Der dritte Versuch Die Drachenjägerin. Norbert Wibben
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»Hm. Ich sehe, auf dem Schild befindet sich ein großes »S«. Da du eine Verteidigungswaffe von Kayleigh bekommen hast, die also aus Serengard stammt, wird es der Schild sein!«
»Du hast es erraten«, bestätigt Lennard. »Aber das ist nicht alles.« Cian betrachtet die Defensivwaffe jetzt genauer. Was mag es so Besonderes geben, weshalb der Elf und auch Kayleigh ihn so erwartungsvoll anschauen? Die Verteidigung mit diesem seltsam geformten Schild muss geübt werden, ist er sich sicher. Es ist ein Langschild, der fast so groß wie der Elf ist. Die Form ist etwa v-förmig, besitzt oben eine Doppelrundung und dazwischen eine Vertiefung. An den Enden wölbt sich der Schild jeweils nach oben, um dann in die Gegenrichtung überzugehen, so dass sich in der oberen Mitte eine nach unten ausgeführte Rundung wie eine Delle ergibt. Die Seitenränder sind leicht zum Körper des Trägers hingebogen. Das außen aufgemalte goldene »S« ist die einzige Verzierung auf blauem Grund. Zuerst hält Cian das einfach für eine Kennzeichnung, als Synonym für »Serengard«. Er kraust die Stirn.
»Einen Moment, da gab es doch etwas.« Er klopft mit der flachen Hand auf seinen Oberschenkel und fährt sich schließlich mit den Fingern durch die Haare. Er wühlt darin hin und her, scheint sie sich ausraufen zu wollen. Dann fällt ihm die Bedeutung endlich ein. Er hat vor langer Zeit darüber in einem seiner Bücher gelesen. »Diese Schilde besitzen einen magischen Schutz. Sie sind nicht nur unzerstörbar, so dass kein Schwert oder Speer sie durchdringen kann, sie wirken genauso wie eine Schutzglocke, die von Zauberern mittels »Sgiath« aktiviert wird. Jeder Träger vermag durch diese Schutzwaffe auch Zaubersprüche abzuwehren, gegen die eine Schutzglocke wirken würde. Das »S« auf dem Schild bedeutet also »Sgiath!«, stimmt’s?«
»Und da sorgst du dich, senil und vergesslich zu werden«, beginnt Kayleigh. »Aber du hast recht! Da es nicht nur im Volk der Ostelfen immer weniger Zauberer gibt, wären sie im Kampf gegen Dubharan mit Zauberkräften im Nachteil. Die Schilde, besser gesagt die Vorbilder dafür, habe ich in der Waffenkammer in Serengard entdeckt. Ich habe die Schmiede angewiesen, diese wirksame Verteidigungswaffe meiner Vorfahren nach alten Vorlagen neu herzustellen, die ich anschließend mit den notwendigen Sprüchen aktiviert habe. Einhundert von ihnen hat Lennard bekommen.« Jetzt erläutert dieser die ersten Erfahrungen mit der Defensivwaffe.
»Anfangs war keiner meiner Kämpfer davon begeistert, sie zu nutzen, da das ihre Reaktionsmöglichkeiten stark herabsetzt. Ich konnte aber mit Kayleighs Hilfe den wahren Wert dieser Schutzwaffe demonstrieren. Ich hielt einen der Schilde vor mich, während sie mehrere Feuerbälle und Feuerzungen darauf schleuderte. Mit Erstaunen sahen alle das Aufleuchten einer Glocke, die sich sofort um mich aufbaute, ohne dass ich Schaden genommen habe. Am Ende der Demonstration stand ich unversehrt vor den anderen. Seitdem besitzen einige meiner Krieger diesen Schutz. Viele der Bogenschützen freundeten sich aber nicht damit an. Um Pfeile abschießen zu können, benötigen sie beide Hände. Den Schild könnten sie zwar mit der unteren Spitze in einen weichen Boden stecken, und sich bei Bedarf sogar dahinter ducken, um anschließend ihre Pfeile aus dieser Deckung auf einen Gegner zu senden, gleichzeitig bindet sie das aber an den Ort. Anders ist es mit den Schwertkämpfern und Speerträgern, sie haben die Defensivwaffe gerne angenommen.«
Im nächsten Moment sitzen die Drei wieder auf der Veranda in der Höhe. Kayleigh hat für sie einen heißen Pfefferminztee herbeigezaubert, dessen prickelndes Aroma sich schnell ausbreitet. Sie pusten in die Tassen und nehmen einen ersten, vorsichtigen Schluck.
»Ihr seht also, wir sind gut gegen einen möglichen Angriff gewappnet. Außerdem können wir mit dem Elfenstein Hilfe anfordern.«
»Das stimmt«, bestätigt die Elfe. »Trotzdem bin ich nicht sicher, ob Verstärkung schnell genug bei euch sein wird. Wie viele Krieger kannst du einsetzen?«
»Wir können etwa 400 Kämpfer stellen. Von der Auseinandersetzung mit den dunklen Magiern vor zwanzig Jahren, bei dem viele von uns getötet wurden, haben wir uns noch nicht wieder erholt. Elfen vermehren sich nicht so schnell wie Menschen, aber das wisst ihr ja.« Er macht eine kurze Pause. »Deshalb gibt es hier auch so wenig Magier. Ryan ist unser begabtester, der im Moment jedoch nicht bei uns ist.«
»Er verfolgt und beobachtet mit seinem Freund Finn ein anderes Heer der Dubharan«, klären Kayleigh und Cian ihn auf.
»Dass ihr nur so wenige seid, hört sich nicht gut an«, fährt die Elfe fort. »Ihr seid damit dem anrückenden Heer zahlenmäßig weit unterlegen. Du solltest mich und meine Kämpfer sofort zu Hilfe rufen, sobald sie in euren Wald eindringen.«
»Seltsam ist nur, dass das dritte Heer bisher keine Orte angreift. Auch die Mittelelfen sind verschont worden. Es ist gut, dass Finn und Ryan ihnen folgen und sie beobachten«, ergänzt Cian grübelnd. »Sie werden uns schnell hinzuziehen, wenn die Truppen eine Teufelei aushecken! – Mir fällt gerade etwas ein. Ich glaube, ich bin doch schon zu alt. Warum warten wir darauf, dass das Heer hier im Osten das macht, was bereits im Süden geschehen ist?« Er blickt Kayleigh abwartend an. Wird auch sie erkennen, was bisher falsch an ihren Betrachtungen war. Es sieht ganz danach aus.
»Cian, ich glaube nicht du, sondern ich werde senil. Du hast recht. Wir dürfen uns keinesfalls defensiv verhalten und nur reagieren. Dadurch sind wir immer im Nachteil. Wir müssen ihnen Einhalt gebieten und sie zwingen, sich uns zu stellen. Nur so bestimmen wir das Geschehen.«
»Dafür habe ich nicht genug Krieger«, beginnt Lennard. »Ich kann sie natürlich angreifen, um sie kurzzeitig aufzuhalten, aber was dann?«
»Das wäre nicht nur falsch, sondern würde unnötige Opfer fordern.« Die Elfe blickt zuerst ihn und dann ihren alten Freund an. »Wir müssen sie stattdessen in eine Falle locken und ihnen mit einer ausreichenden Anzahl Kämpfern entgegentreten.«
»Das meinte ich«, bestätigt Cian. »Sobald wir das Heer festgesetzt haben, werden wir die Magier mit Silberfesseln unschädlich machen. Die Menschen fordern wir auf, in ihre Heimat zurückzukehren.«
»Ich bitte die Bewohner des ehemaligen Ostreiches um Hilfe«, ergänzt Lennard. »Viele der Orte sind der Gefahr ausgesetzt, dass die Dubharan auch sie angreifen, deshalb können sie die Städte nicht gänzlich ohne Schutz lassen. Trotzdem werden sie uns unterstützen und sich meinem Befehl unterstellen, wodurch unser Aufgebot dann voraussichtlich 700 Krieger umfasst. Das sind aber immer noch zu wenig.«
»Shane, der Sohn des getöteten Königs, ist der rechtmäßige Thronfolger und Befehlshaber dieser Menschen. Da er aber noch nicht gekrönt oder in die Aufgabe eingeführt worden ist, werden sie dir gehorchen«, bestätigt Kayleigh dessen Vermutung. »Nach den Beobachtungen von Finn und Ryan besitzen die verschiedenen Heere jeweils ungefähr 1500 Kämpfer, die von fünf bis zwanzig Magiern angeführt werden.«
»Im Gegensatz zu der Truppe im Süden haben die anderen bisher keine Zwangsrekrutierungen vorgenommen, auch nicht in den überfallenen Orten hier im Osten. Um dieses Heer von weiteren Angriffen abzuhalten, müssen wir es unbedingt aufhalten. Damit es aber festgesetzt und besiegt werden kann, müssten wir doppelt so viele Kämpfer wie sie aufbieten. Vielleicht geben sie beim Anblick einer derartigen Übermacht sogar kampflos auf! – Die Mittelelfen stellen etwa 400 Krieger. Da in dem Gebiet wenige Städte liegen, erwarte ich von dort kaum Verstärkung durch Menschen.« Cian schaut bekümmert in die Gesichter der anderen. Sofort korrigiert ihn die Elfe.
»Meine Kämpfer und die befreundeten Menschen aus dem Norden werden die restliche Anzahl beisteuern. Die Nordmenschen sind fast ausnahmslos beritten, ebenso wie etwa die Hälfte meiner Krieger. Trotzdem wird es dauern, bis alle hier im Osten sein werden. In der Zwischenzeit solltest du, Lennard, einen geeigneten Platz auswählen. Ich denke, in etwa einer Woche können wir hier sein, wenn unsere Zauberer die unberittenen Kämpfer mittels magischem Sprung hierherbringen.«