Anna Q und das Geheimnis des Haselbusches. Norbert Wibben

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Anna Q und das Geheimnis des Haselbusches - Norbert Wibben Anna Q

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eine mögliche Erklärung.

      »Das war nur ein Traum!«, versucht sich das Mädchen zu beruhigen. »Ich befinde mich in meinem Zimmer im Internat und nicht in der Anderswelt! Dort gibt es Eisdrachen, aber hier nicht!« Sofort wandern ihre Gedanken zu dem Gespräch mit den Professoren Raven und Mulham zurück. Wenn es den Cythraul gelingen würde, die Übergänge in diese Welt zu nutzen, dann wären ihnen die Menschen wehrlos ausgeliefert. Gegen sie könnten nur magische Kräfte mit Erfolg eingesetzt werden, und die besitzt hier nur ein Mensch, soweit das Anna bekannt ist. Deshalb drängt nicht nur Iain Raven darauf, die Verbindung zwischen Seid Greif und Augustus Back zu klären. Er befürchtet wie Morwenna Mulham, Ainoa und Anna, dass dieser Mann die Übergänge für sich nutzen könnte.

      Anna lässt sich wieder aufs Bett sinken. Ihre Gedanken wenden sich in eine andere Richtung. »Wie mag es wohl Vater bei der Expedition am Südpol gehen? Vor dem Einschlafen habe ich noch an ihn gedacht, ob ich deshalb von Eisdrachen träumte?« Sie sieht sein liebes Gesicht vor sich und bemerkt ein Lächeln. Ein ähnliches Bild von sich hat er vor zwei Wochen geschickt. Er trägt eine Wollmütze und grinst in die Kamera, wobei feine Eiskristalle auf kurzen Bartstoppeln in den Strahlen einer tief stehenden Sonne glitzern. Das Foto hängt über ihrem Schreibtisch …

      Ihre Gedanken wandern in eine andere Richtung. Vor Wochen hatte sie nach dem Abenteuer mit den Troylingen ihren Elfenbogen und einen mit Pfeilen gefüllten Köcher in ihren Schrank gestellt. Beide wollte sie wieder in die Anderswelt mitnehmen, um sie den Elfen zurückzugeben, da sie nicht gut damit umzugehen verstand. Das hat sie damals in der Hitze der Ereignisse jedoch vergessen. Nach der Rückkehr aus der Anderswelt fiel ihr der Bogen wieder in die Hände. Da zu dem Zeitpunkt Bogenschießen im Sportunterricht angeboten wurde, hatte sie beschlossen, ihre Fähigkeiten mit dieser Waffe zu verbessern. Sie nutzen im Unterricht zwar Sportgeräte, die einfacher als die hochkomplexen Elfenbogen gestaltet sind, trotzdem wurde Anna schnell zu einer der besten Schützen. Anna ist mittlerweile froh, sich darin geübt zu haben, da sie bei einem neuerlichen Besuch der Anderswelt diese Waffe zu ihrem Schutz vor den Drachen mitzunehmen gedenkt. Ob sie damit die durch Schuppen geschützte Lederhaut eines Eisdrachen durchdringen könnte, weiß sie nicht. Trotzdem fühlt sie sich dann nicht so wehrlos.

      Sie grübelt über ihren Traum nach. Es ist nicht das erste Mal, dass sie die Sequenz fast in der gleichen Situation sieht. Der wesentliche Unterschied ist die dort herrschende Jahreszeit. Bisher gab es Schnee auf der Bergkuppe, heute war es offenbar Frühling. Was hat das zu bedeuten?

      Annas Blick wandert zu ihrem Schreibtisch, doch im Dunkeln der Nacht kann sie dort fast nichts erkennen. Lediglich ein feines, bläuliches Leuchten scheint auf der Stelle zu liegen, wo die Bilder von Vater und Mutter an der Wand hängen. Annas Blick wandert zum Fenster. Nicht einmal der Mond ist zu sehen, woher kommt dann der Schimmer? Ein dunkler Schatten huscht vorbei und ein lautes Krächzen schallt herein. Sollte das Ainoa sein? Die würde doch sicher mittels Gedankenverbindung zu ihr sprechen.

      »Richtig, ich bin's! Ich komme zu dir hinein.« Der Kolkrabe erscheint im gleichen Augenblick. Eine Lichtkugel schwebt sofort unter die Zimmerdecke und taucht den Raum in ein weiches Licht. Das Geräusch der schlagenden Flügel verstummt. Der schwarze Vogel hockt auf der Lehne des Schreibtischstuhls.

      »Ainoa. Ist etwas passiert, oder weshalb kommst du mitten in der Nacht zu mir?« Anna versucht, ihre aufkommende Angst durch Logik einzudämmen, und zwingt sich, langsam zu atmen. »Der Cythraul hat es doch hoffentlich nicht geschafft, einen Übergang zwischen unseren Welten zu durchschreiten?«

      Die Elfe in Gestalt des Kolkraben legt ihren Kopf schräg. Die dunklen Augen fixieren das Mädchen. Der schwarze Vogel schluckt ein paar Mal vernehmlich, erst dann hört Anna die Stimme ihrer Freundin im Kopf.

      »Der Cythraul ist mit Sicherheit auf der Suche nach einer entsprechenden Möglichkeit. Er befindet sich vermutlich deshalb zurzeit auf verschiedenen Inseln hoch im Norden. Katherin hat von dort lebenden Elfen die Nachricht bekommen, dass seit Tagen mehrere Drachen bei ihnen ihr Unwesen treiben. Einer dieser Lindwürmer verwandelt sich manchmal in einen Greif, der scheinbar in Flammen steht. Sein grimmiges Fauchen verheißt nichts Gutes. Direkt zu Schaden gekommen sind dort bisher weder Menschen noch Elfen, auch wenn sie sich über das seltsame Gehabe dieser Ungeheuer wundern. Manches Schaf wird von den Drachen gerissen und verspeist, was eigentlich nichts Ungewöhnliches ist. Fremdartig und unerklärlich erscheint dagegen, dass die Bestien suchend über die Inseln fliegen und beim Anblick eines Steinkreises frohlockend kreischen. So wird es jedenfalls von den Beobachtern beschrieben. Die Ungeheuer landen dann innerhalb der aufgestellten Steinblöcke und ein Drache verwandelt sich in einen Menschen. Der Mann wandert sofort von einer Steinplatte zur nächsten und murmelt vor sich hin. Gelegentlich verharrt er kurz, zieht eine Kladde aus seinem Umhang, beginnt darin zu lesen oder notiert etwas. Sobald das Notizbuch wieder in einer Tasche verschwunden ist, schreitet er die nächsten Steine entlang.

      Aber es wird noch mysteriöser. Es ist bereits zweimal dazu gekommen, dass sich der Mann in den gefährlichen Greif verwandelt hat, sobald er das gesamte Monument abgeschritten ist. Ohne ersichtlichen Grund warf dieses Ungeheuer mit seiner außerordentlichen Kraft mehrere der Steinplatten um und brüllte offenbar wütend. Weshalb der Mann derart reagierte, ist völlig unklar. Obwohl die Ursache nicht erkennbar ist, scheint es einen Zusammenhang damit zu geben, dass in der Nähe dieser Steinkreise Haselbüsche wachsen. Sobald der Mann sie bemerkt hatte, unterbrach er die übliche Erforschung der Steine und rannte eilig zu den entsprechenden Stellen. Er umrundete den Busch mehrfach, wobei er undeutliche Beschwörungsworte murmelte. Die Füße wurden bei den Schritten mal schnell und weit ausgreifend, mal langsam und eng zueinander gesetzt. Nach der siebten Umrundung verstummte er, um sich hinzuhocken und in das Gebüsch zu starren. Er wartete mehrere Minuten reglos und sprang dann auf. Falls ein weiterer Busch in der Nähe wuchs, begab er sich anschließend dorthin, um bei ihm das gleiche Ritual anzuwenden. Als er so bei allen Haseln das unverständliche Verfahren angewandt hatte, kehrte er zu den Steinblöcken zurück. Nur bei diesen Steinkreisen kippte der Greif die Granitblöcke um, bei drei anderen nicht. Katherin vermutet, dass der Cythraul eine Reaktion bei den Haselbüschen erwartet. Welche das sein mag, weiß sie nicht. Wenn diese Ungeheuer derart versessen nach etwas forschen, bedeutet das nichts Gutes für uns.« Ainoa macht eine Pause, um der aufgeregt gestikulierenden Anna Gelegenheit für eine Bemerkung zu geben.

      »Die Erwähnung eines Haselbusches erinnert mich daran, was du mir sagtest, als du mich zum ersten Mal in die Anderswelt gebracht hast. Wenn ich mich richtig erinnere, sagtest du damals zu mir:

      Der Übergang zwischen unseren Welten gelingt durch Höhleneingänge oder im Bereich besonderer Bäume oder Büsche. Unter einem Haselstrauch ist die Verbindung von eurer zu unserer Seite sehr eng. Dort können Menschen durch Beschwörungen zwischen den Welten wechseln, oder von einem Anderswelt-Bewohner hergebracht werden, so wie du von mir.

      Könnte das zumindest teilweise die Erklärung für das seltsame Gehabe des Mannes sein, oder gibt es sonst noch ein Geheimnis? – Aber noch etwas anderes. Weißt du, wie der Mann aussieht? Hat Katherin etwas darüber berichtet, ob er möglicherweise diesem Seid Greif ähnelt?«

      »Du meinst …?« Die Elfe verstummt. Sie ist von dieser Möglichkeit offenbar völlig überrascht. »Wenn das stimmt, was bedeutet das für uns?«

      »Vermutlich wirkt sich das nicht direkt nachteilig für uns aus. Falls es aber so ist, hätten wir einen weiteren Ansatz, um die Identität von Seid Greif zu klären. Wie dir bekannt ist, meinen auch Professor Raven und Morwenna, dass dieser seltsame Mann mit Augustus Back verwandt sein könnte. Wenn das stimmt, stammt er somit aus unserer Welt. – Bitte doch Katherin, dass sie von den Elfen im Norden eine Beschreibung des Mannes verlangt! Sie hat Seid Greif doch auch bei Saphiras Wiedersehensfeier gesehen. Dann müsste

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