Himmelsvolk. Waldemar Bonsels
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fassen, die mein trauriges Gemüt zu einem ganz neuen Glück überredete, mein Herz schwankte in
großer Angst und unnennbarem Entzücken und mir war, als wollte es tief aus dem Grund meiner
Seele hell und brennend in die Augen brechen.«
Als der Elf bei diesen Worten eine Pause machte, konnte ein Waldvogel, der ihm von einem
Lindenzweig aus in atemloser Spannung gelauscht hatte, nicht länger an sich halten, und nun rief er
laut:
»Vertrau’ der Sonne, lieber Elf! Es ist unsagbar schön in der himmlischen Sonne!«
Und wie eine Antwort auf diesen Ruf, erklang es tausendstimmig von allen Geschöpfen umher. »Es
ist herrlich in der himmlischen Sonne!« Als ein einziges, jauchzendes Rauschen ging es durch den
Blätterwald, durch die Gräser und Blumen hin, und es war auch nicht ein Tier, das nicht in
überzeugtem Glauben in dieses Lob der Sonne einstimmte.
Aber das Lächeln, mit dem der Elf den Geschöpfen dankte, war bei allem Glück seiner Erwartungen
doch von so großer schmerzvoller Traurigkeit, daß die alte Uku nachdenklich ihren Kopf schüttelte.
Sie war in der Tat ein weiser Vogel, und sie verstand das Elfenkind.
»Hast du Heimweh nach deinem verlorenen Reich?« fragte sie herzlich.
Da sah der Elf zu ihr auf und nickte.
»Die Liebe hat dich an die Erde gebunden,« sagte Uku, »sie wird dich wieder lösen, Elfenkind.«
Erstaunt sah das kleine, helle Menschenwesen zu dem großen Vogel auf.
»Es ist wahr, was du sagst,« antwortete er, »aber die Liebe, die mich erlösen kann, muß weit größer
sein als die, durch deren Schönheit ich meine alte Heimat verloren habe, das ist ein uraltes Gesetz
des Elfenreichs, ach, traurig ist es, die Heimat zu verlieren! Wie soll ich jene Liebe finden, wann wird
sie mir begegnen?«
Da schwieg Uku und sah sinnend in die helle Weltweite. Aber allen Tieren umher war, als müßten sie
etwas tun, um dem Elfen seinen Aufenthalt auf der Waldwiese so angenehm wie möglich zu machen.
Mit großem Eifer und in schöner Gemeinschaft machten sie sich ans Werk, ihm unter einer
mächtigen Wurzel des Lindenbaums aus Moos und Federn eine kleine Wohnstätte herzurichten,
sorgsam vor dem Regen geschützt und gegen die Morgensonne zu geöffnet.
Und der Elf nahm zu ihrer Freude ihre Gabe an und versprach, bei ihnen zu bleiben.
Drittes Kapitel ‐ Die Frühlingsnacht
So war nun ein Blumenelf, ein Wunderwesen der Sommernacht, durch das Begebnis, das ich erzählt
habe, verbannt worden, auf der Erde der Menschen, Tiere und Pflanzen zu leben. Auf dieser Erde,
auf der auch wir für kurze Zeit zu unserer Bewußtheit erwacht sind, dieser Erde der grünenden
Fluren, der Wasserläufe, der Berge und Täler, der Tage und Nächte.
Da es sonst den Elfen bestimmt ist, nur für ein paar Nachtstunden im Mondschein aus ihrem
Blumenbett zu erwachen, so erfahren sie von der Erde selbst und von allem Irdischen nur wenig; in
blauen Nachtbildern, die vom Himmelssilber glänzen, prägt sich diese Welt des Wirkens und der
Leiden nur flüchtig in ihre Seele ein, und mit einem fragenden Lächeln versinken sie beim
hereinbrechenden Morgen aufs neue in ihren Weltenschlaf. Im Tau, im Frühlicht, trinken die Pflanzen
ihre zarten Seelen, und der Wandel der Natur nimmt ihre durchschimmernden Körperchen auf, wie
Nebel sich in der Sonne verflüchtigt.
Die Menschen sehen die Elfen nur selten, zuweilen begegnen sie Kindern, aber zumeist nur im
Traum, oder ungesehen, wie auch die Engel, die nur von denen erkannt werden, die sie lieben und an
sie glauben.
Die Elfen haben große Ähnlichkeit mit den Engeln, aber sie sind wie Kinder und haben von Haus aus
keine Beziehungen zum Reich der Liebe, und nicht die Allmacht der himmlischen Engel. Aber darüber
soll in diesem Buch noch vielerlei gesagt werden, es ist in der Tat ein großes Ereignis gewesen, daß
ein Elf die Erde im Sonnenschein kennenlernte, wunderbar hat ihr Lebensglanz auf sein Herz und
Wesen eingewirkt, es hat ihn langsam den Irdischen gleichgemacht und ihn in ihr Bereich der Freude
und der Schmerzen gezogen.
Mitten im Frühling waren die Sinne des Blumenelfen zu seiner irdischen Reise erwacht, zugleich mit
den Seelchen unzähliger Blumen und Blüten und in Gemeinschaft mit der erneuten Daseinslust aller
Tiere und Menschen. Täglich kamen nun neue Vögel und vierfüßige Tiere auf der Wiese an, es war
sehr schwer, ihre Gestalt und Eigenart rasch zu begreifen, täglich brachen neue Blumen auf, und die
Farben und Düfte im Sonnenschein oder im Regen überwältigten zu immer neuem Glück. Wäre den
Seelen der Elfen nicht eine tiefe Ahnung vom Wesen alles Lebendigen eigentümlich, so hätte
sicherlich sein Herz der Fülle der Eindrücke nicht ohne Verwirrung standgehalten.
Ein heimliches Brennen in den Tiefen seiner Brust führte ihn langsam allem näher, was er erkannte.
Er wußte noch nicht, daß es Liebe war, die wie ein stilles Licht in den Kammern des Herzens
emporglühte, aber er empfand, daß diese brennende Süßigkeit der Hoffnung und des Heimwehs
nach Gemeinschaft seine Führer und seine Freude wurden. Ihm war, als leitete