Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder
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1 Epist. Homer. Altenb. 1764.
2 p. 5–24.
3 p. 5. 6.
4 p. 6. 7. conf. Act. litter. Vol. I. p. 245–49.
5 p. 8. 9.
6 Epist. Homer. p. 10–12.
7 p. 12. 13.
8 p. 13. 14.
9 p. 15. 16.
10 p. 16. 17.
11 p. 18.
12 p. 18.
13 p. 19.
14 p. 20–23.
15 Fortunam Priami cantabo. Horat. A.P.
16 Epist. Homer. p. 24.
17 Epist. Homer. p. 24.
18 p. 19. Ich weis diesen Ausdruck, als gewöhnliche Lateinische Phrasis; allein ich mag keine Phrasis, die es ursprünglich nicht war, die keine Wahrheit hinter sich hat.
19 p. 24 etc.
20 p. 21–23.
21 p. 24. 25.
II.
»Meine Meinung ist,1 daß Homer manchmal an einem sehr ungeschickten Orte den Leser zum Lachen bringen wollen, und damit seinem göttlichen Gedichte nicht leichte Flecken angesprützt, die demselben eine nicht kleine Unförmlichkeit, und dem Leser Verdruß erwecken. Hieher kann man in der Odyssee den Streit des Iris mit Ulysses, und im ersten Buche der Iliade den Ort rechnen, wo er den Gott Vulkan einen Gaukler (histrionem) spielen läßt – denn was spielt er anders, als einen Gaukler, da er den Göttern Wein einschenket, und diese den hinkenden Mundschenken mit großem Gelächter begleiten.« Noch mehr aber wird die Sache aus dem zweiten Buche erhellen – und nun kommt weit und breit die Geschichte von Thersites, die Hr. Kl. mal über mal für unanständig, unschicklich, ungereimt, unwürdig erklärt, und mit einem recht thersitischen Geräusche völlig aus Homer verwirft.
Nun wundre ich mich zuerst über die Verwunderung, »daß unter allen Feinden Homers noch niemand auf diese Geschichte gefallen, daß, so sehr man alles zu seinem Tadel gesammlet, man nicht diesen Ort angeklaget. Ich wundre mich, daß sich Hr. Kl. so viel Mühe giebt, es zu untersuchen, woher sich alle hätten betriegen lassen, diese Stelle nicht zu tadeln; daß er selbst eine Gedankencitation von Vida anführet, wo dieser wohl Thersites könne im Sinne gehabt haben, und – bei allem nicht den Franzosen, dem er, Hr. Kl. so manches Maleranekdotchen, und zehen gegen Eins, auch diesen ganzen Tadel schuldig ist, den er so unerhört, so weitläuftig, so wichtig vorzeiget.« Hr. Kl. wird doch seinen Leibautor, wenn es auf Malergeschichtchen ankommt, den berühmten d'Argenson,2, nicht verkennen?
Der Franzose sagt bei Gelegenheit seines Julius Romanus, und des lächerlichen Zwerges im Gemälde Konstantins: »es ist wahr, daß sich eine solche lächerliche Figur zu einem so ernsthaften Gegenstande gar nicht schicket; man müßte denn diesen Maler mit dem Homer entschuldigen wollen, der in der Iliade einen Vulkan, worüber die Götter spotten, und einen von aller Welt verachteten Thersites anbringt, um den Helden seines Gedichts einen Contrast zu geben.« Der Deutsche, oder vielmehr der Deutschlateiner, braucht diese Worte eben in der nämlichen Absicht, in demselben Zusammenhange, wie der Franzose, schmückt sie mit eben demselben Beispiele von Julius Romanus und andern bekannten Malern aus, die meistens d'Argenson selbst an ihrem Orte anführt, – und doch wird unter seinen Händen den alles Neu und Unerhört. Ja endlich trübet er so gar d'Argensons bessere Anführung Homers. Dieser giebt dem Thersites einen »von aller Welt verachteten Charakter,« den ihm auch Homer giebt; Hr. Kl. macht ihn zum Possenreißer, was ein d'Argenson sich nicht einmal zu behaupten getrauete, und wovon Homer nichts weiß. Der Franzose läßt ihn und Vulkan vom Homer charakterisiren, um den Helden seines Gedichts einen Contrast zu geben; der Deutsche fährt über Homer her, daß er aus Ungeschliffenheit seines Zeitalters, aus der eitlen Sucht, dem Leser ein Lachen am unrechten Orte abzujagen, oder gar aus Mangel der Beurtheilungskraft, dem Gedichte so häßliche Flecken einbrenne, dem Leser zur Last wäre, ihm an unrechtem Orte ein unanständiges Lachen abzwinge, die Würde seines Epos aufopfere – Mit wem von beiden ließe sich also vernünftiger Homer untersuchen, mit dem vernünftig tadelnden Franzosen, oder mit dem sich brüstenden Deutschen? Leider muß ich mit dem letzten!
Was also Vulkan betrift: wird jeder Kenner Homers wissen, daß das Ideal seiner Götter nichts weniger, als das Ideal höchstvollkommener, geistiger, allerhöchster Wesen sey. Sie haben alle ihren Charakter, der nach Körper und Seele, nach Stärke und Denkart, nach Würde und Neigungen, nach Ansehen und Verrichtungen so bestimmt ist, als die Namen, die sie führen, oder die Partei, die sie im homerischen Gedichte nehmen. Wie also bei den alten Künstlern die Bildung jedes Gottes ihr eigentliches Ideal, ihre Gestalt bis auf Bart und Haupthaar hatte: so sind auch in Homer ihre Charaktere gleichsam eine Reihe von eigenthümlichen Brustbildern, von Wesen, wo jedes aus sich, wo keins, wie ein drittes, handeln muß. Gegen Menschen gerechnet haben freilich alle homerischen Götter ihr eigenes Anständige; aber unter sich selbst ist wieder ihre Würde, ihr Anstand, ihre Art zu handeln so eigen bestimmt, so sonderbar, als eines jeden Körper und Name. Man streiche in der ganzen Iliade alle Namen der Götter und Göttinnen aus; ich will jedes von ihnen aus ihren Reden und Handlungen errathen: und es kann aus Homer eine solche Gallerie von Dichterischen Idealen seiner Götter erbauet werden, als Winkelmann seine Ideale derselben aus der Kunst aufstellet.3
Hier also an unserm so