Geliebter Unhold. Billy Remie

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Geliebter Unhold - Billy Remie Chroniken der Bruderschaft 4

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und sich gegenseitig bis auf den Grund ihrer Seelen geblickt hatten. Sie hatten keine Ahnung, wie verräterisch sich sein Herz zusammenzog, wann immer er nach Riath gefragt wurde.

      Kacey musste den Kopf schütteln, um sich in die Gegenwart zurückzubringen. »Er…«, begann er und versuchte, unbeteiligt zu klingen, »ist gewiss eine … einzigartige Persönlichkeit.«

      Milde ausgedrückt.

      »Aber Ihr seid mit ihm gereist!«, drängte der junge Student, der die meiste Zeit redete und offensichtlich der Mittelpunkt der Gruppe war, denn ob Jungen oder Mädchen, sie alle schienen ihn und seine schönen dunklen Augen und dunklen Haare anzuhimmeln. »Wie ist er so? Ist er wirklich böse, oder wird er nur dazu gemacht?«

      Kacey hob die Augenbrauen, während er die Decke anstarre, auf der sie saßen. Sie hatte schöne Stickereien und war gewiss von einer tüchtigen Schneiderin gefertigt worden.

      War Riath böse? Gute Frage, die er sich jeden Tag selbst mehrfach stellte, er grübelte manchmal nächtelang darüber.

      Aber was war schon Böse und Gut, wer bestimmte das, und konnte man die Welt wirklich in Gut und Böse einteilen?

       »Wie ist er wirklich?«, wollten seine Studenten von ihm wissen und warteten gespannt auf seine Antwort, wie Vogelküken, die vor der Mutter saßen und warteten, dass sie das Essen verteilte.

      Wie war Riath wirklich…

      Arrogant, schnöselig? Egoistisch? Ja, manchmal. Gierig, temperamentvoll? Auf jeden Fall. Nervtötend. Unbändig. Unbeugsam. Er ließ sich nicht so einfach abwimmeln und er akzeptierte kein Nein – außer von seinem Vater, der nicht mehr lebte. Er war ungezähmt, ungeschliffen. Aber Kacey hatte ihn auch aufopfernd erlebt. Selbstsicher, fürsorglich, heldenhaft. Stark. Verwirrt, verletzlich und auch sanft, auf seine Art. Er war ein Beschützer. Er war humorvoll. Intelligent, charmant, eine strahlende Sonne, die wärmte und die verbrannte.

      »Er…«, Kacey starrte noch nachdenklich auf die Decke, bemerkte die verwirrten Blicke nicht, während sich seine Lippen zu einem geheimnisvollen Lächeln verzogen, »… hat ein Herz aus goldenen Flammen.«

      ~4~

       Liebster Riath,

       ich versuche seit drei Tagen, die richtigen Worte zu finden. Es ist nun ein halbes Jahr her, dass du ohne ein Wort des Abschieds nach Hause gereist bist. Mir ist bewusst, dass du eine schwere Zeit durchmachen musst, dass du den Verlust deines geliebten Vaters betrauerst. Er war ein großer Mann, Riath, so wie du es nach ihm sein wirst. Ich bin mir dessen sicher. Als wir uns liebten, und verzeih meine romantische Beschreibung, habe ich gespürt, dass du dich davor fürchtest, in seine Fußstapfen zu treten und dann zu versagen. Du hast dich immer an ihm orientiert und jetzt fragst du dich, wer du ohne ihn bist. Hab keine Furcht davor, der zu sein, der du bist. So übel ist der Mann nicht, den ich gesehen habe. Der wahre Mann, er ist stark und er ist gewiss einzigartig.

       Riath, ich weiß nicht, ob du mich vielleicht deshalb an jenem Morgen nicht mehr sehen wolltest und dich davongeschlichen hast, weil ich unsere Seelen, ohne dich zu fragen, verschmelzen ließ. Ich wollte schlicht, dass du siehst, wer ich wirklich bin. Dass wir nicht so verschieden sind, wie ich gerne vorgebe.

       Ich muss gestehen, dass ich verletzt war, als ich allein aufwachte, und ich gebe zu, dass ich die letzten Monate trotzig darauf gewartet habe, dass du mir schreibst. Bis mir bewusstwurde, dass es nicht an dir ist, mir zu schreiben, und dass ich, wenn ich von dir hören möchte, selbst zur Feder greifen sollte.

       Und das tue ich hiermit. Um dir eigentlich nur eines mitzuteilen.

       Mir bedeutet die Nacht mit dir alles, und meine Gedanken sind bei dir, immerzu.

       Wenn du auch so fühlst, und sei es nur ein bisschen, lass es mich wissen.

       In Liebe und Zärtlichkeit,

       dein Kacey.

      Die Kerzen warfen tanzende Schatten auf die Zeltwand und draußen zog ein Sturm auf. Riath konnte die schweren Wolken und den bevorstehenden Regen spüren, ebenso den aufkommenden Wind, der das Blätterdach des Waldes rascheln ließ, und die Feuchtigkeit und das Knistern in der dichten lebendigen Aura der Wildnis. Er spürte es als Kitzeln und Kribbeln auf und unter der Haut, als ob er eins mit der Natur wäre. Der Sturm lud sich an ihm auf – und er lud sich an ihm auf. Riath konnte den Umschwung des Wetter immer spüren, vor allem wenn es sich um ein Gewitter handelte.

      Außerdem stank es nach nassem Hund. Es stank immer nach nassem Hund, kurz bevor der Regen einsetzte.

      Riath strich mit dem Daumen über die Zeilen, das Papier war vergilbt, übersät mit seinen eigenen Fingerabdrücken, die Ränder lösten sich bereits auf, weil er den Brief immer mit sich trug. Und noch immer nicht darauf geantwortet hatte.

      »Ha! Jetzt … sitzt … du … in der Falle!« Marks hob die Hände, nachdem er eine Figur auf dem Brett versetzt hatte, und klatschte einmal triumphierend.

      Riath sah nicht einmal hin, starrte noch immer gedankenverloren den Brief an.

       Hab keine Furcht davor, der du sein, der du bist.

      Aber jetzt hasst du mich, dachte er und nagte an der Innenseite seiner Wangen, während er versuchte, das beengte Gefühl in seiner Brust zu deuten.

      Er bekam die Schadenfreude seines Getreuen nur am Rande mit. Sie saßen vor dem Bett auf zwei klapprigen Stühlen, ein viereckiger Tisch stand in ihrer Mitte, Marks war ihm und dem Spielbrett zugewandt, ganz konzentriert, während Riath mit überschlagenen Beinen so auf dem eigenen Stuhl saß, dass er auf den Eingang blicken und den Arm über die Rückenlehne legen konnte, als Stütze für seine Hand, mit der er den Brief vor sein Gesicht hielt. Er zeigte Marks nur sein Profil, schien das Spiel kaum zu beachten.

      Sein Getreuer lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte vor der breiten, in schwarzes Leder gewandeten Brust die muskulösen Arme, wie ein General, der von einer Anhöhe aus auf ein blutiges Schlachtfeld blickte und den Sieg bereits sicher hatte.

      Riath streckte den freien Arm aus, ließ die Hand scheinbar suchend über die Köpfe der hölzernen Spielfiguren gleiten und machte seinen letzten Zug, ohne hinzusehen. »Deine Königin fällt«, sagte er gelangweilt und warf Marks Spielfigur um.

      Marks fiel das Grinsen aus dem Gesicht. Er klappte wie eine Holzpuppe nach vorne und starrte ungläubig auf das Brett, als hätte Riath ihm vor seinen Augen ins Essen gespuckt.

      »Aber…«, stammelte er fassungslos, »…aber… wie… hast … Das kann doch gar nicht sein! Du hast nicht mal hingesehen!«

      Riath faltete den Brief mit einer Hand zusammen und steckte ihn wieder unter sein Hemd, wo er seitjeher verborgen lag. »Du wirst immer besser.« Er stand auf.

      Marks‘ Blicke folgte ihm, sein Kiefer stand noch immer offen und seine Arme waren zu einer stummen, verständnislosen Geste erhoben. »Wie

      »Es ist Melecays Lieblingsspiel.« Riath ging zum Tisch, auf dem ein Krug mit Wein und Kelche aufgebahrt waren, und schenkte ihnen ein. »Das Spiel der Könige. Es heißt, niemand hatte ihn je geschlagen.« Er schnaubte, stellte den Krug wieder ab. »Lügen,

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