Blut für Gold. Billy Remie
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Читать онлайн книгу Blut für Gold - Billy Remie страница 31
Darcars Herz geriet in Aufruhr. Einerseits könnte man ihn in drei Jahren von V wegreißen, andererseits wusste er nun, dass es einen Weg gab, von hier wegzukommen. Wenn er sich nur lange genug versteckte, könnten er und V von der Armee geholt werden.
»Gibt es hier nur Jungen?«, fragte Darcar nachdenklich.
Elmer nickte. »Selbstverständlich. Das ist ja der Grund für… Hennings… Na ja.«
»Hat er dich…?« Darcar rutschte die Frage halb heraus, er war zu neugierig, das spürte er sofort. Er sprach nicht weiter, und Elmer schwieg dazu.
Darcar wandte den Blick ab, sah wieder hinüber zu Veland, winkte ihm zu.
Nachdem Elmer eine Weile seine Fußspitzen angestarrt hatte, hob er tief durchatmend wieder den Blick. »Hab euch letzte Nacht gesehen.«
»Und?« Darcar wusste wirklich nicht, worauf er hinauswollte.
Elmers Blick lag starr auf Darcars Profil. »Küsst du ihn immer so?«
»So?« Verwundert sah er den anderen wieder an. »Wie ist denn so?«
»Auf den Mund.« Elmer betrachtete ihn verwirrt.
Aber Darcar zuckte nur mit den Schultern. »Ja.«
»Das ist…« Elmer schüttelte den Kopf, sah zu Veland. »Das ist seltsam. Das solltest du nicht tun.«
Irgendetwas zog sich in Darcars Magengegend wieder zusammen, Verärgerung stieg in ihm auf.
»Was soll das bedeuten? Und was geht es dich an? Er ist mein Bruder, ich darf ihn ja wohl küssen!« Elmer konnte es nicht wissen, aber diese Worte hörte Darcar nicht zum ersten Mal, wenn auch in einem anderen Zusammenhang. Du bist nicht normal! Das ist unnatürlich! Du bist widerwärtig…
Aber bisher hatte sich noch niemand darüber gewundert, dass er Veland küsste. Er hatte auch Evi geküsst. Sie waren seine Brüder. Und er hatte das von seinen Eltern, sein Vater und ebenso seine Mutter hatten ihm und V immer einen Schmatzer gegeben. Er verstand absolut nicht, was Elmer daran missfallen könnte.
Elmer verzog die Lippen. »Ich weiß ja nicht. Ich hatte auch Brüder, aber wir haben uns nie geküsst. Das ist irgendwie… nicht normal.«
»Was weißt du schon davon, was normal ist?«, giftete Darcar, er wollte sich die Verbindung zu seinem Bruder nicht schlecht reden lassen. »Was gibt dir das Recht, über uns zu urteilen? Nicht normal?! Was ist denn deiner Meinung nach normal? Wenn ich ihm grob auf die Schulter klopfe wie einem Hund? Glaubst du, das tröstet ihn? Ist das normal? Er ist mein Bruder, und für uns ist das, was wir tun, schon immer normal gewesen! Ich küsse ihn, er küsst mich, wir haben uns eben lieb!«
Sie starrten sich an, Darcars Augen glitzerten gefährlich und er hätte Elmer zu gerne noch ein paar harsche Worte an den Kopf geworfen, doch diese grünen Augen bezähmten ihn auf eine Art, die ihm noch weniger gefiel als das, was er zu ihm gesagt hatte. Er drehte das Gesicht zur Seite.
Da lenkte Elmer ein, atmete geräuschvoll aus. »Vielleicht hast du Recht, ich weiß nichts über euch. Ich … ich dachte nur …« Er verstummte.
»Was dachtest du?«, hakte Darcar nach. Dabei wusste er es, ahnte es, und es schmerzte ihn, dass jemand so etwas von ihm denken könnte. Tränen brannten in seinen Augen. »Er ist mein Bruder! Er ist ein Kind! Wenn ich ihn küsse, dann weil ich ihn lieb hab. Nichts weiter sonst! Kapiert?«
Elmer hob beschwichtigend die Hände. »Ich wollte dir nicht zu nahetreten, tut mir leid, Darcar. Mach mir eben manchmal zu viele Gedanken.«
Darcar presste die Kiefer fest zusammen, es fiel ihm in solchen Momenten schwer, sich zu beherrschen. »Denk doch, was du willst.« Er wandte sich ab und ging wieder nach drinnen.
Ihm war die Lust vergangen, sich in Elmers Nähe aufzuhalten. Was wusste dieser schon von ihm und V. Gar nichts! Er wusste nichts.
Unten angekommen knallte er den Becher auf eine Ablagefläche und riss sich den Mantel vom Leib. Widerwärtig, was Elmer da angedeutet hatte! Und vor allem ärgerte sich Darcar darüber, dass er aus etwas so Unschuldigem, etwas so Liebevollem wie dem brüderlichen Kuss, so etwas Schlechtes, Böses hatte machen wollen. Darcar würde sich das nicht kaputt machen lassen!
Er konnte sich nicht einfach wieder hinsetzen, lief zwei, drei Mal erregt im kleinen Gewölbe vor der Destille auf und ab, wie immer tropfte dieser eine Hahn, wie zum Zeichen, dass Elmers Gebräu im Behälter schwamm. Ein paar Flaschen hatte er bereits abgefüllt, sie standen in Reih und Glied in einer Kiste neben dem Abfüllhahn. Darcar blieb davorstehen, starrte den Selbstgebrannten an. Er konnte noch nie verstehen, was Männer daran gut fanden, sich damit zu betäuben. Wie von selbst hob sich sein Arm, er griff nach den Flaschen und fuhr über ihre Korken. Er dachte an den Rattenkönig, an das, was Elmer ihm über diesen verraten hatte. Diese Flaschen waren wie ein Schlüssel zu dessen Unterschlupf.
»Tu es nicht.«
Erschrocken drehte er sich um, sah Veland im Türbogen stehen.
»He.« Darcar nahm die Hand zurück, lächelte zerknirscht. »Schon genug vom Drachensteigen?«
»Er ist weggeflogen, Elmer fängt ihn ein.« Veland kam langsam herein, beäugte die Kisten, dann Darcar. Wie immer wirkte er zu erwachsen für sein Alter, und die ganze Situation ließ ihn nicht jünger, sondern rasant älter werden. »Trink nichts.«
Darcar seufzte, drehte sich zu ihm um. »Das hatte ich nicht vor«, versicherte er, ging auf Veland zu und legte ihm eine Hand auf den Kopf. »Ehrenwort!« Es war die Wahrheit.
Er küsste Vs Scheitel, dann ging er zu seinem Lager und nahm den Kräutertee wieder auf.
Kapitel 10
Es regnete am nächsten Tag in Strömen, als hätte der starke Sturm am Vortag die Winterkälte vertrieben. Prasselnd schlugen die dicken Tropfen auf den Pflastersteinen der Straße auf, es wurde den ganzen Tag über nicht richtig hell, sodass im Haus die Laternen und Kerzen brannten.
»Bei dem Wetter kommt nie jemand rum, ihr könnt euch ohne Vorsicht frei bewegen«, hatte Elmer am Morgen gesagt und Darcars Blick gesucht.
Doch Darcar hatte brütend seinen Haferschleim gelöffelt, seit dem Vortag vermied er es trotzig, Elmer wahrzunehmen, er blieb wütend.
»Sturkopf«, hatte Veland ihn genannt, ihm war die angespannte Stimmung natürlich nicht entgangen, doch niemand erzählte ihm, was zwischen ihnen vorgefallen war. Dennoch schimpfte er nur mit Darcar, als ob es immer seine Schuld wäre, wenn er mit jemandem stritt. »Du bist eben ein Hitzkopf und regst dich über alles auf! Es ist fast unmöglich, dich nicht zu verärgern!«
Veland äffte damit nur die Worte ihres Vaters nach, trotzdem brachte es Darcar zum Denken. Nachts konnte er ohnehin nicht schlafen, immer wieder wachte er aus Alpträumen auf und wälzte sich unruhig umher. Staubi die Spinne leistete ihm dabei Gesellschaft. Er nannte sie so, weil sie immer ganz verstaubt war, wenn sie aus ihrer Ritze krabbelte, ihr Körper sah dann aus wie eine einzige Staubfluse. Veland mochte das Vieh nicht, doch das hielt ihn nicht ab, dicht gedrängt an Darcar zu schlafen. Sie hatten beide nicht gerade Angst vor Spinnen, allerdings