Geliebter Unhold. Billy Remie
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Читать онлайн книгу Geliebter Unhold - Billy Remie страница 15
»Komm.« Xaith ging vor ihm in die Hocke, gab sich genervt, als er nach den dünnen Fesseln griff und sich die Blasen ansah.
Der Junge zischte und zuckte zusammen, als ob Xaith ihm die Klinge eines Breitschwertes aus der Brust zog, dabei stach er nur die vollgefüllten Blasen auf und ließ das Wasser ab.
»So ist es besser«, sagte er und hielt seine Hand über das offene Gewebe an den Sohlen, sammelte etwas Energie aus dem Boden, auf dem er kniete, und sandte heilende Ströme in die Wunden, um sie verschorfen zu lassen. »Das muss reichen.«
Siderius beobachtete ihn mit unergründlicher, stummer Miene, wirkte plötzlich äußerst zurückhaltend, gar schüchtern.
»Ich dachte«, sagte er zögerlich, »du musst deine Kräfte sammeln.«
Xaith atmete mit einem Stoß aus und erhob sich. »Kannst du nicht einfach Danke sagen?«
»Nein«, gab der Junge trocken zurück, zuckte mit den Schultern, als Xaith ihn mit verengten Augen ansah. Ohne eine Miene zu verziehen, sagte er im Brustton der Überzeugung. »Du hast mich lieb.«
Xaith drehte sich grunzend um und klopfte die Hände aneinander ab. Er blickte zum Himmel hinauf, Hochnebel zog sich um sie herum zu und verdeckte die Sonne, ein paar Vogelsilhouetten zeichneten sich im Dunst vor dem warmen, glühenden Ball des Himmelskörpers ab.
Er könnte behaupten, dass er Siderius nur geholfen hatte, weil es ihn nervte und aufhielt, dass er wegen der Blasen nicht schritthalten konnte, aber tatsächlich war es für ihn unerträglich, mitansehen zu müssen, wie er gelitten hatte. Diese großen, traurigen, dunkelgrünen Augen machten etwas mit ihm, etwas Unerklärliches, das ihn … berührte.
Er verzog das Gesicht, er mochte diese Gefühle nicht, obwohl sie ihn sein Leben lang begleiteten. Liebe, Zuneigung… schlicht die Fähigkeit, andere zu mögen, hatten ihm immer nur Kummer bereitet. Vaaks, Riath … Kacey. Die Liebe zu seinem Vater. Es tat weh, immer wieder, er wollte dieses zerreißende Gefühl nicht mehr fühlen, denn es wäre doch so viel einfacher, wäre ihm niemand wichtig.
Doch dem war nicht so, er konnte nicht ändern, wie sein Herz zu fühlen gedachte, sich nicht vor sich selbst verschließen. Wäre dem so, wäre er gar nicht erst auf dieser Mission.
Er konnte regelrecht das wissende Schmunzeln im Nacken spüren und hatte nicht übel Lust, den Kleinen ins Wasser zu schubsen. Aber die Aussicht darauf, sich die darauffolgenden Klagen darüber anzuhören, dass seine Kleider wegen der schwülen Hitze nicht trockneten und scheuerten war weniger erheiternd. Also ging er hinüber zu dem Bengel, der nach seiner Blutmahlzeit satt in seinen Decken am Ufer lag und den Schlaf der Gerechten schlief.
Xaith band sich seinen Neffen selbst um, schwer hing der kleine Klobs an seiner Brust, die warme Wange an den Streifen glatter Haut geschmiegt, der durch Xaith schwarzes, offenes Hemd hervorlugte. Das Neugeborene sabberte, Xaith glaubte bereits, winzige, nadelartige Fänge zu spüren. Er umhüllte das Kind mit seiner Aura und speiste dessen mit seiner Kraft, ließ sie kontrolliert in den winzigen Leib fahren, wie ein warmer Sonnenstrahl in die Poren der Haut, damit er wuchs und schneller alterte als je ein Kind zuvor.
Dies war die eine Sache, weshalb er das Kind brauchte, es war sein Versuch, ob es möglich war, ein Kind schneller heranwachsen zu lassen, als die Natur es vorgesehen hatte.
Er musste Erfahrungen sammeln, experimentieren. Damit er sie zu gegebener Zeit weitergeben konnte.
Sie machten sich wieder auf den Weg, Gagat und Petalit wiesen ihnen die Richtung, Baron trug ihre Lasten, die Wildnis bot ihnen Schutz.
Doch sie mussten sich sputen, denn er wusste, das Riath keinen Sichtkontakt brauchte, um ihn aufzuspüren. Und noch war nicht der richtige Moment und auch nicht der passende Ort erreicht, um sich mit Riath zu treffen.
Noch nicht, Bruder, aber bald.
Versprochen.
*~*~*
Kacey hatte eine grauenvolle Nacht verbracht, von Schmerzen gefoltert, gegen seine eigene Angst kämpfend, zitternd, panisch, erschöpft und kurz davor, einfach aufzugeben, hatte sich gegen die Magie aufgelehnt, die sich brennend wie Lava durch seine Venen gefressen hatte und hatte sie mit aller Macht zurückgedrängt, was ein weiteres verbrennendes Gefühl nach sich gezogen hatte. Übelkeit, Kopfschmerzen, Durchfall und Atemnot.
Auf die Qual folgte der schönste Morgen seines Lebens, denn als er die Augen blinzelnd öffnete – wobei er sich nicht erinnerte, wann er eingeschlafen war – leuchtete die Morgensonne sanft in sein Zimmer. Das Fenster stand auf, Nebel hatte sich gebildet, doch hinter ihm schien die rote Dämmerung hindurch. Es sah aus wie ein Bild, getünchte, zärtliche Farben. Weiße Häuser vor einem waldigen Hintergrund. Der Duft sich öffnender Blumen drang in seine Nase, wirkte beruhigend, ebenso der Gesang der Vögel. Es war ein unheimlich friedlicher Morgen, für den Kacey dankbar war.
Auf großes Leid folgte tiefe Ruhe, denn vor wenigen Stunden hatte er nicht ansatzweise so sehr wertschätzen können, sich gut zu fühlen.
Er hätte nicht erwartet, die Sonne noch einmal zu sehen.
Kacey fühlte sich schwach, seine Gliedmaßen zitterten als hätte er sie tagelang überanstrengt, in seinem Kopf herrschte ein dumpfer Druck, aber es ging ihm gut. Obgleich er deutlich in sich horchte und jedes Zwicken in seinen Muskeln ihn in Angst versetzte, doch seine Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht. Er setzte sich im Bett auf und die Schmerzen blieben fern.
Getrocknetes Blut spannte auf seinen Wangen, er kratzte sich im Gesicht, während er die Beine über die Bettkante streckte und vorsichtig die Füße auf den Boden stellte.
Just in diesem Augenblick hämmerte es energisch an der Tür und er erschrak.
»Mein Prinz?« Es war Ardor, und er klang besorgt. »Geht es Euch gut? Es ist fast Mittag, wir haben noch nichts von Euch gehört.«
Mittag. Doch kein so friedlicher Morgen, eher ein idyllischer Tag.
»Mein Prinz? …. Kacey?« Ardor klopfte erneut. »Ich werde diese Tür eintreten, wenn Ihr nichts sagt.«
Kacey musste schmunzeln und spürte für den großen, stillen Krieger eine unheimlich tiefe Wärme. »Mir geht es gut, Ardor«, sagte er und erschrak ob seiner dünnen Stimme. »Ich bin jetzt wach.«
Es blieb still, doch er hörte keine Schritte.
Die Augen verdrehend, jedoch schmunzelnd zog er sich am Baldachin hoch, sodass seine hochgerutschte Robe herabfiel und sich um seine Fesseln schmiegte. Seine Knie waren noch zittrig und er schlurfte vorsichtig durch den Raum zur Tür. Kaum hatte er sie aufgeschlossen, wurde sie auch schon aufgerissen und sein Leibwächter stürmte an ihm vorbei in den Raum, die Hand auf dem Schwert und zugekniffene Augen, bereit, sich auf jeden Eindringling zu stürzen.
Dann stockte er, als er den Raum erblickte, richtete das breite Kreuz etwas auf, wobei sein Brustpanzer leise klimperte, und ließ die Augen über die Einrichtung wandern. »Bei den Göttern«, raunte der Elkanasai mit dem volkstypischen dunklem Haar und langen, spitzen Ohren, »was ist hier geschehen?« Er wandte sich zu Kacey um und weitete die Augen, als er ihm ins Gesicht sah.
Kacey hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Es ist nicht