Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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aus der Gegend bei Pozzuolo der Acheron, aus den Thessalischen Gegenden die Berge der Musen, aus den Inseln des Möris die Elysäischen Felder u.s.w. In Landgemälden mögen wir also neu seyn, im Geiste des Poetischen Landmalens, in Dichtungen darüber müssen wir von den Alten lernen. Dazu ist ihre Mythologie: ich sehe sie also nicht entbehrlich, ich sehe nicht einmal, recht genommen, einen Gegensatz.

      »Vielleicht also neue Thier- und Menschen-Gattungen?« Gut! aber in die Naturgeschichte gehören diese besser, als in die Poesie; und wenn auch für diese, als Gegenstände, Bildergleichnisse – was trift dieses die Mythologie zum Gegensatze? Eine Fabel, eine Poetische Dichtungslehre ist ja kein Bildersaal Griechischer Thiere, Menschen, Pflanzen, Gegenden – beide heben sich noch nicht auf; vielmehr kann die Mythologie Muster bleiben, in dieser neuern Thierwelt zu dichten.

      Soll es Gegensatz werden, so muß die neuentdeckte Welt uns statt der Griechischen eine Gallerie solcher und besserer Fabeln, Geschichte, Dichtungen liefern. Die Hottentottische Götterlehre, Kunstbegriffe, Historien, Gedankeneinkleidungen müssen an die Stelle der Griechischen treten. Der Pachakamai der Peruaner wird Zevs, der Chemiin der Caraiben wird der große Pan, und der Areskovi der Huronen der schöne Apollo. Statt der schönen Genien der Griechen wollen wir die Hondatkonsonas der Iroquoisen, und statt der edlen, Poetischreichen und schönen Fabelverrichtungen der alten Homerischen Götter, ihrer Einwirkung in die Welt, und ihrer Thaten unter den Menschen wollen wir Fratzengeschichte der Africanischen Regern – welch ein Tausch! Und Tausch soll doch seyn? die neuentdeckte Welt soll uns doch das reichlich und überreichlich geben können, was uns die elende Griechische Mythologie giebt? Und was giebt diese für die Poesie anders, als Dichtungen, Geschichte, Fabeln, in die Poetische Composition gelegt wird, uns zu täuschen, zu vergnügen.

      Hätten unserm Verf. richtige und genaue Begriffe vom Wesen der Poesie, und vom wesentlichen Gebrauche der Mythologie in der Dichtkunst der Alten beigewohnt: so würde er sich sein Edikt gegen diese, und seine Vorschläge zur Schadloshaltung jener, selbst erlassen haben. Jetzt rächt sich an ihm Kalliope, wie dort Bacchus am Lykurgus, da dieser seinen Wein ausrotten wollte; sie läßt ihn nämlich die Linie passiren, und schickt ihn nach Mohren und Malabaren, um, wie ein Orpheus und Homer aus Aegypten zurückzukommen, – der Vater einer neuen Poesie, die seit Griechen und Römer Zeiten nicht gewesen.

       Non usitata, nec tenui ferar

       Penna biformis per liquidum aethera

       Vates, neque in terris morabor

       Longius, invidiaque maior

       Vrbes relinquam: non ego pauperum

       Sanguis parentum, non ego – –

       Stygia cohibebor unda.

       Iam iam residunt cruribus asperae

       Pelles et album mutor in alitem

       Superne: nascunturque leves

       Per digitos humerosque plumae.

       Iam Daedaleo ocyor Icaro

       Visam gementis littora Bospori

       Syrtesque Gaetulas canorus

       Ales, Hyperboreosque campos.

      Me Colchus etc. c. Heil zur glücklichen Reise!

      »Bequem gebrauchen kann?« Hr. Klotz beliebe zu sagen in welcher Gedichtart? In Epopeen? Nie können da Mes-Dames »Pudicitia, Fertilitas, Fides, Securitas, Copia, Justitia, Veritas, Voluptas, Ira, Discordia, Impudentia, Invidia u.s.w.« das ausrichten, was Homers Götter und Göttinnen wirken. Es sind Larven allgemeiner Begriffe, denen persönliche Bestandheit, individuelle Bezeichnung, historischer Charakter fehlt, bei denen man jeden Tritt aus dem Namen voraus sieht, die aus einem Worte, wie jene Prophetinnen, aus holem Bauche sprechen, Wortgespenster. Sie geben kein persönliches Interesse, keine individuelle Handlung, keine einzelne Charakterprobe: sie rühren nicht, sie täuschen nicht: sie zerspringen, wie Wasserblasen.

       The earth hath bubbles, as the water has,

       And these are of them. Whither are them vanished?

      Nichts bleibt übrig, als kleine Gedichte, oder Einfälle in Gedichten: Bilder, Gleichnisse, Epigramme, Lieder, Oden – Bilder und Gleichnisse? wohl! und die alle Mythologie ist voll schöner Allegorien! Epigramme? Ein Epigramm ist ein Bon-Mot in der Dichtkunst, es gefalle durch seinen Stachel, oder seine außerordentliche Simplicität. Aber Lieder? Oden? Selten können lange durchaus Allegorische Lieder und Oden gefallen! Ich danke es Uzen, daß er mir seinen schönen Morpheus, als einen Traumgott, nicht als ein Allegorisches Gespenst der Träume, vorstellt. Ich danke es den Dichtern der Freude, und des Amors, daß sie diesem Gotte, dieser Göttin nicht, als Gespenstern eines abstrakten Begriffes, zu gut allegorisiren, sondern lieber einem Gotte der Liebe, einer Göttin der Freude zu Ehren singen. Jenes wird ein trockner Eichenkranz von symbolischen Prädicaten, dies eine Reihe von Empfindungen, die einem solchen gedichteten Wesen überhaupt geziemen – ein merklicher Unterschied!

      Wenn Hagedorn der Freude singet, bleibet er freilich nicht mit jedem Zuge der Allegorie treu, und wollte es auch nicht bleiben. Seine Freude ist ihm eine Göttin, der das Vergnügen gefällt, nicht ein Allegorisches Gerippe derselben. Er kann sich also denken, daß sein Lied »dieselbe vergrößere, daß sie das Glück der Welt, die Kraft der Seele, das halbe Leben sei; daß sie die Vernunft erheitere, u.s.w.« Prädikate, die der Freude überhaupt zukommen, nicht aber dem personisiirten Begriffe derselben, der Freudengöttin, der Hagedorn frohe Empfindungen opfert, nicht dem Allegorischen Wortgemälde – –

      Ramler hat sein Lied in ein solches Gemälde verändern wollen. Er löschte die Striche aus, die bei der Allegorischen Figur nicht Statt fanden; er that neue hinzu, die sie sichtbarer machten. Er gab der Freude Kinder, er machte sie selbst zum Kinde des Himmels, er verwandelte die Kenner, personneller in Dichter der Freude; er machte lieber eine lange Parenthese, ehe er diese mit einer andern Allegorischen Person, dem Glücke, hätte vermischen lassen; er gebot ihr die Gesellschaft unvernünftiger Bacchanten zu fliehen; – kurz!

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