Himmelsvolk. Waldemar Bonsels
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das unter sie getreten war, ein herzlicher Empfang bereitet werden müßte. Nach Ukus Worten war
die Befangenheit der Überraschten ein wenig gewichen, sie drängten sich herzu, jeder mit einem
Vorschlag oder mit einem Angebot, und die Wiesenblumen begannen ihr feines Läuten im
Windhauch, kurz, es war niemand da, der nicht in freudiger Erregung in Ukus Meinung einstimmte.
Der Elf nahm diese Freundlichkeiten mit einem Dankeslächeln auf, das alle aufs tiefste rührte, denn
sie wußten, daß ein Elf nicht zu bitten braucht, wer kannte nicht die Macht der Blumenelfen?! Wohl
erschien es ihnen, als habe er das Reich seiner Macht, die ungewisse Nacht, aufgegeben, aber wer
konnte wissen, welches Vorhaben ihn bewogen hatte, den hellen Tag und das Bereich der Sonne
aufzusuchen? Jedoch ihre Neugierde und ihre Zweifel sollten bald gestillt werden, und sie erhielten
Gewißheit über die Fragen, die sie beschäftigten, denn der Elf erzählte ihnen seine Geschichte,
nachdem er ihnen von Herzen Dank gesagt hatte.
»Ich muß auf der Erde verharren,« begann er mit heller, trauriger Stimme, »ich kann nicht in das freie
Reich der Elfen zurückkehren wie meine Gefährten, denn ich habe das Licht der Sonne erblickt, die
kein Elf sehen darf. Als ich in einer klaren Nacht der Lilie entstieg, die mich geboren hat, wuchsen mir
meine Flügel, die wir Elfen erhalten, sobald wir den Willen haben, unsere Blume zu verlassen, um
einem anderen Wesen Glück zu bringen. Aber wir können dann nicht in die Blume zurückkehren,
sondern im Morgengrauen verwandelt das erste Licht uns in Tau, und die Pflanzen nehmen uns auf,
und unsere Seele kehrt ins Elfenreich zurück. Aber das werdet ihr wissen, ihr Lieben.
In jener Nacht nun, in welcher ich erwachte, kam ein kleines geflügeltes Tier zu mir, es war eine
Biene, die Maja hieß, und die ihren heimatlichen Stock verlassen hatte, um die Welt kennenzulernen.
Sie hatte den Wunsch, die Menschen zu sehen, wie sie am schönsten und glücklichsten sind, und ihr
wißt, daß wir Elfen Macht haben, den liebsten Wunsch des ersten Wesens zu erfüllen, das uns in
unserer Lebensnacht begegnet. So flogen wir miteinander durch die helle Nacht bis an einen Ort am
Waldrand, wo in einer Laube, unter blühenden Zweigen, zwei Menschen weilten. Es waren ein
Mädchen und ein Jüngling. Sie hatte ihren Kopf an seine Schulter gelehnt, und sein Arm hielt sie
umschlungen, als ob er sie schützen wollte. Sie saßen still da und schauten mit ihren großen Augen in
die Nacht.
Dort nun, ihr Lieben, geschah meinem Herzen das Wunder, um dessentwillen ich heute unter euch
erscheine, denn ich konnte meine Augen nicht mehr von den Angesichtern der beiden Menschen
abwenden. Im Himmelsschein der stillen Nacht strahlte es von ihren Stirnen und aus ihren Augen,
kein irdischer Mund vermag das selige Heil zu nennen, in dem sie zu glühen schienen. Ich erzitterte
heiß, bis tief in die Gründe meiner Seele hinab, ich versuchte diesen Glanz zu fassen, diese Wohltat
und die Freude dieser Gemeinschaft zu verstehen, aber mein Herz vermochte es nicht. Ich fühlte, wie
es sich dieser hellen Kraft des Irdischen zu öffnen trachtete, aber zugleich empfand ich in
unbeschreiblicher Traurigkeit, daß dieses Erdenwunder des Glücks nicht mein Teil werden konnte.
Und mehr und mehr erschien es mir, als ginge von der Seligkeit der beiden Menschen eine immer
größere Helligkeit und Wärme aus, ein Glanz, der mich taumeln machte, und mich in eine
schmerzhafte Verzückung brachte, in der ich fast meine Sinne schwinden fühlte, und die doch wie ein
barmherziges Wunder in meine Seele einzog. Was geschieht mir nur, dachte ich, was soll ich
erleben?! Was gibt es noch auf dieser fremden Erde, was ich nicht gewußt habe?
Da traf es plötzlich meine Stirn wie ein lautloser Donner, ich werde es euch niemals schildern
können, ihr Lieben, aber mir war, als ob eine unerhörte Lebensgewalt mich in ihre Wirbel risse und
ins Unendliche dahinschleuderte, meine Augen waren geblendet, ich schrie laut auf und taumelte in
die Blüten, die naß vom Tau waren.
Da erkannte ich ein gewaltiges rotes Feuer am Horizont, das überall tausendfältig widerstrahlte, die
ganze Natur umher brach in einen befreiten Jubel aus, ich hörte fremde Stimmen, die mich
erschreckten und doch zugleich in die Seligkeit ihres Freudenrausches fortrissen, und da wußte ich,
daß die Sonne aufgegangen war, daß ich die Sonne gesehen hatte und nicht mehr in meine
Elfenheimat zurückkonnte!«
Der Elf schwieg und verbarg sein Angesicht. Es herrschte tiefe Stille umher, denn alle Geschöpfe, die
ihn angehört hatten, sahen in großer Ergriffenheit und wortlos auf seine helle Gestalt und auf seinen
goldhaarigen Scheitel nieder, der milde erglänzte, und von dem eine unbeschreibliche Wehmut
ausging.
Da fuhr der Elf fort zu erzählen, und seine feine Stimme zitterte vor Ergriffenheit.
»Ihr wißt nicht, ihr Lieben, was Augen, die niemals die Sonne gesehen haben, ihr strahlender Aufgang
am Himmel bedeutet! Ihr feuriger Glanz, ihre himmlische Allmacht betäubten mich und ich verlor die
Besinnung, bis ich nach einer Weile, deren Dauer ich nicht zu sagen vermag, von einem neuen,
unfaßbaren Leben erwachte, das wie in warmen Goldbächen meinen ganzen Körper durchrieselte.
Als ich die Augen aufzuschlagen wagte, fand ich mich unter Blumen auf dem Erdgrund liegen, und