

      Welch ein Bild! wenn Furcht und Sorge ihren Herrn auch zu Schiffe verfolgen, auch hinter ihm zu Pferde sitzen, auch des Nachts um die Dächer der Reichen flattern: wenn der Tod mit seinem Fuß an die Hütten der Armen, und an die Palläste

Скачать книгу