Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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Laok. p. 18. 19.

      VII.

       Inhaltsverzeichnis

       tibi cum sine cornibus adstas

       Virgineum caput est:

      »Er konnte sich also auch ohne Hörner zeigen, sagt Hr. L., und so waren die Hörner ein Stirnschmuck, den er aufsetzen und ablegen konnte.« Wie? folgt dieß letzte Also wohl aus der Stelle Ovids, aus einer feierlichen Anruffung desselben? War Bacchus nicht ein Gott? der sich also auch, wie andere Götter, in mehr als einer Gestalt zeigen, der bald in jungfräulicher Schönheit, bald im fürchterlichen Schlachtgetümmel fürchterlich, bald als ein schöner Jüngling wie den Seeräubern Homers erscheinen konnte? Und hatte Bacchus dieß nicht bloß mit andern Göttern gemein, sondern zu einem ihm eigenen Vorzuge, der Gott von tausend Gestalten (μυριομορφος) zu seyn, und also auch die unzälig vielen Beinamen zu haben, die ihm Orpheus, die Epigrammatisten, Nonnus u.a. geben? folgts da wohl aus der Stelle Ovids, daß Bacchus – – dadurch διμορφος, πολυμορφος, μυριομορφος werden könne, wenn er – – seine Hörner ablege, wie ohngefähr eine alte Jungfer ihre falschen Zähne und Brüste? armes Lob! – Einem frommen Christlichen Ehemann mögen seine Hörner einen bloßen Stirnschmuck und eine Krone der Geduld von bewährten 93 Golde bedeuten: nicht dem Mythologischen Bacchus.

      Ueberhaupt sollte das mehr auf Kunst und Dichtkunst angewandt werden, was die zu verschiedenen Zeiten verschiedene Religion auf beide gewirket. In den ältesten Zeiten, da noch die fremden, von außen überbrachten Begriffe galten, waren freilich die Vorstellungen der Götter oft unwürdig: und Jupiter selbst schämte sich nicht, mit beiderlei Geschlecht, mit einem Beile, und in Gestalt eines Mistkäfers zu erscheinen. Bald aber entwölkte sich dieß Allegorische Gehirn der Aegypter und Asiaten in der freien Griechischen Luft: die unnützen Geheimnisse und Deutungen in Mythologie, Philosophie, Poesie und Kunst wurden unter den Griechen aus ihren verschlossenen Kammern auf offnen Markt getragen, und Schönheit fieng an, das Hauptgesetz der Poesie und Kunst, nur bei jeder auf eigne Art, zu werden. Homer, der Sohn eines himmlischen Genius, ward der Vater schöner Dichter und schöner Künstler: und glücklich ist das Land, dem in der sinnlichen Poesie und der noch sinnlichern Kunst, der Geist seiner Zeit in Religion und Sitten und Gelehrsamkeit und Cultur so wenig Zwang auflegt, als Griechenland in seinen schönsten Zeiten. Ich wundre mich, daß Winkelmann in seinen Schriften diese Abstreifung fremder, alter, Allegorischer Begriffe nicht mehr bemerkt, und in ihrer Nutzbarkeit gezeiget hat: es ist ein Hauptknoten in dem Faden der Kunstgeschichte: »wie die Griechen so manche fremde drückende Ideen in die ihnen eigne schöne Natur verwandelt haben!«

      Von hieraus gienge der sicherste Weg, um zwischen inne durch Bedeutung und Schönheit, durch Allegorie und Schönheit der Kunst und Poesie unbeschädigt durchzukommen: ich würde aber mit einmal zu tief in den Unterschied der dichtenden und bildenden Kunst tauchen müssen – also zurück zu unsern Prolegomenen.

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