Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder страница 222

Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

Скачать книгу

die Wiederholung desselben widerlich wird, liegt nicht in der Kunst, sondern in dem Ueberdruß meines Geschmacks. Kann dieser nun einen Grundsatz der Kunst bilden? kann er auch nur eine tüchtige Ursache eines andern Satzes abgeben?

      So räume ich also bei Hrn. L. diese Ursache, als Ursache, als Gesetz weg, und denke damit gnug zu haben, daß der höchste Affekt dem ersten Anblicke widerlich, und der Einbildungskraft gleichsam zu enge sey, folglich in der Kunst müsse wenigstens als Hauptanblick vermieden werden. Wenn die Wirkung der Kunst ein Werk ist, zu Einem, aber gleichsam ewigen Anschauen gebildet: so muß dieser Eine Anblick auch so viel Schönes für das Auge, und so viel Fruchtbares für die Einbildungskraft enthalten, als er enthalten kann. Daher kommt das Unendliche und Unermäßliche in dieser bildenden Kunst, das sie vor allen andern Künsten des Schönen voraus hat: nämlich ein höchstes Ideal der Schönheit für das Auge, und für die Phantasie die stille Ruhe des Griechischen Ausdrucks: denn beide sind die Mittel, uns in den Armen einer ewigen Entzückung, und in dem Abgrunde eines langen seligen Anblicks zu erhalten.

      Ich glaube, von zweien Problemen, den Grund in dem Wesen der Kunst gefunden zu haben. Warum ist bei der bildenden Kunst das höchste Gesetz Schönheit? Weil sie neben einander wirket, ihre Wirkung also in einen Augenblick einschließet, und ihr Werk für einen ewigen Anblick erschaffet. Dieser einzige Anblick liefere also das Höchste, was ewig vest hält in seinen Armen – die Schönheit. – Körperliche Schönheit ist indessen noch nicht befriedigend: durch unser Auge blickt eine Seele, und durch die uns vorgestellte Schönheit blicke also auch eine Seele durch. In welchem Zustande diese? Ohne Zweifel in dem, der meinen Anblick ewig erhalten, der mir das längste Anschauen verschaffen kann. Und welches ist der? Kein Zustand der faulen Ruhe, der giebt mir nichts zu denken: kein Uebertriebnes im Ausdrucke: dieß schneidet meiner Einbildungskraft die Flügel: sondern die sich gleichsam ankündigende Bewegung, die aufgehende Morgenröthe: die uns zu beiden Seiten hinschauen läßt, und also einzig und allein ewigen Anblick gewähret.

      Es ist nicht mein Zweck, dies bei Virgil zu untersuchen. Ich habe Winkelmann gerechtfertigt, der (vielleicht nur gar historisch) sagen kann: »der Laokoon des Künstlers schreiet nicht, wie der Laokoon des Virgils.« Ich habe die Ursache, die Hr. L. giebt vom Unterschiede beider Künste, geprüft, und auf das Eine des Anblicks zurückgeführt, in dem sich die bildende, und keine andre Kunst zeige. Ich wollte, daß Hr. L. in seinem ganzen Werke diesen Unterschied des Aristoteles zwischen Werk und Energie zum Grunde gelegt hätte: denn alle seine Theilunterschiede, die er angiebt, laufen doch endlich auf diesen Hauptunterschied hinaus.

      X.

       Inhaltsverzeichnis

Скачать книгу