Geliebtes Carapuhr. Billy Remie
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Читать онлайн книгу Geliebtes Carapuhr - Billy Remie страница 45
Desith konnte es einfach nicht vergessen, selbst wenn er gewollt hätte.
Also blieb ihm nichts anderes übrig, als weiterhin schweigend im Regen zu sitzen und sich selbst anzupissen, während sein knurrender Magen ihn morgens weckte.
Irgendwann würde sein Vater Fragen stellen. Ganz bestimmt würde er das. Vielleicht nicht Morgen oder Übermorgen, doch auch wenn Desith mit seinem Vater oft im Streit gelegen hatte, der Kaiser würde ihn nach sieben Jahren im Dschungel gewiss bald sehen wollen.
Der Großkönig musste das wissen, sonst würde er ihn nicht so sehr bedrängen. Vielleicht würde er bald dazu übergehen, ihn zu foltern. Dann wäre er aber wenigstens aus dem Regen draußen.
Obwohl der Guss jedes Mal warm war, durch die Nässe fing Desith an zu frieren und infolgedessen auch erbärmlich zu zittern. Tagsüber spürte er die Blicke der Menschen, die im Lager umherliefen und ihrem Tagwerk nachgingen. Wachen wetteten darauf, wie lange er durchhielt. Aber jeden Morgen, wenn der verdammte Hahn krähte und Desith noch immer nicht weinend zusammenbrach, spürte er, wie ihn neugierige Augen streiften. Wie aus Abneigung, Achtung wurde.
Und es war ein gutes Gefühl, dass sein eiserner Wille Früchte trug. Jedoch musste er gestehen, dass er die Furcht, die ihm an dem Tag entgegengebracht worden war, als er gegen die Barbaren des Großkönigs gekämpft hatte, mehr genossen hatte.
Gefürchtet zu werden war wie auf einem Berg zu stehen und über alle Völker der Welt zu blicken, erhaben zu sein, stark zu sein. Nie hatte er sich so lebendig gefühlt wie in jenem Augenblick, nie so groß, als sie erstarrt vor Angst waren, nur weil sie ihn für einen bösen Geist oder von einem Dämon besessen hielten. Er hatte sich gefühlt wie der Drache selbst, der ihm solche Furcht einflößte.
Desith hatte es geschafft, Derrick nicht anzusehen. Das Vieh schnarchte den ganzen Tag und die ganze Nacht, verweigerte die Nahrungsaufnahme und bevorzugte es, in der Nähe von Menschen bedrohlich zu grollen.
Trotz all der Bewegungen und Geräusche, die Desith aus dieser Richtung wahrnahm, war es ihm gelungen, nicht einen einzigen Blick in das offene Zelt zu richten. Es hatte ihn einiges an Willenskraft gekostet, aber ihm gezeigt, wie stark er sein kann.
Und er glaubte, dass auch Derrick ihn niemals ansah. Nicht für einen winzigen Herzschlag lang. Er hätte es gespürt, wäre es so gewesen. Wären diese großen, wütenden Echsenaugen über ihn geglitten, hätte er wie immer eine eiskalte Gänsehaut verspürt. Doch Rick beachtete ihn nicht, als würde er gar nicht mehr existieren.
Desith hätte weinen mögen, doch er schalt sich einen naiven Dummkopf. Er würde keine einzige Träne an jemanden vergießen, dem er nichts mehr bedeutete. Dazu war er sich selbst zu schade. Außerdem… Rick war es gewesen, der zuerst ihn gewollt hatte. Rick war es gewesen, der zuerst tiefere Gefühle gehegt und versucht hatte, ihn zu küssen, damals, als er noch klein gewesen und nur einen neuen, exotischen Freund hatte gewinnen wollen. Es war immer zuerst von Derrick ausgegangen. Desith brauchte ihn nicht. Er hatte vor Rick ein Leben gehabt, ein kurzes und behütetes Leben, aber er wusste, dass es nach Derrick ebenso ein Leben gab.
Er musste nur irgendwie dem Großkönig und seinen wahnwitzigen Plänen entkommen. Dann würde er schon herausfinden, was die Zukunft für ihn bereithielt. Der Bruch mit Derrick bedeutete nicht das Ende von allem, so war Desith nicht gestrickt.
Und irgendwann würde auch die Erinnerung an Derrick verblassen und es würde ihm vorkommen wie der dumme Traum eines verliebten Jungen. Aber eben nur wie ein Traum.
Ironischerweise konnte er gerade aber nur darauf hoffen, dass ihm sein Vater, vor dem er sich vor Jahren losgesagt hatte, den Kopf rettete. Oder vielleicht war es in diesem Fall passender zu sagen, dass er ihm den Arsch retten musste.
Ein schwarzes Paar Stiefel trat in sein Blickfeld. Verwundert sah er auf. Der Regen hatte so plötzlich aufgehört, wie er angefangen hatte, doch der Nachthimmel war noch verhangen, grau und dunkel.
»Wen haben wir denn da?« Desith erkannte ihn trotz Nachtschwärze im Schein der Fackeln, die in Derricks Zelt vor sich hin flackerten und einen Lichtkegel auf ihn warfen. Die Statur des Mannes ließ einen Schatten über Desiths noch tropfnasses Gesicht fallen. »Da soll mich doch der Schwanz des Kriegsvaters durchbohren, wenn das nicht des Großkönigs Schoßhündchen ist.«
Vynsus hartes Gesicht zeigte keinerlei Rührung, die Schnitte, die Desith ihm zugefügt hatte waren bereits verschorft.
»Oh, oder sagt man Schwert? Verzeih, ich denke wohl noch zu prägnant über unsere heiße Liebesnacht nach.« Er wusste, dass Vynsu nur bei Weibern lag und er hoffte, seine Worte würden ihn in mitten seines stolzen Herzens treffen. Falls er denn überhaupt noch einen Funken Stolz in sich trug, dieser elende Lügner.
»Heiß, ja«, konterte Vynsu trocken, »von Liebe kann allerdings keine Rede sein.«
Desith zog knurrend die Lippen hoch. »Was willst du? War dir kalt in deinem Bett und du hast gehofft, ich könnte mich nicht wehren?«
Gelassen hob Vynsu den linken Arm ein wenig an, sodass Desith die Holzschale auffiel, die er bei sich trug. Sie dampfte, und ihm zog der köstliche Geruch einer warmen Brühe in die Nase, die ihm den Speichel im Mund zusammenlaufen ließ.
Desith wackelte mit den Fingern, seine geschundenen Handgelenke schmerzten. »Und wie denkst du, soll ich essen?«
Mit einem Grummeln ging Vynsu vor ihm in die Hocke. Das Klimpern seiner Riemen lenkte Desiths Aufmerksamkeit auf seine Aufmachung. Er trug seine volle Lederrüstung, trotz Schwüle, samt bodenlangem, schwarzem Umhang und mit Schuppenplatten versehener Schulterpanzerung. Sein Harnisch saß eng und umschmeichelte seine hünenhafte Statur. Desith konnte noch so nass und gedemütigt sein und noch so starke Schmerzen empfinden, er würde immer ein Auge für solch rohe Schönheit haben. Immer. Vor allem wenn er sich noch so lebendig daran erinnern konnte, sie nackt zu spüren, als hätte er seine streichelnde Hand erst vor einem Moment zurückgezogen.
»Ich helfe dir selbstverständlich«, erwiderte Vynsu. Wenn ihm Desiths Musterung aufgefallen war, so ließ er sich nichts anmerken oder sie war ihm schlicht gleich.
Das ärgerte Desith wiederrum, er hasste die Vorstellung, etwas zu begehren, das ihn nicht begehrte, obwohl er Vynsu wie einen Wilden geritten und ihm Wonne geschenkt hatte.
Er presste die Lippen zusammen, als Vynsu ihm den Rand der Schale an den Mund hob.
Genervt ließ der Barbar die schönen Schultern hängen. »Sei nicht dumm, Desith, du brauchst Kraft.«
Das stimmte leider, also atmete er tief durch und öffnete ohne Widerstand die Lippen.
Die Brühe war köstlich, würzig und wahrlich kräftigend. Sie wärmte ihn von innen heraus, sobald er den ersten Schluck genommen hatte. Etwas gegartes Gemüse war darin, Kartoffelscheiben und Lauch, er kaute darauf herum, schlang gierig alles herunter. Dabei sah Vynsu ihm zufrieden zu, blickte sich aber hin und wieder nervös nach allen Seiten um, als lauerten neugierige Augen in der Dunkelheit.
»Du hast sie selbst gekocht«, stellte Desith fest, als Vynsu die Schale senkte.
Stirnrunzelnd blickte dieser ihm ins Gesicht. »Wie kommst du darauf?«
Desith leckte sich grinsend die Brühe