Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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te, daß es Hr. Kl. zeige.

      Eben so wenig finde ich die Neden in dem Munde Gabriels, auch nur einem Zuge nach, belachenswerth und unwürdig seiner Größe: denn eben die verächtliche Begegnung gegen den dumm spottenden Satan ist die Mine seiner Hoheit –

      – the warlike Angel mov'd,

       Disdainfully half smiling thus reply'd etc.

      Ich fühle in seinem Betragen so wenig Hervorspringendes, und so viel charakteristischen Gegensatz zwischen ihm, und seinem Gegenparte, daß ich mit Addison gern diesen Wortwechsel für einen der charakteristischen im ganzen Milton halte.

      Der Charakter Achilles sey so groß in seinen Fehlern, als in seinen Tugenden; diese Fehler gehören zu einer Griechischen Heldenseele, zu einem Achilles; aber wahrhaftig belachenswerth, unwürdig, unanständig sey er nicht, und wo ist ers? Nur nehme man ihn, und jeden Helden einer Epopee nach den Begriffen seines Landes, und seiner Zeit; sonst kann freilich ein ehrbarer, seiner und ernsthafter Kunstlichter einen höhern Aether zum Athemholen nöthig haben, um einen Ulysses, wie einen aus der Canaille in Bettlerskleidern, und nicht in einem ansehnlichen Carosselle etwa, oder mit prächtiger Equipage, zu sehen – –

      Doch ich kehre um: wenn eine würdige Epische Person nicht belachenswerth seyn muß, darf sie auch selbst nicht lachen? Welche Frage! welche Verwirrung der Begriffe! Muß ein Held die Würde seines Epischen Charakters dadurch behaupten, daß er, wie ein Karthäuser, nur sein memento mori! ernsthaft und sauertöpfisch grunze? Vergeben die Götter dadurch ihrer himmlischen Hoheit, daß sie lachen? Stört Homer damit die feierliche Harmonie seines Gedichts, daß seine Griechen über den häßlichen Thersites nach seiner Züchtigung lachen? O die abentheuerliche Mönchsfeierlichkeit! So wollen wir das Wort γελαειν, mit allen seinen Abkömmlingen, aus Homer ausstreichen: so wollen wir die Mine des Disdainfully half-smiling von dem Antlitze des herrlichen Miltonischen Engels wegwischen, und in tiefe kritische Runzeln verwandeln: so soll aus der ganzen Iliade ein Gothisches Kloster, und aus seinen Helden eine Reihe feierlicher Prälaten werden, denen der Ernst häßliche Falten in die Stirne gekniffen, und die, wie der vortrefliche Hudibras –

       a Knight he was, whose very Sight wou'd

       Entitle him Mirrour of Knighthood

       That never bow'd his stubborn Knee

       To any Thing but Chivalry

       His tawny Beard was th' equal Grace

       Both of his Wisdom and his Face – –

      Ich thue es ungern, daß ich Hrn. Kl. Epischen Verboten so etwas Schuld geben muß; aber wie kann ich anders? Er führt ja Beispiele, wo kaum das Wort Lachen im Texte Homers steht, ohne zu untersuchen, ob wir, ob der Leser lache? ob eine Person sey, mit der wir Theil nehmend lachen? ob wir uns nicht vielmehr über das Lachen desselben ärgern? ob dieser Unwille nicht eben die Absicht des Dichters gewesen? Nichts von allem! Die Schwelger bei der Penelope lachen; Ulysses und Irus geben dazu Anlaß – in der Epopee soll keiner lachen: – Ulyssus und Irus aus der Odyssee hinweg! Die Teufel in Milton spotten und lachen: sie beweisen zwar dadurch nichts anders, als daß sie Teufel, dumme Bösewichter sind, und lachen so charakteristisch, als sie nicht reden könnten – aber doch lachen sie, und in der Epopee soll keiner lachen – weg damit!

      Ehe nun ein so feierliches Gebot gegeben wird, soll voraus ausgemacht werden: ob das Lachen ein wirklich entehrender Zug eines Menschen- eines Helden-eines Götterantlitzes sei? Ob es nicht Fälle geben könne, da das Hohnlächeln sowohl, als das Hohnlachen, und das Lächeln der Freude sowohl, als das Freudengelächter, den Epischen Zweck mit befördern muß? Ob nicht ein hohnlachender Satan, und ein erhaben lächelnder Engel, selig lächelnde Götter, und närrisch lachende Wollüstlinge, und schadenfroh lachende Griechen zum ganzen Epischen Gemälde unentbehrliche Gruppen ausmachen können? Ob der Ton jeder Epopee gleich hoch gestimmet sey, und auch die Concente des Ernsts in gleichem Maaße haben müsse? Ob alle Personen, die im Epos erscheinen, wie in der Iliade, bis auf einen Thersites; wie im Paradiese Miltons, bis auf den Satan; wie in der Odyssee, bis auf die Freier; wie im Olymp, bis auf Vulkan; wie auf dem Theater, bis auf den Lichterputzer, gleich ernsthaft, groß, Heldenmäßig Wunderwürdig seyn sollen? Sind diese Fragen ausgemacht, so kann das obige Gebot gegeben werden: so lange will ich mich indessen mit Tristram Shandy erholen, und vest versichert seyn, »daß dies kurze Leben nur dadurch etwas verlängert wird, wenn man beständig aufgeräumt ist; und noch mehr, wenn man lachet.« Wenigstens lache ich so lange für mich, und für keine Epische Person im Heiden- Christen- und Judenthume.

      IV.

       Inhaltsverzeichnis

      Doch ich sollte ernsthaft reden: wohlan also! wir wollen ernsthaftern Ueberschlag machen.

      Kann die Epische Würde mit einem belachenswerthen Charakter bestehen, wenn dieser Hauptcharakter der Epopee seyn soll? Nein, und wenn er auch nur einige Unwürde in einzelnen Fällen hätte, noch nein! Aber kann ein würdiger Epischer Charakter auch lachen? Wenn am rechten Orte, wenn im gehörigen Maaße,

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