"dein Gott, ist drinnen bei dir" (Zefanja 3,17) Spirituelle Profile. Markus Roentgen
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу "dein Gott, ist drinnen bei dir" (Zefanja 3,17) Spirituelle Profile - Markus Roentgen страница 11
Im Fortgang des Gespräches ergab sich uns, dass mit der Wonne des ewigen Lebens kein Entzücken (delectatio), auch nicht die höchste Lust, sinnenvermittelt, wie groß es auch sei, wie gleißend auch und köstlich im irdischen Licht, sich vergleichen, ja daneben auch nur nennen lasse: da erhoben wir uns mit heißerer Inbrunst nach dem wesenhaften Sein (nach dem, was das Selbst ist; erigentes nos ardentiore affectu in ‚id ipsum’ – Augustinus zitiert den Psalm 4, 9 in der lateinischen Fassung; Joseph Bernhart weist in den Anmerkungen zu seiner Übersetzung (S. 889) auf dieses Verstehen des Psalmwortes hin: „o in pace! O in idipsum (Ps 4,9): Et tu es id ipsum valde, qui non mutaris. Im Psalmenkommentar 4,9 geht Augustinus auf ‚id ipsum’ nicht ein. Aber im Kommentar zu Psalm 122, 5 erläutert Augustinus ‚idipsum’: quod semper eodem modo est …quod est – also: ‚was schlechthin ist, im höchsten Sinne ist, das Sein ist’ … quod aeternum est. Dieser Ausdruck deutet auf die Selbstoffenbarung und Selbstbezeichnung JHWH‘S hin (vgl. Ex 3, 1-14), die im Lateinischen übersetzt wurde als ‚ego sum qui sum’– und ist so verwandt der Aussage des Plotin vom griechischen en, das jedoch hier bei Augustinus persönlich verstanden und gefärbt bleibt in der Weise der Anrede); und durchwanderten stufenweise die ganze Körperwelt, auch den Himmel, von dem herab Sonne, Mond und Sterne leuchten über die Erde. Und höher stiegen wir auf im Betrachten, Bereden, Bewundern Deiner Werke, und wir gelangten zu unserer Geisteswelt (et venimus in mentes nostras; „mens“, das ist der geistig-rationale Teil unserer Seelenwelt, worin die Sinneseindrücke, Gefühle, Begierden und Leidenschaften geordnet werden, zudem auch die Geisteswelt, unsere Abstraktionskraft, reines Denken und Logik). Und wir schritten hinaus über sie, um die Gefilde unerschöpflicher Fülle zu erreichen, auf denen Du Israel auf ewig weidest mit der Speise der Wahrheit; und dort ist das Leben die Weisheit (sapientia), die Weisheit, durch die alles Geschöpfliche entsteht (hier bezieht Augustinus sich auf Psalm 104, 24), was je gewesen ist und was je sein wird; und sie selbst ist ohne Werden, sie ist, wie sie gewesen ist, und also wird sie für immer sein. Es gibt in ihr kein Gewesensein noch ein Künftigsein (also keine Vergangenheit und keine Zukunft), sondern das Sein allein, weil sie ewig ist; denn Gewesensein und Künftigsein ist nicht ewig. (Die Weisheit – sapientia – bedeutet bei Plato Idee, in der Heiligen Schrift in Sprüche 8, 22 ist sie eine Art Hypostase, ein Heraustreten und Erscheinen Gottes, letztlich Schöpferkraft, Gestalt gewordene Idee, Logos, in und aus dem alles wird.) Und während wir so reden von dieser ewigen Weisheit, voll Sehnsucht nach ihr, da streiften wir sie leise in einem vollen Schlag des Herzens (attigimus eam –sapientiam – modice toto ictu cordis)
(Was da geschieht ist augenblicklich und ewig und hier nicht festzuhalten, denn)“ da seufzten wir auf und ließen dort festgebunden ‚die Erstlinge des Geistes’ (Augustinus zitiert hier Röm 8, 23); und wir wandten uns wieder dem Getön der Rede zu, bei der das Wort Anfang und Ende hat; was auch wäre ähnlich Deinem Wort, unserm Herrn, dem Wort, das in sich verbleibt, ohne zu altern und doch alles erneut!
(Und nun schwingt die Erfahrung nach, erdverhaftet wiederum!)
Wir sagten uns also: Brächte es einer dahin, dass ihm aller Tumult des Fleisches (sileat tumultus carnis) schwände, dass ihm schwänden alle Innbilder von Erde, Wasser, Luft, dass ihm schwände auch das Himmelsgewölbe (welches als Verkörperung des Feuers mit Erde, Wasser und Luft die vier Elemente bezeichnet) und selbst die Seele gegen sich verstummte und selbstvergessen über sich hinausschritte, dass ihm verstummten die Träume und die Kundgaben der Phantasie, dass jede Art Sprache, jede Art Zeichen und alles, was in Flüchtigkeit sich ereignet, ihm völlig verstummte – denn wer ein Ohr dafür hat, dem sagt das alles: ‚nicht wir sind’s, die uns schufen, sondern es schuf uns, der da bleibt in Ewigkeit’(Augustinus zitiert aus dem Psalm 100) -, wenn also nach diesem Wort das All im Schweigen versänke, weil es sein Ohr zu dem erhoben hat, der es erschaffen, und wenn nun er allein spräche (et loquatur ipse solus) nicht durch die Dinge, sondern nur durch sich selbst (non per ea, sed per se ipsum), so dass wir sein Wort vernähmen nicht durch Menschenzunge, auch nicht durch Engelsstimme und nicht im Donner aus Wolken, noch auch in Rätsel und Gleichnis (hier benennt Augustinus lakonisch in einem Halbsatz die Grenzen der Vermittlungsmöglichkeiten göttlicher Offenbarung durch uns Menschen), sondern ihn selbst vernähmen, den wir in allem Geschaffenen lieben, ihn selbst ganz ohne dieses (Geschaffene), wie wir eben jetzt uns nach ihm reckten und in windschnell flüchtigem Gedanken (rapida cogitatione) an die ewige, über allen beharrende Weisheit rührten; und wenn dies Dauer hätte (si continuetur – also der eben erfahrene Augenblick in seiner Jetztflüchtigkeit aeternum, Ewigkeit wäre) und alles andere Schauen, von Art so völlig anders, uns entschwände und einzig dieses den Schauenden ergriffe, hinnähme, versenkte in tiefinnere Wonnen (rapiat et absorbeat et recondat in interiora gaudia), dass so das ewige Leben wäre, wie jetzt dieser Augenblick des Erkennens, dem unser Seufzen galt (eben dieser blitzhafte Moment des Herzberührens göttlicher Weisheit selbst als vita aeterna): ist nicht dies, was da gesagt wird: ‚Geh ein in die Freude Deines Herrn’?“ (Hier zitiert Augustinus Mt 25, 21.)
(Übersetzung nach Joseph Bernhart)
Dieses blitzhafte vollständige Erahnen und Erfahren des göttlichen Allsamtes, ewig, ungebrochen, das im Danach wieder jäh zurück fallen lässt ins erdhaft Bedingte, es entspricht allen tradierten Mitteilungen von ausdrücklicher Gotteserfahrung – und ist doch so außergewöhnlich hier, weil im Gespräch Mitsammen erfahren von Zweien, ebenbildlich Gottes als männlich und weiblich (vgl. Gen 1, 26 f.) – und im Nichtfesthaltenkönnen sowohl das deutliche Erkennen dessen, was noch aussteht, zugleich aber auch darin eine kostbare Ahnung, welche als Zuversicht in diesem Ausstehen im Blick auf den 7. Schöpfungstag in der Schilderung des Buches Genesis den Menschen erfüllen kann.
Der Abschluss, die Ahnung und das Noch-Nicht des siebenten Schöpfungstages als Freude der Ruhefülle in und mit Gott ist dann auch Klammer des Buches zurück zur Anfangssehnsucht der Eingangsworte der Confessiones, „denn du hast uns geschaffen zu Dir hin, und unruhig ist unser Herz, bis es ruhevoll ist in Dir.“ (Confessiones 1)
So schließen die Confessiones mit einem Gebet, in der Bitte um Frieden und vollendete Ruhefülle Gottes in uns:
O Herr und Gott, schenke uns den Frieden – Du hast uns ja alles geschenkt (hier zitiert Augustinus Jesaja 26, 12)-, den Frieden der Ruhe, den Frieden des Sabbats, den Frieden ohne Abend! Denn diese ganze höchst wundervolle Wirklichkeit in der Ordnung der Dinge, die Du selbst ‚sehr gut’ nanntest, – sie wird, wenn ihr Maß und Ziel erfüllt ist, vergehen: denn darin ist je noch ‚ein Morgen’ und ‚ein Abend’ (hier ist immer das erste Kapitel der Genesis im Hintergrund).
Aber der ‚siebente Tag’ ist abendlos und hat kein Untergehen mehr, weil Du ihn geheiligt hast als Immerwährenden und Bleibenden. Und wenn Du nach Deinen sehr guten Werken am siebenten Tag ruhevoll bist, und aus dieser Ruhefülle alle Werke gewirkt hast, dann soll Deine Stimme in Deiner Schrift uns doch vorauskünden, dass auch wir nach unserem Wirken, welches, weil Du es uns im Kern aus Dir selbst gegeben hast, auch ‚sehr gut’ ist, am Sabbat des ewigen Lebens ruhen werden in Dir.
Dann wirst auch Du in uns so ruhevoll sein, wie Du jetzt in uns wirkst, und diese Ruhefülle wird Dein Selbst