Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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target="_blank" rel="nofollow" href="#ulink_537fdc86-afe3-5e0a-a79d-3c2921c1888e">4 Præter sermonis Latini elegantiam, nihil in iis carminibus, qoud multa laude dignum sit, invenio. Parum aut nihil potius finxit: complures versus Horatio surripuit: similis Horatio, sed ut simia homini etc.

      Nein! für Schulmäßige Phrasesjäger will ich die Erwecker der Lateinischen Dichtkunst nicht nehmen; aber um so schwerer wird mir die Entscheidung: »wie weit kann eine wirklich Poetische, und in ihren Horaz und Virgil verzückte Seele, in ihrer Poetischen Begeisterung, auch gleichsam an seine Götter und geistigen Wesen gläubig werden? Wie weit kann sich die Horazische Laune, der Virgilianische Geist, insonderheit, wenn ich in ihrer Sprache singe, einstellen, daß ich Mythologie von ihrer Dichtungsart unabgetrennet und unabtrennlich erblicke, daß ich, indem ich, wie sie, singen will, auch mit ihrer Mythologie singe.« Wer kann hier aus dem Stegreife antworten? wer kann in der Seele derer, die wirklich mit Enthusiasmus dichteten, Grenzen ziehen, wie Römische Begeisterung, Begeisterung aus den Römern geschöpft, Begeisterung, die sich selbst in Römische Sprache ergoß, hie und da einen Schritt weiter im Ausdrucke zurück bleiben, hie und da etwas vorsichtiger in der Mythologie seyn sollten: denn sie dichteten doch heilig. Nun ja denn! immerhin heilig; aber Vida und seine Mitgefährten dichteten auch Lateinisch, und, zum Unglücke, wollten sie auch Römisch dichten; nun stehen wir vor einer dreifachen Wegescheidung – wer kann alle drei mit einmal gehen, ohne auf keiner zu weit hin zu wanken?

      Ich sehe keinen andern Rath, als daß man über ein heiliges Sujet niemals Latein, ich meine Römisch Latein, gedichtet hätte! denn immer ist eine Mischung von Sprach- und Denkarten unvermeidlich. Der Orient soll sich in den Occident stürzen, Geist der Religion, und der Altrömischen Poesie sollen sich umarmen; ein seltnes Paar! aus Cicero soll ein Compendium der Theologie geschöpft, und doch kein Römischer Begriff dahin übertragen, und keinem Begriffe der Orthodoxie etwas von seiner systematischen Strenge benommen werden – schwere Verbindung! Sannazaro will de partu Virginis schreiben, und zugleich nie seinen Virgil verlassen: Buchanan einen Baptistes schreiben, und doch seine Juden Römisch sprechen lassen – widrige Vermischung! Ueberläßt sich der Dichter dem Geiste seiner Religion; so wird er Jüdisch- so wird er Christlichlatein zu sprechen in Gefahr kommen; folgt er dem Geiste der Römischen Poesie, Denkart und Sprache; wie weit von Judäa ab wird der ihn hinführen! Will er, als ein Helleniste, auf beiden Wegen gehen, und Gleichgewicht halten – unwürdige, ermattende Wachsamkeit! drückendes Joch des Geistes, der in der Poesie nichts so sehr, als Freiheit, liebet. Der furchtsame matte Dichter wird an der Erde kriechen, und nie sich aufschwingen können: denn er schrieb für die Censur zweier Inquisitionen, eine Christliche (oder Jüdische) und eine Römische! – Mein Rath also, daß man nie den Vogen der Römischen Poesie nach so weit von Rom entlegnen Gegenständen spannen wollte, wenn man auch Pindarische Pfeile hätte: man trift nicht!

      Zweitens, auch die Zeiten und Länder muß man unterscheiden, in denen ein Dichter lebte, in denen und für welche er schrieb. Die meisten der gerügten Poeten sind Italiener, aus dem Lande der Alterthümer also, aus oder vor den Zeiten, da der Geschmack des alten Gräciens und Latiums wieder auflebte: Wer wird nun einen Dante, Petrarca, Sannazar, Vida, Ariosto, Tasso, Marino aus allen diesen Zeitverbindungen rücken, und so schlechthin vor das Gericht einer fremden Zeit, eines fremden Landes fodern; daß sie das Heilige mit dem Unheiligen vermischet? Der Geist der alten Griechischen Mythologie, aus seinem Vaterlande vertrieben, floh nach Italien: Italien gab er die Denkmaale seiner Größe in Poesie und Kunst und Weisheit: in Italien erwachte er wieder; erwachend aber fand er ein Land, mit einer fremden, der Christlichen Religion bedeckt. Indessen strebte er in die Höhe, schaffte sich Bewunderer, Anbeter und Nachahmer; Nachahmer, die in den Begriffen einer andern Religion, Denkart, und Sprache erzogen waren: was anders also, als eine Vermischung zweener fremder Ströme, die gegen einander brauseten, und endlich zusammen flossen. Der Christliche Künstler, dem Apollo profan war, fiel doch vor ihm, als vor dem höchsten Denkmaale der Kunst, nieder: die Statuen der Götter waren Geschöpfe des Aberglaubens, aber auch Geschöpfe der schönsten Griechischen Kunst: Horaz und Virgil waren Dichter einer fremden Religion; zugleich aber Dichter der edelsten Natur, der vortreflichsten Sprache: die Mythologie eine Sammlung von Fratzenmärchen; aber auch eine Welt voll sehr Poetischer Ideen. Unter solchen also lebten damals Dichter und Künstler: sie wandelten unter heidnischen Statuen, und heidnischen Dichtern, und heidnischen Sprachen: das Neue, die Morgenröthe des Geschmacks, hatte dreifach stärkere Wirkung auf sie: sie wurden selbst Römische Dichter, und neugriechische Künstler und Christliche Heiden. Der Cardinal der Römischen Kirche war ein heidnischer Bembo, der neue Horaz Vida Bischof von Cremona: das Kind mit Christlichem Wasser

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